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21. Juni 2011

Gesinnung und Geist

Wie ich schon sagte sind Gesinnung und Geist nicht mit einander zu verwechseln. Da ich den jungen Geist aber zuletzt suchend nannte und den alten dem Achtenswerten verbunden, erscheint es freilich so, als hätte ich die beiden als philosophisch und heroisch definiert. Diese Bezeichnungen waren hingegen nur der Prägnanz halber für charakteristische Züge jener Geister gewählt worden. Ich werde im folgenden das Nötige sagen, um die Sache zu entwirren.

Per Definitionem ist der Philosoph jener, welcher sich um sein Verständnis kümmert, der Held jener, welcher sich um seine Disziplin (seine Haltung ausschließlich seines Verständnisses) kümmert und der Händler jener, welcher sich um seinen Besitz kümmert. Wie ich auch schon sagte findet im Laufe der geistigen Reifung zwischen diesen eine gewisse Konvergenz statt, da sie die Wichtigkeit der jeweils anderen Bereiche zu erkennen beginnen. Ursprünglich sind sie aber unterschiedlich motiviert, wobei dieser Unterschied zwischen Philosoph und Held wiederum einer Erwägung der Lebensumstände im Kindesalter entspringt.

Der geistig Junge, also der Suchende, kann selbstverständlich Philosoph sein, und wenig ist dazu zu sagen, er sucht nach Antworten auf dumpf empfundene Fragen. Er kann aber auch Held sein, also aus eigenem Antrieb heraus gefährliche Aufgaben für die Gemeinschaft übernehmen. Damit ist aber wiederum nicht seine Unreife gemeint, also daß er die Antworten auf seine Fragen an falscher Stelle sucht, wie es der Abenteurer tut, sondern der Fall, daß selbst sein unsicheres Wesen gemeinschaftliche Gefährdungen klar erkennt. Das Heldentum der Suchenden ist dabei zugleich schmerzhafter und wuchtiger als das der geistig Älteren.

Der geistig Alte, jetzt der dem Achtenswerten Verpflichtete, kann umgekehrt auch Philosoph sein, wenn er nämlich Mißstände in seinem Verständnis bemerkt, üblicherweise Inkonsistenzen, oder aber in derart gesegneten Verhältnissen lebt, daß ihm nichts anderes zu tun einfällt.

Wie gesagt und nun noch einmal beschrieben handelt es sich beim geistigen Alter um den Grad angeborener Gewißheiten, welcher lediglich bestimmt, wie bald das Heroische aufgegeben und das Philosophische ergriffen wird, je jünger, desto eher, daher eben auch die überragende Bedeutung der dem Achtenswerten Verpflichteten für die staatliche Ordnung. Geistige Reife hingegen verwende ich synonym zu geistigem Horizont.

Es bleiben indes noch die Versuchenden zu betrachten, welche ich bei der vorigen Betrachtung noch nicht als Klasse abgespaltet hatte. Diese neigen auch, ihrem geistigen Alter gemäß, zum Heldentum, allerdings ist ihr Heldentum von deutlich unterschiedener Art, nicht darauf gerichtet, Einrichtungen zu verteidigen, sondern darauf, anderen für erst noch aufkommende Gemeinschaftsaufgaben bereitzustehen. Da dies natürlich immer relevant bleibt, ist ein reines Ausweichen in die Philosophie bei ihnen ausgeschlossen, indes ist ihr Klärungsbedarf aufgrund ihrer schwerer faßbaren Ausrichtung größer, wobei sie allerdings charakteristischerweise theoretischen Schwierigkeiten durch praktische Bescheidenheit aus dem Weg gehen. Ist das Wesen der Philosophie der dem Achtenswerten Verpflichteten oft rechthaberisch, so ist das Wesen ihrer Philosophie in der Regel pragmatisch und flächig.

In der zuvor veröffentlichten Karte steht Grün für Dynamik, Blau für Tiefe und die Sättigung für Ordnung. Es besteht zwischen diesen eine natürliche Symbiose, welche allerdings subjektiv als Feindschaft empfunden werden kann und auch wird. Insbesondere blickt die Ordnung oftmals feindselig auf die Dynamik und mit einer gewissen Geringschätzung auf die Tiefe, die Tiefe wiederum argwöhnisch auf die Ordnung und zwischen Begeisterung und Entsetzen hin- und hergerissen auf die Dynamik und die Dynamik schließlich verständnislos auf die Tiefe, aber bewundernd auf die Ordnung.

Man kann daraus so ziemlich alles ableiten, und es stimmt auch, die Geschichte ist ihm gemäß, zum Beispiel, wo Tiefe und Dynamik kodominieren, regiert die Tiefe die Dynamik wie der Vater das Kind. Gewinnt hingegen die Ordnung Einfluß, setzt sie sich bald selbst auf den Thron, zunächst dienend, schließlich unterdrückend, denn sie leided an sich selbst, nicht individuell (da gerade nicht), sondern im Kollektiv.

All dies sollte einen aber nicht davon abhalten, seine eigene Geistesbejahung zu suchen, also jene Geistesteile, welche man bereit ist, zu Teilen des eigenen Lebens zu machen. Dies mag schwer verständlich sein, schließlich kann man seine eigene Klassenzugehörigkeit ja nicht ändern, aber der Sinn des aus der Welt herausgelösten Bewußtseins besteht gerade darin zu entscheiden, welche Teile der Welt es wieder in sich aufnimmt.

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