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17. November 2019

Vom Ebben und Fluten des Anschließens und Anpassens

Wie ich im Beitrag Bestürztheiten, Zeitalter und Orientierungen erstmals festhielt, wirkt sich die Ethik auf unsere Taten aus, die Logik auf unseren Willen und die (Meta-)Physik auf unsere Wahrnehmung.

Genauer gesagt muß die Haltung der Bedeutsamkeit genügen, das Verständnis der Dringlichkeit und die Stellung (der Glaube) der Sinnhaftigkeit. Damit aber ergeben sich folgende Abhängigkeiten:
Glaube <-> Verständnis <-> Haltung <-> Tat (Geschehen)
Ändert sich in dieser Kette ein linkes Glied, so muß sich das folgende rechte Glied seiner Änderung anschließen, ändert sich ein rechtes Glied, so muß sich das folgende linke seiner Änderung anpassen.

Die Anschließung
  • des Verständnisses an den Glauben verdeutlicht denselben,
  • der Haltung an das Verständnis wendet es an und
  • der Tat an die Haltung befolgt letztere.
Die Anpassung
  • der Haltung an das Geschehen berücksichtigt es,
  • des Verständnisses an die Haltung erklärt letztere und
  • des Glaubens an das Verständnis verherrlicht es.
Jede gesellschaftliche Änderungsbewegung von rechts nach links ist ein Fluten der Anpassung und ein Ebben der Anschließung und jede Bewegung von links nach rechts ein Ebben der Anpassung und ein Fluten der Anschließung.

Betrachten wir dazu zunächst ein profanes Beispiel, nämlich die physikalische Forschung.

Alles beginnt mit Geschehen, welches wir berücksichtigen und anschließend erklären. Damit endet die Flut der Anpassung und die Flut der Anschließung beginnt. Wir wenden die gewonnene Erklärung an, indem wir sie unserer Suche zu Grunde legen, und befolgen derart gewonnene Versuchsanordnungen, konkret etwa, indem wir messen, ob es zu einem elektrischen Fluß durch das Vakuum kommt, oder ob Licht von Ost nach West schneller reist als in andere Richtungen. Im ersteren Fall war die Forschung damit am Ziel, im letzteren begann eine neue Flut der Anpassung.

Und nun zur Zurücksetzung des Glaubenszykels.

Wenn wir unseren Platz in der Welt hinreichend gut verstanden haben, können wir Gott im Namen des Ehrbaren anrufen, daß Er uns das Erforderte gewähre, wie ich etwa, als ich vor knapp 15 Jahren um die dringende Öffnung unserer Bahn bat, also daß Er in sie komme (und wir zu ihr). Wird unser Gebet erhört, so wird unser Verständnis verherrlicht, und wir gewinnen neuen Glauben. Doch ist dieser anfangs immer implizit, und wir müssen ihn uns verdeutlichen, indem sich unser Verständnis ihm anschließt. Haben wir das geschafft, so müssen wir seine Verdeutlichung anwenden, indem sich unsere Haltung ihr anschließt. Auf diese Weise bilden sich die ersten erneuerten Glaubensgemeinschaften.

Freilich, für jene, welche zu einer alten Glaubensgemeinschaft gehören, handelt es sich bei erneuertem Verständnis und erneuerter Haltung um Auflösungserscheinungen, nicht um eine Anschließungsflut, sondern um eine Anpassungsebbe, welche alsbald selbst die elementarsten physikalischen Gesetze nicht mehr berücksichtigt (weil sie, ihnen unbekannt, durch neue metaphysische Gesetze ersetzt wurden).

Auf die heutige Zeit angewandt ist dies allerdings ziemlich vieldeutig. In jedem Obdachlosen läßt sich ein Prophet erkennen, ebenso in jeder zeitgenössischen Verrücktheit ein erneuerter Glaube. Verantwortlich dafür ist die Selbstgefälligkeit, welcher der Anschein genügt. Diese sind Pseudopropheten für sich selbst. Aber auch ein wahrer Prophet mag es nur für sich selbst sein.

Indes, weite Teile der Gesellschaft sind heute aufgerufen, sich ihren Glauben zu verdeutlichen, weite Teile, ihre Verdeutlichung anzuwenden: Es kann unmöglich alles fehlgehen. Christus wirkt durch die Anschließung und wird die Seinen sammeln.

Abschließend noch ein Wort zu den Bestürztheiten.

Am einfachsten und klarsten, wenngleich in deduktiver Hinsicht eher ungünstig, ist es, die Bestürztheiten wie folgt zu definieren:
  • die Beklommenheit schließt ihr Verständnis der Physik an,
  • die Betretenheit paßt ihre Haltung der Physik an und
  • die Besessenheit paßt die Physik ihrem Verständnis an.

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