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13. Oktober 2011

Abschließende Erörterung des „Heldenproblems“

Nach meiner jetzigen Betrachtungsweise entsteht das bereits früher mehrfach angesprochene Heldenproblem daraus, daß eine Kultur Achtenden, welche heroisch gesinnt sind, oder auch achtenden Cholerikern, keinen Rahmen vorgibt, in welchen sie einbezogen sind.

Im Gegensatz zu Suchenden, welche ihren Rahmen stets aus sich heraus entwickeln, und Versuchenden, welche die konkrete menschliche Gemeinschaft, in welcher sie leben, stets unhinterfragt als Rahmen annehmen, ist es bei den Achtenden leider so, daß sie nur darauf warten, daß jemand kommt und ihnen sagt, was ihr Rahmen ist und was nicht.

Westeuropa wird von Achtenden dominiert, insbesondere auch Großbritannien, und es ist von daher eigentlich zu erwarten, daß die heute vorherrschende Kultur an Achtende angepaßt ist. Daß dem nicht so ist, liegt am Niedergang der Kultur, welche diese Vorherrschaft begründet hat, nämlich dem der englischen Monarchie.

An ihre Stelle ist eine Lehre getreten, nach welcher jeder Mensch gefälligst Materialist, oder auch Sanguiniker, zu sein hat. Ausgeheckt haben diese Idee Händler, welche auf Grund ihres Broterwerbs stets materialistisch vorselektiert sind, und wie die übrigen Geister in der Geschichte der Menschheit zuvor unzählige Male auch, nahmen sie die universelle Gültigkeit ihrer angeborenen Weltsicht frohen Mutes an.

Freilich mit bizarren Begleiterscheinungen, da nur eine verschwindend kleine Minderheit der Westeuropäer von Natur aus Sanguiniker sind, während es andernorts derselben durchaus viele gibt. (Somalia hält diesbezüglich wohl den Weltrekord, und erreicht wahrscheinlich sogar das theoretische Maximum. Es ist nicht ohne Grund, daß die Vereinigten Staaten genau dort keinen Erfolg haben, wo die Menschen sich von Natur aus exakt so verhalten, wie es die amerikanische Lehre vorschreibt. Der Erfolg der Vereinigten Staaten besteht stets darin, einen kulturellen Rahmen zu zerstören, doch Sanguiniker haben gar keinen, da sie weder Choleriker sind, noch unter anderen Umständen sein könnten. Genau genommen können die Vereinigten Staaten dort und nur dort erfolgreich sein, wo sie das hier behandelte Heldenproblem auslösen können.)

Für den Achtenden bedeutet diese Lehre indes, daß er seinen gesellschaftlichen Widerhall, seine Anerkennung, nicht mehr im Dienst für etwas, davon später mehr, sucht, sondern vielmehr davon ausgeht, daß mit der Verleihung gewisser Würden, dem Erreichen eines gewissen Status' für andere die Pflicht einhergeht, ihn anzuerkennen. Läßt diese dennoch zu wünschen übrig, macht ihn das erstens wütend und zweitens nur noch hungriger. Und auf diese Weise verwandelt er sich von einem Helden in einen Brandschätzer.

Nun muß man aber gerechterweise sagen, daß sich diese Wendung, auch wenn sie der amerikanischen Lehre entspricht und ihr Eintreten deswegen von den Vereinigten Staaten auch stets als Erfolg gewertet wird, nicht zwangsläufig aus der amerikanischen Hegemonie ergibt. Die amerikanische Hegemonie als internationaler Ordnungsrahmen kann durchaus als positiver Einfluß gesehen werden, allerdings nur, wenn man selbst die Stärke besitzt, der in ihm vorherrschenden Ideologie zu widerstehen und ebenso auch den in ihm geäußerten speziellen Wünschen. Langfristig, über mehrere Generationen hinweg, scheint das hingegen fast unmöglich.

Soviel zu Natur und Ursache des Heldenproblems. Gehen wir nun den unterschiedlichen möglichen Rahmen nach, in welche Achtende einbezogen sein können. Da wären zunächst die menschlichen, ob es nun die Menschen eines Landes, einer Gemeinde oder auch nur die eigene Familie ist, wobei mit letzterer aber nicht die Kernfamilie gemeint ist, sondern das fortlaufende Band der Generationen. In allen diesen Fällen hat der Achtende etwas, dessen Wohl er ermessen kann, dem er sich zu Dienst verpflichtet fühlen kann und in dem sein Verdienst von Anderen ermessen wird, das kann man so bestimmt sagen, denn jede Statistik wird vom Gesetz der großen Zahlen beherrscht - nun, im Falle der Familie hat es anderer Gründe, aber auch dort gilt es mit Sicherheit. Einen solchen Rahmen bildet aber auch die Natur, wobei ihre Anerkennung darin besteht, Leben zu ermöglichen. Allerdings ist das so zu undeutlich gefaßt, man muß fragen, was für ein Leben das ist. Die naivste Auffassung ist, daß es ein Leben in der Schönheit der Natur ist, welchem man sich einerseits verpflichtet fühlt, und durch welches man andererseits belohnt wird. Als nächstes käme ein Leben in Stärke, dann ein Leben in Unerschrockenheit und schließlich die feiner ausgefeilten Lebensauffassungen, welche sich bereits mehr auf angenommene göttliche Prinzipien, denn auf die Natur selbst stützen.

Beispiele für derartige Rahmen wird man in der Geschichte der Menschheit zu Hauf finden. Übrigens zeigt sich die Unart anzunehmen, daß es nur Menschen vom eigenen Geist gibt, auch in den Missionsbemühungen einiger angelsächsischer christlicher Gemeinden, deren Auffassung vom Christentum in einer der zuletzt beschriebenen Annahmen göttlicher Prinzipien besteht, welche für sie die Schönheit des Lebens ausmachen, was mich, der ich kein Achtender, sondern ein Suchender bin, stets leicht irritiert hat. Da kommt jemand, der das Glück kennt, und will mir, der ich Gott kenne, erzählen, was der rechte Weg ist.

Andererseits, wo ich gerade darauf eingegangen bin, ist es natürlich auch so, daß die Vereinigten Staaten auch deshalb noch leben, weil es innerhalb ihrer mehrere solche, recht robuste, Rahmen gibt, welche der eigentlichen Staatsdoktrin erfolgreich widerstehen.

Um die Frage zu beantworten, welche Lebensauffassung ich für die Achtenden am liebsten sähe, muß man natürlich danach fragen, welche Lebensauffassung am besten geeignet ist, sie in eine ganzheitliche Gesellschaft bestehend aus Suchenden, Achtenden und Versuchenden, wie sie mir vorschwebt, einzubinden. Die Antwort ist dann trivial, offenbar geht es gerade darum, das Leben in just so einer Gesellschaft zu schätzen, sich ihm verpflichtet zu fühlen und durch es belohnt zu werden. Der entsprechende Utopieentwurf findet sich ja bereits unter den ersten Einträgen dieses Blogs.

Übrigens stellt sich das Heldenproblem aus Sicht der Suchenden und Versuchenden weniger als ein Brandschatzungsproblem dar, denn als ein Anmaßungsproblem. Der Grund dafür besteht aber gerade in der Zerstörung eines natürlichen Anerkennungskreislaufs, wie ich ihn oben beschrieben habe.

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