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1. Januar 2021

Revolutionstheorie

Auch wenn es nicht unbedingt nötig ist, halte ich es doch für besser, den vorigen Beitrag theoretisch zu untermauern.

Eine Gesellschaft sei entweder zersplittert oder vereint. Danach gibt es vier mögliche gesellschaftliche Übergänge:
  • vereint -> vereint,
  • vereint -> zersplittert,
  • zersplittert -> zersplittert und
  • zersplittert -> vereint.
Der zweite Übergang ist mit gesellschaftlichem Voranschreiten verbunden und der vierte mit gesellschaftlicher Zurücksetzung. Der Bequemlichkeit halber definieren wir den letzteren Übergang also als Revolution.

Als nächstes stellen wir die Frage, was Revolutionen auslöst. Ich behaupte, daß Revolutionen stets dadurch ausgelöst werden, daß das gesellschaftliche Anspruchsgeflecht, die gesellschaftliche Hackordnung, in Frage gestellt wird. Es gibt viele geschichtliche Beispiele dafür, daß sich eine zersplitterte Gesellschaft nicht unter einem Tyrannen vereint, wenn dieser nur dafür Sorge trägt, daß jeder seine relative gesellschaftliche Stellung behält. Vielmehr ereignen sich immer dann Revolutionen, wenn Fehlleistungen, geschichtlich zumeist in Kriegen, die gesellschaftliche Hackordnung ins Wanken bringen, was insbesondere bei der Französischen und der Oktoberrevolution der Fall war: Erstere war eine Folge des verlorenen Siebenjährigen Krieges und letztere eine Folge des verlorenen Ersten Weltkriegs, Frankreich verlor seine nordamerikanischen Kolonien und die französische Monarchie die Mittel, die französische Bevölkerung zufriedenzustellen, und der russische Adel, zur Hälfte ethnisch deutsch, verlor nach Tannenberg und einigen weiteren verlorenen Schlachten das Vertrauen des russischen Volkes, es gegen das Deutsche Reich zu schützen. Daß das Deutsche Reich gleichzeitig Trotzky und Lenin unterstützte, um die Kampfkraft Rußlands zu schwächen, spielt für die theoretische Betrachtung keine Rolle.

Was die gegenwärtige gesellschaftliche Zersplitterung angeht, behaupte ich, daß sie zu weit verbreiteter Dysfunktionalität geführt hat, welche die gesellschaftliche Hackordnung ins Wanken bringt. Und ich behaupte weiterhin, daß es letztlich gut ist, wenn die Mächtigsten in dieser Lage zunächst an ihre Ansprüche denken, denn dadurch entstehen die Bedingungen für eine erfolgreiche gesellschaftliche Vereinigung, indem die Wenigermächtigen dazu gezwungen werden zusammenzustehen, um ihre Ansprüche geltend zu machen, wohingegen der Versuch, es allen recht zu machen, das Fundament für eine erfolgreiche Tyrannei legt, indem die Mächtigeren dazu gezwungen werden, sich dem fähigsten Tyrannen zu unterstellen.

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