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19. April 2022

Zentralisierung und Dezentralisierung

Motiviert durch die Frage, was die näheste Zukunft bringt, möchte ich die Verläufe der Zentralisierung und Dezentralisierung insgesamt durchgehen.

Eine politische Ordnung befindet sich in einer der folgenden drei Phasen:
  1. Ordnungsübereinkunft,
  2. Ordnungsentwicklung,
  3. Ordnungsflucht,
wobei wir zwischen staatlichen und überstaatlichen Ordnungen unterscheiden:
  • bei staatlichen sind es die Bürger, welche übereinkommen, entwickeln und fliehen, wobei im letzten Fall von der Auflösung der staatlichen Ordnung die Rede ist, und
  • bei überstaatlichen sind es Staaten, welche es tun, wobei dann bei der Flucht vom Zurücktreten einer überstaatlichen Ordnung hinter staatliche die Rede ist, worunter ich auch den Fall zählen möchte, daß eine staatliche Ordnung dadurch zu einer überstaatlichen wird, daß der Staat zerfällt.
Zerfällt ein Staat bei der Ordnungsflucht hingegen nicht, sondern durchläuft eine Ordnungsauflösung, so folgt auf sie natürlicherweise eine Ordnungsübereinkunft seiner Bürger, das heißt, am Zentralisierungsgrad ändert sich nur etwas, wenn sich mehrere staatliche Ordnungen gleichzeitig auflösen und die Bürger aller dieser Staaten in einer neuen Ordnung übereinkommen, was aber nicht den historischen Gegebenheiten entspricht.

Allgemein gilt, daß, wenn zwei Ordnungen in Konflikt mit einander geraten, die Phase, in welcher sie sich gerade befinden, entweder beschleunigt oder beendet wird. Wie Staaten zum ersten Mal geboren wurden, ist uns nicht bekannt. Wir können sie immer aus schon vorhandenen Staaten hervorgegangen betrachten. Wenn also
  • sich entwickelnde Staaten in Konflikt mit einander geraten, so wird die Entwicklung tüchtiger Ordnungen beschleunigt und die untauglicher beendet, was zu Zentralisierung führt,
  • ein zerfallender Staat in einen Konflikt gerät, so wird im entwicklungsgeschichtlich interessanten Fall das Zurücktreten der überstaatlichen Ordnung beschleunigt, was zu Dezentralisierung führt,
  • eine überstaatliche Übereinkunft anstrebende Staaten in einen Konflikt geraten, so wird im interessanten Fall die Übereinkunft beschleunigt, was zu Zentralisierung führt,
und diese Vorgänge sind es, welche die Geschichte der Staaten bilden:
  1. konkurrierende Staaten verdichten sich zu Imperien,
  2. erstarrte Imperien zerfallen unter äußerem Druck,
  3. die Splitter einstiger Imperien bilden dem Grad des äußeren Drucks entsprechende überstaatliche Ordnungen aus, und
  4. beginnen erneut zu konkurrieren.
Als Alexanders Reich zerfiel, gab es keinen äußeren Druck, und also gerieten die Nachfolgestaaten umgehend in Konkurrenz zu einander, wobei sich nur das Ptolemäische Reich behauptete, doch als das Römische Reich zerfiel, führte der äußere Druck zur Machtteilung zwischen Klerus und Adel. Aus der Konkurrenz der abendländischen Staaten ging England siegreich hervor, doch das Reich zerfiel und die Vereinigten Staaten setzen sich seitdem im Wettbewerb durch, wobei es auch intern in den Vereinigten Staaten Konkurrenz zwischen den einzelnen Bundesstaaten gibt und diesbezügliche quasiimperiale Entwicklungen.

Zurzeit lösen sich die Provinzen des amerikanischen Imperiums aufgrund seiner Unverantwortlichkeit auf, was zu einer verantwortungsbetonenden bürgerlichen Übereinkunft führen wird, welche aber den Keim des Zerfalls in sich trägt, da sie zu einer die Bürger ausschließenden Ordnung greifen muß. Alle diese Prozesse werden durch äußeren Druck beschleunigt und nach ihnen auch die überstaatliche Übereinkunft der verbliebenen Splitter.

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