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21. Dezember 2016

Die richtende Vierteilung des Denkens

Wie ich in den letzten beiden Beiträgen bereits ausführte, ermessen die drei Seelenteile ihre Gegenstände danach, wie gemäß sie ihnen sind, was wir als innere Bewegtheit in Form von Glück, Wertschätzung oder Liebe wahrnehmen. Selbstverständlich sind dies nicht alle Gefühle, welche uns innerlich bewegen, aber es lohnt sich, zunächst bei ihnen zu verbleiben, denn sie sind klar und anschaulich und erlauben die Grobgliederung unserer uns selbst bewertenden Gefühle, indem wir nach dem jeweiligen Gegenstand eines solchen Gefühls fragen.
  • Die Gegenstände des Glücks sind Geschehen.
  • Die Gegenstände der Wertschätzung sind Möglichkeiten.
  • Und die Gegenstände der Liebe sind Ordnungen oder auch Ideen.
Der englische Begriff für glücklich, happy, ist sehr einsichtsvoll in Anlehnung an den englischen Begriff für geschehen, happen, gewählt. Die Wurzel hap zielt auf das Zustandekommen ab, und entsprechend ist auch hapless zu verstehen. Im Deutschen kommt der Begriff klappen dem wohl am nächsten, und auch wenn es sich nicht schön anhört, so würde ein Muttersprachler wohl die richtige Vorstellung gewinnen, wenn er den Satz: Heute ist er wieder mal richtig klappig. hörte, oder auch: Was für ein klapploser Kerl.

Und um noch kurz bei der Etymologie zu bleiben: Es besteht offenbar ein enger Sinnzusammenhang zwischen den englischen Wörtern hap, hop und hope, wobei der gestreckte Diphthong des letzten Wortes darauf hinweist, daß es mit dem Zustandekommen bei ihm, im Gegensatz zu den anderen beiden, etwas länger dauern wird.

Statt von Möglichkeiten kann man auch von Lebensfunktionen sprechen oder gar von Routinen, also geraden jenen Gegenständen, welche die Achtung aufgreift, wenn sie sich für eine Handlung unter verschiedenen alternativen entscheidet*. Hier weist das Deutsche große Einsicht auf, indem es den Begriff Möglichkeit von mögen ableitet, denn in den Möglichkeiten, welche eine Sache eröffnet, liegt ihre Mögbarkeit begründet, ebenso wie in happenings alle happiness begründet liegt.

Und entsprechend ist es zuletzt auch mit der Liebe, nur daß Ordnungen wohl in keiner Sprache Lieblichkeiten genannt werden, wiewohl dies ebenso natürlich wäre wie die vorigen beiden Beispiele.

Außer Geschehen, Möglichkeiten und Ordnungen gibt es noch eine weitere Art von Gegenständen, welche wir auf ihre Gemäßheit hin beurteilen, und zwar wenn wir uns erinnern oder uns in eine andere Lage hineinversetzen und insbesondere also auch, wenn wir träumen. Als leitende Beispiele mögen hier Stolz und Schmach dienen.

Worauf also beziehen diese sich?

Auf Anpassungen, ob wir das Nötige getan haben, dem Leben entgegenzutreten oder nicht. Was hier die Gemäßheit beurteilt ist die Vergegenwärtigung, aber was sollen wir unter Vergegenwärtigung verstehen?

Nun, es ist die Einordnung von Eindrücken in den zeitlichen Rahmen, sie als Teil einer zeitlich ausgedehnten Existenz zu betrachten. Offenbar ist ein Teil unseres Intellekts damit beschäftigt, und wenn wir diesen Teil auch dem Verstand und damit dem zweiten Seelenteil zuschlagen können, indem wir von der in Beziehung setzenden Natur seines Geschäfts ausgehen, so mag es andererseits gleichlegitim sein, ihn eigenständig zu betrachten, da das Streben unseres Geistes danach, die erzeugte Zeit zu erfassen, ganz andere Teile unseres Intellekts aktiviert als das Streben unseres Geistes danach, das Gegenwärtige zu erfassen, was sich insbesondere eben auch in den verschiedenartigen Gefühlen der Gemäßheitserfassung ausdrückt.

Probieren wir es also mit der richtenden Vierteilung des Denkens,
  • der Geschehen in der Anschauung,
  • der Möglichkeiten im Verstand,
  • der Ordnungen in der Vernunft und
  • der Anpassungen in der Vergegenwärtigung.
Der vierte Teil ist den ersten dreien indes nicht gleichwertig, denn er ist handlungsunfähig. Er übergibt sein Urteil an Verstand und Vernunft und diese übernehmen die Wahl der weiteren Schritte. Die zusammengefaßte Zeit existiert nicht in der Zeit, weshalb Träumende oder sich Erinnernde auch verloren wirken.

* Es ist wohl vernünftig davon zu sprechen, daß die Vernunft die Entscheidung kapert, wie ja auch die Entscheidung ein vom Verstand gekapertes Zustandebringen ist, wenn wir uns für das Geliebte entscheiden.

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