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21. Oktober 2014

Zum Problem der Kanonisierung eines Glaubens

Der Protestantismus ist letztlich, wenn wir dieses Wort einmal ganz generös verstehen, die zwangsläufige Zurückweisung einer spirituell nicht bindenden Christianisierung.

So wie sich Rom selbst versteht und verstanden hat, hat es zu keinem Zeitpunkt das Christentum gegenüber den späteren protestantischen Völkern verkörpert.

Ihre Christianisierung war aus Roms Sicht nie mehr als der Schutz der ihm bereits zuvor anvertrauten Christen.

Daraus ergibt sich allerdings für diese Völker ein sehr merkwürdiges Phänomen: Das Christentum wird in der Breite der Gesellschaft akzeptiert, hat aber keinen Stamm, mit welchem es sich verbindet.

Man kann diesen Umstand in verschiedene Richtungen ausleuchten, hier interessiert mich das Nächstliegende, nämlich die prinzipielle Unfähigkeit zur Kanonisierung.

Eine Kanonisierung kann nur durch anerkannte Vorbildlichkeit zu Stande kommen, hier im speziellen durch anerkannte spirituelle Vorbildlichkeit.

Offensichtlich ist das nichts, was zu lehren wäre, die Herzen eines Menschenschlages bestimmen, welche Vorbilder er anerkennt.

Damit verhalte es sich also, wie es sich mit ihm verhalte, ich selbst habe aus meinen Vorbildern ja keinen Hehl gemacht (etwa Schopenhauer und Tarkowski), und ich denke, jeder, welcher sich ernsthaft auf die Reise begibt, wird sich ernstlich auf andere beziehen, um seinen eigenen Weg zu finden.

Nur den Weg zur gesellschaftlichen Normalität, daß eine Gemeinschaft ein Zentrum besitzt, welches ihren Glauben konkretisiert, gilt es noch zurückzulegen. Die Zeit ist lange vergangen, in welcher es die gesellschaftlichen Grundregeln formte, welche uns zum größten Teil heute noch leiten. Lange ist's her, daß es zerschlagen ward und durch nichts ersetzt.

Und ein Bemühen, ihren heutigen Glauben, welcher fühlbar im Raum steht, zu konkretisieren, findet man bei allen diesen Völkern. Nur daß es im falschen Geist geschieht, nämlich im Geist einer Bestandsaufnahme, üblicherweise von Teenagern unternommen.

Aber das ist ganz falsch. Es geht nicht um die akquirierten Gewißheiten, welche es zu vergegenwärtigen und zu ordnen gälte. Es geht um das, wem man vertraut, einen in die Zukunft zu führen.

Spirituelle Vorbildlichkeit ist immer ein Türen Aufstoßen.

Und selbst wenn sich Schopenhauer, beispielsweise, ganz anders gesehen hat, hat er doch gestanden, sich von seinen Gedanken auf seinem Weg hat leiten zu lassen, mit anderen Worten also sich in Räume begeben zu haben, deren Türen sie aufgestoßen haben.

Und deshalb ist er wenigstens ein mögliches spirituelles Vorbild.

Das ist das entscheidende Kriterium, ob jemand im Vertrauen auf die Inspiration gelebt hat. Das Weitere ist dann wie gesagt Geschmackssache.

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