Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

25. September 2015

Die Strategie der Schwäche

Der Schwächere muß den Stärkeren in seinem Gefühl, stärker zu sein, bestätigen und ihm das Diktat lassen. Sobald dieser sich aber erschöpft oder verheddert hat, kann er seine Dienste zu seinen Konditionen anbieten und damit die Weichen in seinem Sinne stellen.

Insbesondere muß der Verständige, wenn er kein Gehör findet, den Narren die Erfüllung ihrer Träume lassen.

Allerdings befindet er sich dabei in einer besseren Position als der Schwächere im allgemeinen, denn intellektuell gesehen ist er ja der Stärkere. Und dieser Umstand eröffnet ihm oftmals die Möglichkeit, gleich von Beginn an am Diktat der Stärkeren mitzuwirken, wenn er nur Begeisterung für ihre Sache heuchelt, und so unter der Hand bereits Weichen zu stellen.

Die Geschichte der letzten 252 Jahre läßt sich ohne Beachtung dieses Blickwinkels nicht verstehen, und es stellt sich die Frage nach der Rechtfertigung dieser List.

Die List im allgemeinen wird von den meisten Menschen zu Recht als inhärent schlecht angesehen, da sie darin besteht, die Täuschung eines Menschen über den rechten Weg zu vergrößern. Wer also die Rechtgeleitetheit als den natürlichen Zustand des Menschen ansieht, muß in der List eine Methode des Verderbens sehen, und Beispiele für dieses Verderben gibt es wahrlich genug.

Indes, täuschen tut sich der Mensch auch ohne List über den rechten Weg, und es mag sein, daß die größere Täuschung bisweilen weniger gefährlich für ihn ist, da sie unter günstigeren Umständen an die wahren Verhältnisse stößt, und eine List, welche voraussehbar solches bewirkte, wäre also benevolent.

Erst, nachdem England den nordamerikanischen Kontinent für sich alleine hatte, wurde der Unabhängigkeitskrieg überhaupt vorstellbar. Und erst, nachdem die Vereinigten Staaten die Welt nicht mehr dominieren werden, wird ein Weltbürgertum vorstellbar werden.

In beiden Fällen ist der Nationalismus ein Schutz, welcher erst dann aufgegeben wird, wenn die Bedrohung entfällt.

Der Verständige weiß das. Was bedeutet es also, wenn er an der Verschmelzung von Weltbürgertum und der Dominanz der Vereinigten Staaten mitbastelt?



Indem er solches tut, betrügt er beide, die Dominanz der Vereinigten Staaten aber mehr, denn die unerfüllbare Bedingung, an welche er beide bindet, wird sie materiell beenden, wohingegen das Weltbürgertum eine wichtige Lektion gelernt haben wird, nämlich daß Anlehnung Unrecht züchtet, was, soviel läßt sich jedenfalls voraussehen, bei dieser Verbindung hinreichend klar werden wird, das heißt, mit Blick auf die Rolle Rußlands innerhalb der Sowjetunion und der Sowjetunion innerhalb des Warschauer Paktes ist hierbei vielleicht noch nicht einmal von Voraussicht zu sprechen, was auch die ausgeprägte tschechische Allergie gegen die momentane Entwicklung erklärte.

Freilich, daß die Dominanz der Vereinigten Staaten auf diese Weise materiell beendet werden wird, ist ungleich schwerer vorauszusehen, denkbar wäre ja auch, daß sie den Universalismus abschütteln und auch weiterhin von der universellen Anziehung ihrer Partikularität profitieren werden, wie sie es in den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens getan haben, doch steht dem letztlich die technische Entwicklung entgegen, und im speziellen sagt die Offenbarung die New-York-basierte Weltregierung auch voraus.

Die Strecke der letzten 252 Jahre ist verdorben, dieser letzte Schritt hingegen womöglich nicht. Die Wahrheit ist: Wer die Mittel hat, seinem eigenen moralischen Anspruch gerecht zu werden, aber sie nicht dazu einsetzt, verliert seinen moralischen Anspruch. Über den Vereinigten Staaten lag zu lange ein eigentümliches Gebräu aus Verblendung und Gleichgültigkeit, Eigenschaften, welche natürlicherweise nicht zusammenfallen.

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