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24. März 2023

Methoden der weltanschaulichen Formung

Der gestrige Beitrag suggeriert vielleicht, daß die weltanschauliche Formung durch Aufhetzung, Reinreiten und Verwirrung erfolgt, aber dem ist nicht so, auch wenn sie meistens bis zu einem gewissen Grad von diesen Erscheinungen flankiert wird, welche aber zu sehr auf spezielle Lebensverhältnisse zugeschnitten sind, als daß die weltanschauliche Formung üblicherweise durch sie erfolgen könnte.

Das Ziel der weltanschaulichen Formung ist es,
  • Gelübde unabhängig von der Vorliebe zu erzeugen,
  • Verpflichtungen unabhängig vom Gewissen und
  • Anerkennungen unabhängig vom (subjektiven) Glauben,
und die Menschen dazu zu bringen,
  • sich einem Korsett anzuschmiegen, welches schließlich zum Skelett wird,
  • sich Zügel anzulegen, welche schließlich zu Scheuklappen werden, und
  • ein Besteck zu benutzen, welches schließlich zum Prisma wird,
wozu
  • die Wertschätzung dahingehend manipuliert wird, daß das Unannehmliche annehmlich erscheint,
  • der Stolz dahingehend, daß das Unwichtige wichtig erscheint, und
  • die Liebe dahingehend, daß das Beliebige natürlich erscheint.
Übrigens, wo wir das gerade betrachten: Bei der weltanschaulichen Formung liegt ein Symmetriebruch vor, nämlich indem
  • das Begegnen die Auslösung einschränkt,
  • das Umsetzen die Verfolgung und
  • das Einordnen die Einlösung
und nicht etwa das Begegnen die Verfolgung, das Umsetzen die Auslösung und das Einordnen die Einlösung, aber so verhält es sich eben.

Bevor wir nun ins Detail gehen und von Annehmlich-, Wichtig- und Natürlichmachung handeln, noch eine grundsätzliche Betrachtung zur Unterrichtung: Es gibt drei Tiefen des Verständnisses,
  1. das logische Abstrakt in Form von Aussagen,
  2. auf anschauliche Gegenstände bezogene Verhältnisse und
  3. das Verständnis der ursächlichen Zusammenhänge,
und die weltanschauliche Formung kann sich der dritten nicht bedienen, weil sie zur Wahrheit führt. Wenn sie sich aber nur der ersten bedient, und das ist in sozialistischen Staaten so, genauer gesagt in der bolschewistischen Tradition der Wiederholung der Parteilinie, so versetzen sich die Menschen nicht in die entworfene Welt, sondern nehmen sie allenfalls zum Maßstab. Es ist aber nötig, daß sie sich in sie versetzen, um das Ziel der weltanschaulichen Formung zu erreichen, denn ein Maßstab bleibt immer etwas aufgezwungenes.

Die Methode der Vorstellung von Verhältnissen an Beispielen hat einen Namen: Theater.

Wir suchen also Formen des Theaters zur Annehmlich-, Wichtig- und Natürlichmachung.

Die Annehmlichmachung erfolgt schlicht durch (staatlich angeregte) soziale Anerkennung, Nettigkeiten, welche jenen zukommen, welche das weltanschauliche Gelübde ablegen, beziehungsweise das Gegenteil dessen für jene, welche es nicht tun.

Die Wichtigmachung erfolgt durch die Rühmung jener, welche sich um die Sache, welche an Wichtigkeit gewinnen soll, verdient gemacht haben oder sich auch nur angeblich verdient machen. Will ich etwa, daß sich die Leute um individuelle Selbstbestimmung bemühen, so mache ich Leute wie Amanda Lear zu Stars. Die so geförderte individuelle Selbstbestimmung ist freilich nichts anderes als eine Puppe, welche den Leuten zum spielen gegeben wird, damit sie sich mit jenen identifizieren, welche ihr Spiel mit ihnen treiben: Sie gibt den Ohnmächtigen das Gefühl, Macht zu haben, und bringt sie dazu, sich mit den Mächtigen zu verbrüdern.

Und die Natürlichmachung erfolgt durch selektive Berichterstattung von Begebenheiten, welche in ein bestimmtes Muster passen.

Das Problem eines sozialistischen Staats ist, daß er mißgünstig ist, hierbei und sonst auch, hierbei, weil er es den Menschen nicht überlassen mag, soziale Anerkennung auszuteilen, weil er es ihnen nicht gönnt, zu Stars aufzusteigen, und weil er sich die Analyse des Weltgeschehens selber vorbehält, anstatt seine Bürger bei ihr anzuleiten. Es sollte aber klar sein, daß dies hinsichtlich ihrer Lenkbarkeit lediglich einen psychologischen Unterschied macht und keinen bezüglich Korsett, Zügeln und Besteck, und zwar indem es diesen anschauliche Plausibilität verleiht.

Ich sagte, daß niemand ohne den Segen der katholischen Kirche in westlichen Gesellschaften erfolgreich Theater spielen kann. Abgesehen von den Agenten ihrer linken Hand liegt das daran, daß die Agenten ihrer rechten zu jeder Zeit die Kontrolle über soziale Permissibilität, gemeinschaftlichen Verdienst und öffentliche Aufmerksamkeit haben, und jeder, der das bezweifelt, hat nicht alle Tassen im Schrank. Auch kann die katholische Kirche diese Kontrolle nicht verlieren, da jede ihrer diesbezüglichen Verfehlungen sofort vergeben wird, sobald sie sie eingesteht.

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