Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

16. Oktober 2014

Die Sache mit dem Teufel

Nach der Einstimmung heute Nacht (übrigens, Sure 24, Vers 23...) äußere ich mich an dieser Stelle einmal umfassender zu einem Thema, welches letztlich nur zum Kopfschütteln ist, gleich auf welche der verbreiteteren Meinungen man trifft.

Nichts ist dämlicher, als zu glauben, daß zum Bösen bereite Menschen jemals sicher sein könnten, unter sich zu sein.

Jede noch so verruchte Tat ist unter geeigneten Umständen auch in den Augen des Guten gerechtfertigt.

Was nützen also entsprechende Aufnahmerituale gegen Infiltration?

Was ist schwieriger?
  • Für einen Mafiakiller Latein zu lernen, um die Kirche zu infiltrieren oder
  • für einen Priester einen Unschuldigen zu erschießen, um die Mafia zu infiltrieren?
Wollte eine Gesellschaft wirklich unter sich sein, sie nähme nur Mitglieder auf, welche wie Mozart komponieren können.

Natürlich muß die Kirche die Mafia nicht infiltrieren, sie ist ja dank Beichte eh informiert, aber sie könnte es.

Übrigens spiegelt das frühe sowjetische Kino diesen Sachverhalt wider: Arbeiter töten Bourgeois im Vorbeigehen dem Anschein nach. Wird schon stimmen. Auch Rassenhaß wird auf dieser Grundlage gelehrt. Das Prinzip dabei ist das Vertrauen auf den Zufallstreffer in Angelegenheiten, von welchen die Ausführenden nichts wissen können, weil man sich der einfach gestrickten Masse bedient.

Der Teufel kann also nicht auf Insiderwissen setzen und ist damit notwendigerweise auf den Betrug der Masse angewiesen, wenn er politisch etwas bewirken will.

Aber schon diese Prämisse ist irre. Der Teufel interessiert sich nicht für Politik. Natürlich mag ein einzelner Politiker dem Bösen verfallen, aber es besteht nicht der geringste Zweifel daran, daß ein systematisch angestrebtes gesellschaftliches Klima der Versuchung nicht den Bemühungen des Teufels entspringt, sondern den Bemühungen einer Gruppe von Menschen, welche dieses Klima aus Gottergebenheit heraus suchen.

Wofür sie freilich ihre Gründe haben müssen.

Freilich, einen Einwand muß man hier akzeptieren, nämlich den, daß es sich durchaus um eine Gruppe von Pädophilen handeln könnte. Dieser Sonderfall entspringt dem Umstand verbotener Liebe. Ich vermute, daß die Kirche ihn im Griff hat, und möchte ihn an dieser Stelle nicht weiter ausbreiten.

Wir sehen also aller Wahrscheinlichkeit nach ein ausgedehntes Stück Theater, welches von den Irrwegen der Menschen in der Wüste Sinai handelt. Dahinter stehen meines Erachtens zwei Gedanken.
  1. Jeder muß seine Flausen selbst ablegen.
  2. Menschen haben grundsätzlich einen Anspruch darauf, an einer gesellschaftlichen Wiedergeburt des Heiligen teilzunehmen.
Die beiden kanonischen Einwände sind:
  1. Kein Grund jemandem Flausen in den Kopf zu setzen.
  2. Nur in sofern, wie sich ihre Vorstellungen des Heiligen decken.
Es gibt eine Einheit aller Christen, nur ist sie rein prinzipiell, die sozialen Aspekte haben sich vor mehreren Jahrhunderten von einander geschieden. Was ist der Lage also angemessen?

Nun, wahrscheinlich die Wiederholung: ein Rabbi, mehrere Apostel.

Soviel zum gegenwärtigen Wirken des Teufels im aktuellen Theaterstück.

Vielleicht, bevor ich mich mit dem Wesen des Bösen und der Weise, ihm zu verfallen, auseinandersetze, eine kleine Betrachtung zur Fähigkeit, Theaterstücke aufzuführen, deren Dauer sich über mehrere Jahrhunderte erstreckt.

Dazu ist folgendes nötig und hinreichend. Es bedarf einer Gemeinschaft, welche
  1. über Jahrhunderte hinweg existiert,
  2. über Jahrhunderte hinweg ihr Urteil nicht ändert.
Es ist der zweite Punkt, welcher das Wesen so einer Gemeinschaft näher bestimmt. Es muß sich um einen Orden handeln, welcher sich dem Studium des ewig Wahren verschrieben hat.

Nun aber zurück zum Thema. Nur weil der Teufel eine Figur im Kasperletheater ist, heißt es natürlich nicht, daß es ihn nicht - auf irgendeine Weise - gibt, Krokodile gibt es schließlich auch.

Aber ich habe schon gesagt, daß keine Tat unabhängig von ihrem Wirkungszusammenhang falsch genannt werden kann, womit das Böse zwangsläufig, wenn auch etwas verharmlosend, das Unangemessene ist.

Verharmlosend deshalb, weil nicht alles unangemessene böse ist, und doch ergibt sich aus dieser Gegenüberstellung ein Erkenntnisgewinn, wenn man nämlich danach fragt, warum es einen manchmal dazu drängt, sich unangemessen zu verhalten.

Damit verhält es sich nämlich unzweifelhaft so, daß man eine Situation schwer erträglich findet, mit anderen Worten also Schwierigkeiten damit hat, dem in ihr immernoch so gerade eben Angemessenem zu folgen, statt mit ihm grundsätzlich zu brechen, und sich nach seinem Verständnis böse zu verhalten, indem man einem gerade so eben noch nicht Angemessenem folgt, und sich durch das harmlos Unangemessene dieser inneren Spannung entledigt.

Aber einige machen auch den Schritt zum ernstlich Unangemessenen. Sie verrücken ihren Standpunkt im Leben, und je nachdem, wie sehr sie sich das Angemessene dabei zurecht biegen, verfallen sie dem Bösen, wobei Angemessenes und Unangemessenes gleichermaßen einen Sog entwickeln, wenn sie das eigene Leben voranzubringen scheinen.

Unterscheiden tun sie sich subjektiv gesehen in erster Linie dadurch, daß stets sehr Vieles unangemessen ist, und nur Weniges, wenn überhaupt etwas, angemessen, woraus sich für den vorwärtsstrebenden Geist eine stete Versuchung ergibt, es mit dem Unangemessenen zu versuchen. Das Angemessene hält indes die besten Karten für die Zukunft in der Hand und spendet den sanften Trost des Guten.

Es ist völlig unangemessen, diese Dinge selbst wieder zu moralisieren, denn das heißt zu fragen, ob das Unangemessene angemessen oder unangemessen sei. Freilich, die Existenz des Unangemessenen zeigt sich so als angemessen, da anders ein Übergang von einem Angemessenen zu einem anderen nicht stattfinden könnte. Konkret bleibt das Unangemessene aber stets unangemessen, wenn auch manchmal nur um Haares Breite.

Nun, um noch einmal zum aktuellen Theaterstück zurückzukehren, die Öffnung der Schleusen für jede Art der Unangemessenheit kann auch nicht in einem konkreten Sinne angemessen genannt werden, soll heißen, daß es keine vorgegebene Ordnung gibt, deren Errichtung sie rechtfertigen würde, und jeder, der die Hoffnung auf die Errichtung einer konkreten Ordnung an sie knüpft, hat seinen Platz im Leben verrückt.

Nur falls jemand in ihr den einzigen Ausweg aus einer unerträglichen Lage sähe, ohne zu wissen, wohin er führt, kann er gerechtfertigt sein. Es ist allerdings sehr zweifelhaft, ob sie auch nur einer so sieht. Hingegen, wer betrügen will, ist schon betrogen.

Labels: , , , , , , , ,