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13. Januar 2020

Betroffenheit, Leben und Heil

Unter Betroffenheit verstehe ich dasjenige, was den Lebens- oder Wirkungswillen eines der drei Seelenteile anregt, also
  • die Beteiligung für die Achtung,
  • die Ordnung für die Sorge und
  • die Verantwortung für die Lust.
Beurteilt wird
  • die Beteiligung dabei durch Wertschätzung und Zuwiderheit,
  • die Ordnung durch Liebe und Haß und
  • die Verantwortung durch die Anteilnahme, das heißt Glück und Unglück, Stolz und Schmach.
Mit dem Wirkungswillen ihres Seelenteils zugleich sorgt
  • die Beteiligung für Reifung (Erfahrung, Bildung),
  • die Ordnung für Beherzigung und
  • die Verantwortung für Wirkung.
Und also ehren wir die Betroffenheiten als Ehrbarkeiten,
  • Beteiligung als Verbundenheit,
  • Ordnung als Rechtschaffenheit und
  • Verantwortung als Frieden.
Es ist hier und im folgenden stets zu bedenken, daß wir in unserem Denken ständig von einem Aspekt zum anderen übergehen und es eine Frage der gegenwärtigen Sensibilitäten ist, ob uns eine Begrifflichkeit genügt oder nicht. Ich mag in diesen Fällen nicht von Fehlern sprechen, selbst nicht, wenn ich im folgenden Glauben durch Amt ersetzen werde, denn ich habe auf den Glauben an den entsprechenden Stellen stets als Wirkungsbemächtigung Bezug genommen, als dasjenige, was die eigene Wirksamkeit begründet, doch nun scheint es mir natürlicher, das Gebet um Wirksamkeit als ein Gebet füt ein Amt zu bezeichnen, statt als ein Gebet für die Berücksichtigung des eigenen Glaubens.

Spüren wir eine Beschränkung in einer Betroffenheit, so sind wir bestürzt, und zwar ist
  • Besessenheit das Gefühl beschränkender Beteiligung,
  • Beklommenheit das Gefühl beschränkender Ordnung und
  • Betretenheit das Gefühl beschränkender Verantwortung.
Wir werden uns aber in jedem Falle sogleich daran machen, diese Beschränkung so weit es geht aufzuheben, und entsprechend entwickeln wir im Zeitalter
  • der Wunder die Beherzigungsbeteiligung durch Auslieferung an die Bahn, und Beherzigungsbeteiligung ist gelebter Glaube und damit Wunder,
  • der Werke die Wirkungsordnung durch Enthebung in die Gnade, und Wirkungsordnung ist Physik und damit Werke, und
  • der Wacht die Reifungsverantwortung durch Unterwerfung unter das Amt, und Reifungsverantwortung ist Ausbildung und damit Wacht.
Im übrigen ist Beherzigungsordnung Ethik und Reifungsordnung Logik im Sinn der Geistesordnung. Unter Ordnung verstehe ich also jeweils das als gültig Begegnende, in der Beherzigung die Stimmung des Gemüts, in der Wirkung das Naturgesetz und in der Reifung den Mechanismus des eigenen Erfahrens.

Beherzigungsbeteiligung hingegen ist, was aus der Beherzigung erwächst, und Reifungsverantwortung die Verantwortung für die Reifung. Weiterhin zeigt der Vergleich mit dem Zeitenzykel, daß das Schöne die Methode (Beteiligung, Ordnung, Verantwortung) liefert und das Wesentliche den Gegenstand (Beherzigung, Wirkung, Reifung).

Auf die Gebete (Auslieferung, Enthebung, Unterwerfung) müssen wir noch genauer eingehen, wie auch auf die Dynamik der Zeitalter, doch möchte ich zuvor auf die allgemeine Beschreibung der Betroffenheiten zurückkommen.

Die Beschränkung in der Betroffenheit heißt Bestürztheit, die Genüge der Betroffenheit hingegen Betrautheit und die Genüge
  • der Beteiligung ist die (Lebens-)Bahn,
  • der Ordnung die Gnade (der Erkenntnis) und
  • der Verantwortung das Amt.
Für diese können wir also beten. Allerdings ist das Gebet für Gnade in diesem Sinne kein transzendenter Akt, sondern lediglich das Gebet um Inspiration. Die anderen beiden Gebete sind hingegen ideelle transzendente Akte. Es kommt hier zu einer Komplikation, welche daher rührt, daß das Heil noch über dem Leben thront. Es ist genau so, wie es Johannes sagt, doch können wir das einstweilen nicht verstehen.

Wenn wir fragen, welche Ordnungen es gibt, so kommen wir auf Logik, Ethik und Physik. Kegelschnitte (x2+y2=z2, x=z-1 => z=(y2+1)/2, die Parabel nach ihrer Projektion von (-1,0,0)+<(1,0,1),(0,1,0)> auf die y-z-Ebene) etwa sind ein sehr spezieller Fall der Logik. Aber um was handelt es sich bei der hiesigen Betrachtung der Betroffenheit?

Ich möchte behaupten, daß sie nicht der Erfahrung entspringt; wie die Geometrie des Raums bei jeder Erfahrung vorausgesetzt wird, so auch dies: Das Axiom, von welchem wir ausgehen, ist, daß wir leben. Und es gehört zu unserem Leben, daß wir betroffen sind, und daß unsere Betroffenheit den Lebenswillen unserer Seele weckt. Denn ist es nicht so, daß
  • die Lebensbeteiligung die Vorliebe aufgrund der Betroffenheit ist,
  • die Lebensordnung der Glaube (die Erwartung) und
  • die Lebensverantwortung das Gewissen?
Ist es nicht so, daß uns das Leben hiermit drei Sinne gibt, welche uns vor aller Erfahrung anleiten?
καὶ ἡ ζωὴ ἦν τὸ φῶς τῶν ἀνθρώπων
Wenn wir um Bahn, Gnade und Amt beten, so beten wir um Beteiligung, Ordnung und Wirkung, und wir tun es, bevor wir gelebt haben.

Und warum beten wir überhaupt? Würden wir es tun, wenn wir nicht die Erhörung im Namen unseres Lebens erwarten würden? Wenn wir nicht glaubten, daß unser Leben zur Entfaltung des Heils gehört?

Denn dies ist noch ein anderes Axiom, daß die Welt aus dem Heil geworden ist, doch glauben wir es ebenso:
πάντα δι' αὐτοῦ ἐγένετο, καὶ χωρὶς αὐτοῦ ἐγένετο οὐδὲ ἕν. ὃ γέγονεν und
ἐν αὐτῷ ζωὴ ἦν
Und deshalb gibt es noch einen anderen Sinn, in welchem die Ordnung genügt, nicht als Inspiration, sondern als Lebensbedingung, weil wir die Heiligkeit des Lebens ermessen können. Konkret sehen wir am Ende des Zeitalters
  • der Wacht ein Gebrechen an Beherzigung und beten für die Gnade (der Ordnung), daß den Menschen die Gnade (der Erkenntnis) werde,
  • der Werke ein Gebrechen an Reifung und beten für die Gnade (der Ordnung), daß den Menschen Beteiligung werde, und
  • der Wunder ein Gebrechen an Wirkung und beten für die Gnade (der Ordnung), daß den Menschen Verantwortung werde.
Dieser Art ist der dritte ideelle transzendente Akt (also der um Gnade). Freilich schließt ein Gebet im Namen des eigenen Lebens ein paralleles Gebet im Namen der Heiligkeit menschlichen Lebens nicht direkt aus, aber ihm zuwider kann es nicht laufen, und es ist besser, den kategoriellen Vorrang des Heils vor dem eigenen Leben klar vor sich zu bekennen.

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