Bereitschaftsbeitrag

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19. Oktober 2014

Faschismus im Spannungsfeld zwischen sozialer und persönlicher Glaubensgestaltung

Mit Blick auf die Medien läßt sich folgendes sagen. Selbstverständlich gibt es ein Interesse der Öffentlichkeit daran, über die Geschehnisse in der Welt informiert zu werden, auf dem Laufenden gehalten. Zugleich gibt es aber auch ein Interesse, als Staatsvolk zu gestalten.

Es liegt auf der Hand, daß sich dieses letztere Interesse aus dem Mangel an individueller Gestaltungsmöglichkeit ergibt, kompensativ ist.

Der Einzelne fügt sich ein, erhöht dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft, der so gewonnene Wohlstand fließt zu einem Teil in persönliche Annehmlichkeiten und Statusgüter und zum anderen in die Staatskasse zur Finanzierung von staatlichen Investitionen; jedenfalls soweit es den Durchschnittsbürger betrifft. Und selbst, wo der Einzelne selbst investiert, handelt es sich fast nie um gestalterische Projekte, sondern fast ausschließlich um Instandhaltungsaufwendungen.

Es ist also begreiflich, daß es unter einer solchen Verfaßtheit der Dinge ein aufgestautes Reservoir an Gestaltungswünschen gibt, welches sich aber nicht mehr auf natürliche Weise entleeren kann, weil die zu ihm beigetragen habenden Einzelnen in ihrer Masse unfähig sind, sich ihren Interessen gemäß zu organisieren.

Also wird diese Organisation für sie übernommen, ebenso wie die Postulierung ihres Interesses.

Dieses ist, da kann man sich ziemlich sicher sein, kein altes Phänomen. Bis zum Anbruch der Industrialisierung reichte der zusammengetragene Reichtum eines Staats gerade einmal für die Finanzierung des Hofzeremonials. Und wenn ein König einmal einen Preis für eine technische Errungenschaft ausschrieb, war das schon wert, in den Annalen festgehalten zu werden.

Der Großteil der gestalterischen Kraft der Menschen verblieb damals auf dem eigenen Gehöft oder in den Zierden des Handwerks. Die Schönheit historischer Stadtkerne legt noch heute Zeugnis davon ab.

Man kann Schönheit nicht kaufen. Schönheit ergibt sich aus der Einsicht der Grade der Freiheit des Zweckmäßigen. Sie ist immer das Resultat einer Anpassung an Beständiges. Mithin ganz unmittelbar eine Funktion der eigenen Lebensweise.

Freilich, einzelne schöne Gebäude gibt es auch heute noch: Hier spiegelt sich die jeweilige Phase des Glaubenszykels wider, die soziale und die persönliche.

Nun, das Problem, vor welchem wir hier stehen, besteht in der Tat nur, weil es noch genügend viele Menschen gibt, welche sich sozial ausdrücken wollen, also nicht in ihrem persönlichen Ausdruck aufgehen. Denn täten sie es, so nutzten sie die heutigen Möglichkeiten für persönliche Projekte, was sie hingegen kaum machen. Denn sie gelten ihnen nichts.

Wir haben die heutige Phase des Glaubenszykels nicht gewollt - sie wurde verordnet.

Aber damit geht das Problem der Eigengestalterischkeit von Staaten einher, welche ersichtlicherweise! unter keinen Umständen in günstige Umstände mündet.

Alleine schon der mediale Apparat, welcher durch selektive Geschichtserzählung die postulierten Interessen der Gesellschaft formt. Wo jeder auftreten darf, dessen Botschaft das festgelegte Ziel stützt.

Und dann der Unsinn dieser Ziele, welche den Menschen desto weniger genügen, desto näher sie ihnen kommen, es auch nicht anders sein kann, da sich ihr Wille, sich an das Beständige auf schöne Weise anzuschmiegen, nicht in ihnen ausdrückt: Das Versprechen haben sie gerne angenommen, aber ein andres ist's, sich über das Geschenk zu freuen, wenn es vor einem steht.

Wir müssen uns befreien. Dafür sorgen, daß um uns herum wieder beständige soziale Beziehungen bestehen, damit ein sozialer Anpassungsprozeß wieder stattfinden kann. Wir müssen lernen, die gestalterischen Möglichkeiten, welche uns die Technik beschert, gemeinsam im natürlich überschaubaren Rahmen zu nutzen.

Nun ja, wir müßten das. Sorum läuft es nicht: Defizite werden nicht dadurch aufgehoben, daß man herausstellt, was fehlt. Und doch, wer diese Defizite sieht, der sieht sie nicht nur, sondern er weiß zugleich, woran sein Leben hängt. Und das genügt allerdings, um sie schließlich aufzuheben: Wer weiß, was sein Herz von ihm fordert, setzt sich nicht ins Unrecht, wenn er es fordert. Zeit, mit den Schafen auf eine neue Weide zu ziehen.

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