Bereitschaftsbeitrag

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31. Juli 2010

Kulturell dokumentierte Mangelerscheinungen von Heiligkeit

Es stellt sich die Frage, ob heute im Jahre 2010 Anno Domini jemand die gesellschaftliche Gestaltungsmacht in seinen Händen hält oder nicht, eine Frage, welche ich bejahen würde, da sich kaum irgendwo Beispiele von spontaner gesellschaftlicher Organisation finden.

Nun mag man lange darüber spekulieren, wer diese Macht wohl in seinen Händen hält, wichtiger indes ist es zu verstehen, wohin die Reise geht und warum sie dahin geht und nirgendwo sonst hin.

Ich wurde durch einen Zeitungsbericht über Surfunterricht auf dieses Thema gestoßen. Was ist Surfen eigentlich? Eine Aktivität, ein Lebensstil? Weder noch, denn Surfen ist mehr als eine Aktivität und weniger als ein Lebensstil. Was ist Surfen? Ein Eskapismusgewerbe. Und Surfen ist nicht das einzige Eskapismusgewerbe, es muß auch nicht immer Sport sein oder überhaupt nur Unterhaltungsindustrie, nein, sogar das Religiöse wird mehr und mehr zu einem Eskapismusgewerbe und in Ansätzen auch schon die Bildung.

Noch deutlicher als Eskapismus ist Ausleben für das, was dort gehandelt wird. Ausleben ist der Gegensatz zu Verherrlichen, das einem Triebe Nachgehen, welchen man nicht als heilig erachtet, sondern als irrationales Überbleibsel, welches es durch Sättigung zu zähmen gilt.

Beim Surfen ist es der Bewegungsdrang, beim Religiösen die kindliche Freude an Farben und Formen oder faszinierenden Stoffen und bei der Bildung ist es eine Mischung aus Neugierde und Eitelkeit.

Wir leben in der Zeit der Herrschaft des Pessimismus, das Leben gilt es durch Eskapaden zu überwinden. Wir müssen frei werden, um ins Nichts eingehen zu können. Das Leben selbst ist die Schuld, mit welcher wir geboren werden und welche es zu begleichen gilt.

Dies ist die verblüffende Wahrheit, zwar scheint alles darauf ausgerichtet, das Leben bis in die letzte Faser zu genießen, aber der Zweck dieses Genusses ist, ob man es will oder nicht, die Befreiung von der Lust.

Den heute Herrschenden ist nichts heilig, die Gesellschaft ist ihnen nichts weiter als ein Leib, ihre Wollust zu stillen, bildlich und zum Teil auch tatsächlich gesprochen. Da dies alles auf dem freien Markt geschieht, erlaubt es letztlich jedem, der es will, an diesem Fest teilzunehmen und sich restlos auszuleben.

Die Welt heute ist eine große Stadt, in welche früher die Ländler zogen, um in ihr zu versiegen, doch wer sorgt heute für den Zufluß?

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