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14. April 2022

Gott und Teufelsgeister

Der Unterschied zwischen Gott und Teufelsgeistern ist, daß Gott die Wunden seiner Geschöpfe schließt, während Teufelsgeister davon leben, ihnen Medizin zu verkaufen, welche die Wunde des Einen nur dadurch schließt, daß sie die Wunde des Andern aufreißt.
Was ist die Rolle von Pharisäern?

Darauf zu achten, daß sich das Volk an Vorschriften hält, welche es vor schädlichen gesellschaftlichen Entwicklungen bewahren, vor den Auswirkungen bösen Wollens schützen.

Wiewohl man Menschen nicht einfach in eine Gruppe guten Wollens und eine andere Gruppe bösen Wollens einteilen kann, ungeachtet dessen, daß manche Gott und andere ihrer eigenen Gewalt vertrauen, ist es doch so, daß der Pharisäer, wenn er seine Aufgabe getreu wahrnimmt, eindeutig auf der Seite der das Gute Unterstützenden steht, welche er hinsichtlich der Frage berät, wie sie sich den das Böse Unterstützenden erwehren können.

Würde jemand hingegen zwei Gruppen hinsichtlich der Frage beraten, wie sie sich der jeweils anderen erwehren können, liegt der Verdacht nahe, daß er es nicht als zwischen ihnen vermittelnder Friedensstifter tut, wenngleich auch das möglich ist, sondern als Profiteur ihrer Verfeindung.

Nennen wir so einen Profiteur einen untreuen Pharisäer. Wie geht ein solcher Pharisäer vor? Sein Amt besteht einzig darin zu beraten, er wird also eine Lage herbeiführen wollen, in welcher schlechter Rat als gut erscheint und die Lage perpetuiert.

Generell ist es so, daß derjenige, welcher sich einer Not erwehrt, durch seine Erwehrung Anderen sekundäre Nöte erzeugt. Auf diese Weise zieht ein Übel weitere nach sich, welche indes, wenn Gott die Erwehrung lenkt, bald abklingen, doch wenn es Teufelsgeister tun, sich auf dem Niveau des gerade noch Erträglichen einpendeln.

Und wenn wir dies daraufhin ansehen, wodurch die Linderung eintritt, kommen wir auf das Verständnis der Notlage des Andern und die Bereitschaft, ihm aus seiner Not zu helfen. Und genau das werden untreue Pharisäer also unterbinden.

Betrachten wir zur Verdeutlichung dessen die Neigung von Geiseln, ihre Geiselnehmer zu entschuldigen, welche als Stockholmsyndrom pathologisiert und damit unerklärlich gemacht wird. Es gibt wie bei allen unzählige Gründe, welche zu diesem Verhalten führen können, aber die folgenden drei dürften 19 von 20 Fällen erklären.
  1. Terrorismus sucht ganz allgemein die Menschen einzuschüchtern. Welch Wunder also, wenn die direkt Betroffenen besonders eingeschüchtert sind.
  2. Wie beschrieben bemüht sich der Gottgefällige, die Not des Andern zu verstehen, und das ermöglicht es, die Not größer erscheinen zu lassen, als sie ist.
  3. Die Geisel mag sich so dafür schämen, sich als Geisel nehmen lassen zu haben, daß sie ihr Schicksal als verdient betrachtet.
In allen drei Fällen gibt es Wege, die gesellschaftlich schädliche Entschuldigung des Geiselnehmers seitens der Geisel durch Hilfestellungen zu überwinden, nämlich
  1. der Geisel Sicherheitsgarantien zu geben,
  2. der Geisel die tatsächliche Lage des Geiselnehmers zu beweisen und
  3. der Geisel ihr Versagen zu vergeben,
doch der untreue Pharisäer sähe zu, daß das gerade nicht geschieht, um einerseits Verständnislosigkeit zu erzeugen und sie zu beraten, wie sie das Syndrom in den Griff kriegt, und andererseits die Verständnisvollen zu beraten, wie sie die Verständnislosen in den Griff kriegen, so daß die Gesellschaft in einen pragmatischen Teil und ideologischen Teil zerfällt, welche nur unter Zuhilfenahme der Dienste des untreuen Pharisäers koexistieren können.

Das Stockholmsyndrom bietet sich aufgrund seiner Pathologisierung des Verständnisses der Not des Andern als Beispiel an, aber was die gegenwärtigen Aktivitäten der untreuen Pharisäer betrifft, so sind die im Beitrag Moralverdrängung beschriebene Teilung der Gesellschaft in jene, welche sich vor denen fürchten, welche sich nicht an die Anweisungen der Regierung halten, und jene, welche sich vor denen fürchten, welche es tun, und die im Beitrag Zur Erzeugung gesellschaftlicher Unsicherheit beschriebenen Zersplitterungen der Gesellschaft in Besserwisser und Kungler, welche pharisäischer Politikerhuren, beziehungsweise opportunistischer karrieristischer Politiker bedürfen, um jeweils unter ihresgleichen existieren zu können, folgenreicher.

Und auch das im vorigen Beitrag betrachtete Festhalten an der Methode zum Leben zurückzufinden, also in unserem Zeitalter der Aussichtslosigkeit durch Ausgehen und Innovation zu entkommen, anstatt direkt durch Verbandelung und Bewunderung oder als Hasardist, ist eine Frage der Linderung oder Perpetuierung von Not, wobei die Dinge dort aber weit komplizierter liegen, weil es mehrere Arten der Not gibt, welche man nur gegeneinander austauschen kann. Dennoch, von untreuen Pharisäern wird man nicht erwarten dürfen, daß sie es im Hinblick auf die Linderung der Not des Volkes tun. Vielmehr werden sie ihre eigene Not dadurch hinauszuschieben suchen, daß sie die Schrauben fester anziehen.

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