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3. Juni 2016

Die Rolle der Heiligen im Christentum

Der vorige Beitrag hat mich auf recht sonderliche Weise auf das Phänomen des assistierten Glaubens geführt, welcher auf der Abhängigkeit des eigenen Glaubens von fremdem Zuspruch beruht.

Er tritt auf, wenn dem assistiert Gläubigen ein Problem über seine Kräfte hinauszugehen scheint, aber er sich nicht aus ausschließlich eigenem Wunsch an Gott wenden mag, sondern nur unter der Versicherung, daß ein Anderer, in irgendeiner Hinsicht Vorbildlicher, den Wunsch um sein Wohlergehen teilt.

Dieses Verhalten wirkt kindisch, spezifischer kokett, aber es gibt unstrittigerweise auch einen christlich-psychologischen Hintergrund zu ihm, nämlich die Empfehlung, in Christi Namen zu beten, welche bedeutet, sich Christi Haltung zu eigen zu machen und aus ihr heraus zu beten.

Und in Anbetracht dieses Anspruchs ziehen es also manche vor, nur mit dem Zuspruch einer Autoritätsperson zu beten, welche sich die christliche Haltung erfolgreicher zu eigen gemacht zu haben scheint als sie selbst.

Und das Christentum kennt damit drei Arten des Gebets.
  1. Das allgemeine Gebet zu Gott.
  2. Das Gebet in Christi Namen und Haltung.
  3. Das Gebet im Glauben von einem Heiligen unterstützt zu werden,
wobei im letzten Fall der geringere Anspruch an die eigene Haltung mit dem begrenzteren Umfang des Gebets erkauft wird.

Freilich, woran dem Menschen am meisten gelegen zu sein pflegt, ist in aller Regel sehr begrenzt, und der Gedanke, für diese Art von Gebeten den Zuspruch Heiligerer zu suchen, ist gar nicht dumm. Wer allerdings in dieser Angelegenheit zur Unverschämtheit neigt, muß oftmals auf nicht vorhergesehene Weise nachzahlen - nun, das ist jedenfalls das Bett, in welchem der assistierte Glaube fließt; eine dieser merkwürdigen, auf Konvention basierenden Strukturen zwischen den Menschen.

Die Denkart ist mittelalterlich, aber nicht tot, heute sind es nur andere Autoritäten - und die Regeln sind auch anders, nicht der Anspruch Gottes bestimmt den Ausgang der Überlassung, der Inanspruchnahme des autoritativen Zuspruchs, sondern der Anspruch des Systems, erwartet wird nicht mehr die Bestrafung des Frevels, sondern die Bestrafung der Unnützlichkeit, nicht die Belohnung der Güte, sondern die Belohnung der Innovation und der Lohn ist nicht mehr der Friede, sondern der Zugriff.

Obwohl theologisch letztlich unbegründet, hat der protestantische Abschied von dieser Denkungsart vielleicht also auch sein Gutes - immerhin mag er ihre Pervertierung erschweren, aber wirklich abzuschätzen vermag ich es nicht; vielleicht wird es sich aber noch zeigen, wenn die Bedeutung des Gebets und seiner Art weiterhin wächst.

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