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10. September 2010

Grabinschriften

Ich ging jüngst über den Friedhof, einen ausgeprochen schönen Friedhof mit auch so manchem älteren Grab, und las mir dabei die Grabinschriften durch. Sie fielen, würde ich sagen, unter drei Klassen, zum einen Gottes Versprechen, sich um die Toten zu kümmern, zum andern Zustandsbeschreibungen der Toten abstrakterer Art und zum dritten Beteuerungen des Verhältnisses zwischen dem Toten und den Hinterbliebenen.

Ich kann nicht umhin zuzugeben, daß mir das Zitieren biblischen Trostes aus Gottes Mund Trauer bereitet, so als hätte ein Buch die Seele des Verstorbenen verschlungen. Auch wird diese Variante weniger gerne gewählt, wenn jemand vor seiner Zeit verschied. Dann raffen sich die Angehörigen zu persönlicheren Trauerbekundungen auf, wobei, wenn es am meisten weh tut, am wenigsten geschrieben zu werden pflegt, aber gerade ein „Er ruht in Gott.“ ist auch tröstlicher als Sonstiges.

Sonstiges, also etwa „Er lebte für uns, er lebt in uns“, besticht zwar zum Teil durch mehr Mut zum Bekenntnis persönlichen Glaubens, aber auch wenn mich das weniger schmerzt als jene Aussprüche Gottes, so bleibt doch ein schaler Nachgeschmack, daß der Tote von den Seinen sozusagen gepachtet wurde.

Ein Friedhof nur mit „Er ruht in Gott“, „Er ist in Gott“, „Er ist heimgegangen“, „Er ist eingegangen“, „Er heiligte die Flamme“, „Er mehrte sein Talent“, „Er beschloß seine Tage“, „Sein Tag ward voll.“ (wobei die letzten beiden auf einer etwas anderen Linie liegen), wäre vielleicht etwas langweilig, dafür aber ein Ort befreiter Andacht.

Wenigstens wenn es um Grabinschriften geht, denke ich, daß es besser wäre, wenn Gott sich uns nicht in Worten offenbarte, denn Worte sind stets nur Worte, stumme Hülsen ohne die innere göttliche Offenbarung, welche sie erst mit Sinn füllt. Und wenn man es etwas bedenkt, so ist es stets.

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