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24. Mai 2022

Die pharisäische Direktion

Was genau bedeutet Frivolität? Mit was verbindet sich der Begriff?

Eine erste Annäherung liefert arroganter Leichtsinn, aber nicht jeglicher Art. Genauer gesagt bezieht sich die Arroganz nicht auf die eigenen Fähigkeiten, sondern auf die eigene Bedeutung: Man ist wichtig, und deshalb muß man sich keine Sorgen machen, andere werden es schon für einen tun, und diese Anderen verhöhnt die Frivolität, indem sie ihnen ihr mangelndes Verständnis dessen vorhält, was sie wollen und wodurch sie es erreichen.

Im einfachsten Fall ist das verzogene Kind frivol, indem es es belustigt, daß seine Eltern nicht verstehen, daß sie nur dann zufrieden sein können, wenn sie tun, was es will, aber diese Art der Frivolität verfliegt irgendwann.

Jetzt habe ich mir alle Studioalben von ABBA angehört und also reichlich Material der niederen Form des Wollens gesammelt, genauer gesagt der uneigenständigen, das zu begehren, was einem vor der Nase baumelt, und das gilt wohl auch vom verzogenen Kind, daß es das begehrt, was ihm vor der Nase baumelt.

Frivolität ist ja provokant, und die Provokation könnte darin bestehen, daß sich das uneigenständige Wollen des verzogenen Kindes über das eigenständige seiner Eltern stellt, was auch den Impuls, es abzuwatschen, erklärte.

Nun, wenn es nur um Kinder ginge, gäbe es den Begriff der Frivolität gar nicht, Gör reicht völlig, aber ab einem gewissen Alter kann man eben nicht mehr von einem Gör sprechen (Agnetha Fältskog mag als Girl durchgehen, aber nicht als Göre), und das hat andere Gründe, als daß sich Männer nicht eingestehen mögen, daß sie von Frauen wie von Gören um den Finger gewickelt werden (nun ja, jedenfalls deutsche Männer nicht, möglicherweise haben es sich die angelsächsischen ja gerade eingestanden).

Es ist nämlich so, daß eine Frau nicht weit damit käme, sich so zu verhalten, wenn es nicht einen gesellschaftlichen Konsens gäbe, daß die, nun ja, sagen wir, Moderation der Männer wünschenswert ist, und die Quelle aller gesellschaftlichen Frivolität jenseits des Kindesalters besteht darin, daß sich eine dem Gör verwandte Form der Überheblichkeit in der Moderation einnistet.

Idealerweise bestünde die Moderation der Männer lediglich in der Einforderung der Etikette, aber bisweilen ersetzt die einfordernde Instanz die Etikette durch ihre eigenen Ansichten, und frivolerweise, wenn sie dabei davon ausgeht, daß alle Menschen uneigenständig wollen, und es an ihr liegt, die Regelung so vorzunehmen, daß alle zum verdienten Grad auf ihre Kosten kommen.

Das Selbstbild des frivolen Moderators dabei ist das des Investors, welcher seinem Protegé zu einem schönen Leben behilft, wenn dieser sich nur an die Regeln hält und dem Moderator ein schönes Leben ermöglicht, wobei es wie gesagt fundamental ist, daß das schöne Leben im Besitz von Dingen besteht, welche dem Moderator vor die Nase gehalten wurden oder, weit weniger wahrscheinlich, dort zufällig hingen.

Und das ist nun die Direktion der Pharisäer, daß sie frivolen Moderatoren Angebote für ein schönes Leben machen, wobei sie ebenso wie die Moderatoren davon ausgehen, daß das eigenständige Wollen der Menschen vernachlässigt werden kann.

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