Gebäude des Glaubens
Ich schrieb, daß wir alle mit einer Seinsheimat beginnen, welche wir dann, indem wir erfahrener werden, den tatsächlichen Verhältnissen dadurch anpassen, daß wir sie um den rechten Umgang mit diesen Verhältnissen erweitern.
Diese Erweiterung ändert aber nichts am ursprünglichen Charakter unseres Glaubensgebäudes, nämlich daß es umfassend ist, daß es eine Welt formuliert, in welcher wir zu leben beabsichtigen.
Die Welt aber vermessen wir einerseits danach, was uns in ihr begegnet und andererseits danach, welche Gestaltungsfreiräume sie uns bietet, und auf diese beiden Dimensionen bezieht sich jedes Glaubensgebäude.
Begegnen tun uns in der Welt natürlich vor allem anderen Menschen. Also wird jeder Glauben eine Vorstellung des menschlichen Umgangs mit einander enthalten. Diese Vorstellungen sind indes recht leicht überschaubar, zunächst lassen sie sich danach unterscheiden, ob der gegenseitige Umgang Dienst oder Kampf ist, also ob er der Gestaltungsfreiheit untergeordnet wird oder nicht, was natürlich wieder die sattsam bekannte Unterscheidung ist, ob jemand kein Materialist ist oder doch, und für den Fall, daß er Dienst ist, dann danach, ob dieses Kümmern um andere geschwisterlich zupackend oder elterlich anleitend ist, worin sich die heroische und die philosophische Gesinnung zeigen. Die Heilsvorstellungen des menschlichen Umgangs mit einander entsprechen also direkt den drei Temperamenten.
Was uns sonst noch begegnet, sind Schönheit und Ungemach, welche indes gleich wieder unter unseren Umgang mit einander fallen, da die eigentliche Frage dabei ja lautet, wie wir sie unter einander verteilen. Konkret sehen Materialisten letzte Zwecke in ihnen und die übrigen Verhandlungsmasse, Währung gegenseitiger Entlohnung, letzteres ein Konzept, welches Materialisten nicht kennen, für sie liegt die einzige menschliche Leistung im Erwerb, so etwas wie einen interessenausgleichenden Zurückhaltungsvertrag kennen sie nicht, da sie kein Interesse an Zurückhaltung haben.
Es bleibt also nur unsere Gestaltungsfreiheit zu behandeln. Materialisten kennen diese Dimension als solche natürlich auch, aber sie ist ihnen nur die Zeit, welche ihnen offensteht, um dem zu begegnen, welchem sie begegnen möchten. Das Glaubensgebäude eines Materialisten wird also immer auf die Bereitstellung einer geeigneten Wettkampfstätte hinauslaufen, daß jemand den Sieg bezeuge, den Erwerb anerkenne, aber auch die Möglichkeit ständiger Herausforderung schaffe.
Was die anderen angeht, so hegen sie also Vorstellungen einer Welt, in welcher die Menschen zur Gestaltung befreit sind. Daß nicht ein Mensch sein Gestaltungsrecht wider das Recht seines Nächsten auslebt, ist ihnen, als moralischen Vorstellungen gleicher Rechte, auch eigen. Was diese Vorstellungen hingegen unterscheidet ist die Grenze, welche zwischen privaten und öffentlichen Rechten verläuft, also was dem Recht der Öffentlichkeit entzogen ist und was nicht.
Generell läßt sich sagen, daß ein großer Geist die privaten Rechte eher zurückdrängen wird als ein kleiner, aber dies so offen auszusprechen, wo ich ja bereits den Gegensatz zwischen Suchenden und Versuchenden einerseits und Achtenden andererseits in dieser Frage behandelt habe, führt zu leicht fragwürdigen Gleichsetzungen.
Es scheint mir indes zwingend, daß ein höherer Grad an öffentlichem Recht mit einem Bewußtsein der eigenen Erhabenheit, so einer sich bereitwillig an es hält, einhergehen muß.
All dies sage ich von echtem Glauben, welcher das Herz füllt und treibt, nicht von den im vorletzten Beitrag erwähnten Surrogaten. Über diese will ich auch keinen Überblick geben. Indes bleibt an dieser Stelle festzuhalten, in wiefern die existierenden Glaubensgebäude an der Welt zu scheitern pflegen.
Es ist nämlich so, daß, obwohl dies der ureigene Charakter eines jeden Glaubensgebäude ist, die meisten Menschen mit ihren Glaubensgebäuden nicht mehr der ganzen Welt gedenken, sondern für gewöhnlich nur noch winzigen Ausschnitten ihrer, welche sie um sich selbst herum abgesteckt haben.
Ein Grund dafür ist, daß ihnen das Verständnis dafür fehlt, ihrem Gebäude Räume anzufügen, welche nach dem Glauben anderer gestaltet sind, ein anderer, daß sie sich durch jene Surrogate verwirren lassen. Jedenfalls ist ihren Gebäuden als partiellen Heils- und Rechtsvorstellungen ihre Unheilig- und -gerechtigkeit gemein, heute vornehmlich in Form politischer und wirtschaftlicher Passivität.
Eine Verständigung zwischen verschiedenen vollständigen Glaubensgebäuden ist hingegen möglich, wenn man nur das Lebens- und Entwicklungsrecht von unterschiedlichen Gebäuden dominierter Kulturen anerkennt und innerhalb dieser das Recht der Mehrheit, ihren Glauben zum kulturstiftenden zu machen.
Diese Erweiterung ändert aber nichts am ursprünglichen Charakter unseres Glaubensgebäudes, nämlich daß es umfassend ist, daß es eine Welt formuliert, in welcher wir zu leben beabsichtigen.
Die Welt aber vermessen wir einerseits danach, was uns in ihr begegnet und andererseits danach, welche Gestaltungsfreiräume sie uns bietet, und auf diese beiden Dimensionen bezieht sich jedes Glaubensgebäude.
Begegnen tun uns in der Welt natürlich vor allem anderen Menschen. Also wird jeder Glauben eine Vorstellung des menschlichen Umgangs mit einander enthalten. Diese Vorstellungen sind indes recht leicht überschaubar, zunächst lassen sie sich danach unterscheiden, ob der gegenseitige Umgang Dienst oder Kampf ist, also ob er der Gestaltungsfreiheit untergeordnet wird oder nicht, was natürlich wieder die sattsam bekannte Unterscheidung ist, ob jemand kein Materialist ist oder doch, und für den Fall, daß er Dienst ist, dann danach, ob dieses Kümmern um andere geschwisterlich zupackend oder elterlich anleitend ist, worin sich die heroische und die philosophische Gesinnung zeigen. Die Heilsvorstellungen des menschlichen Umgangs mit einander entsprechen also direkt den drei Temperamenten.
Was uns sonst noch begegnet, sind Schönheit und Ungemach, welche indes gleich wieder unter unseren Umgang mit einander fallen, da die eigentliche Frage dabei ja lautet, wie wir sie unter einander verteilen. Konkret sehen Materialisten letzte Zwecke in ihnen und die übrigen Verhandlungsmasse, Währung gegenseitiger Entlohnung, letzteres ein Konzept, welches Materialisten nicht kennen, für sie liegt die einzige menschliche Leistung im Erwerb, so etwas wie einen interessenausgleichenden Zurückhaltungsvertrag kennen sie nicht, da sie kein Interesse an Zurückhaltung haben.
Es bleibt also nur unsere Gestaltungsfreiheit zu behandeln. Materialisten kennen diese Dimension als solche natürlich auch, aber sie ist ihnen nur die Zeit, welche ihnen offensteht, um dem zu begegnen, welchem sie begegnen möchten. Das Glaubensgebäude eines Materialisten wird also immer auf die Bereitstellung einer geeigneten Wettkampfstätte hinauslaufen, daß jemand den Sieg bezeuge, den Erwerb anerkenne, aber auch die Möglichkeit ständiger Herausforderung schaffe.
Was die anderen angeht, so hegen sie also Vorstellungen einer Welt, in welcher die Menschen zur Gestaltung befreit sind. Daß nicht ein Mensch sein Gestaltungsrecht wider das Recht seines Nächsten auslebt, ist ihnen, als moralischen Vorstellungen gleicher Rechte, auch eigen. Was diese Vorstellungen hingegen unterscheidet ist die Grenze, welche zwischen privaten und öffentlichen Rechten verläuft, also was dem Recht der Öffentlichkeit entzogen ist und was nicht.
Generell läßt sich sagen, daß ein großer Geist die privaten Rechte eher zurückdrängen wird als ein kleiner, aber dies so offen auszusprechen, wo ich ja bereits den Gegensatz zwischen Suchenden und Versuchenden einerseits und Achtenden andererseits in dieser Frage behandelt habe, führt zu leicht fragwürdigen Gleichsetzungen.
Es scheint mir indes zwingend, daß ein höherer Grad an öffentlichem Recht mit einem Bewußtsein der eigenen Erhabenheit, so einer sich bereitwillig an es hält, einhergehen muß.
All dies sage ich von echtem Glauben, welcher das Herz füllt und treibt, nicht von den im vorletzten Beitrag erwähnten Surrogaten. Über diese will ich auch keinen Überblick geben. Indes bleibt an dieser Stelle festzuhalten, in wiefern die existierenden Glaubensgebäude an der Welt zu scheitern pflegen.
Es ist nämlich so, daß, obwohl dies der ureigene Charakter eines jeden Glaubensgebäude ist, die meisten Menschen mit ihren Glaubensgebäuden nicht mehr der ganzen Welt gedenken, sondern für gewöhnlich nur noch winzigen Ausschnitten ihrer, welche sie um sich selbst herum abgesteckt haben.
Ein Grund dafür ist, daß ihnen das Verständnis dafür fehlt, ihrem Gebäude Räume anzufügen, welche nach dem Glauben anderer gestaltet sind, ein anderer, daß sie sich durch jene Surrogate verwirren lassen. Jedenfalls ist ihren Gebäuden als partiellen Heils- und Rechtsvorstellungen ihre Unheilig- und -gerechtigkeit gemein, heute vornehmlich in Form politischer und wirtschaftlicher Passivität.
Eine Verständigung zwischen verschiedenen vollständigen Glaubensgebäuden ist hingegen möglich, wenn man nur das Lebens- und Entwicklungsrecht von unterschiedlichen Gebäuden dominierter Kulturen anerkennt und innerhalb dieser das Recht der Mehrheit, ihren Glauben zum kulturstiftenden zu machen.
Labels: 03, geschichte, gesetze, institutionen, φιλοσοφία