Bereitschaftsbeitrag

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23. Dezember 2011

Von der Bedeutung der Jugendzeit

Ich bin geneigt zu behaupten, daß das, was das Leben gut oder schlecht macht, größtenteils dadurch gegeben ist, wie weit lebensrelevante Techniken innerhalb der Bevölkerung verbreitet sind.

Bei allgemeiner Verbreitung spricht man von Kulturtechniken, Lesen, Schreiben und Rechnen, so in etwa. Sprechen natürlich auch. Gehen möchte ich dann vielleicht doch lieber nicht einschließen, Autofahren hingegen mancherorts durchaus.

Das entscheidende an diesen Techniken ist, daß sie von einem Mitglied einer Gesellschaft in seinem Umgang mit anderen Mitgliedern dieser Gesellschaft vorausgesetzt werden dürfen. Es ist doch schön, wenn ich ein Schild an meine Ladentür hängen kann, auf welchem steht, daß ich um halb Eins wieder zurück bin. Was müßte ich sonst tun?

Eine Gesellschaft, welche diese Dinge nicht voraussetzen kann, bürdet allen ihren Mitgliedern Lasten auf, welche die Erlernung dieser Techniken bei weitem überwiegen. Und letztlich steckt in dieser Beobachtung der Kern kultureller Überlegenheit und ebenso des Wunsches der Menschen lieber einer Kultur als einer anderen anzugehören.

Allerdings muß man an dieser Stelle eine kleine Einwendung machen, Kulturtechniken müssen nicht per se den Mitgliedern einer Gesellschaft dienen, sie mögen auch ausschließlich im Interesse der Regierung dieser Gesellschaft sein, in welchem Fall es im Interesse der Menschen ist, die entsprechende Technik zu sabotieren, um den Kontrollaufwand zu erhöhen.

Es geht mir allerdings in diesem Beitrag gar nicht zuvörderst um Kulturtechniken, sondern um den handfesten Nutzen der Verbreitung jeglicher lebensrelevanter Technik für die Gesellschaft.

Mit letzterem meine ich nicht den trivialen Nutzen einer Technik, ein bestimmtes Problem zu lösen, sondern wie oben bereits im Spezialfall beschrieben, den indirekten Nutzen für eine Gesellschaft, welcher dadurch entsteht, daß die verbreitete Fähigkeit zu einer Problemlösung neue gesellschaftliche Transaktionen begründet.

Zwei weitere, nahe mit einander verwandte, Beispiele, welche keine Kulturtechniken beschreiben. Angenommen ein Großteil einer Gesellschaft weiß recht gut darüber Bescheid, wie es unter der Motorhaube eines Autos aussieht und kann auch selbst die nötigen mechanischen Eingriffe vornehmen, um die gewünschten Modifikationen zu erzielen, so führt dieses zwangsläufig dazu, daß der Autoeinzelteilhandel aufblüht und sich das Augenmerk der Konsumenten mehr auf die Qualitäten dieser Einzelteile richtet als auf die Form des Bleches, in welche sie eingekleidet sind. Und ja, ein solcher Markt ist überlegen, technisch und psychologisch, denn jede substantielle Involvierung in einen Produktionsprozeß ist sinn- und glückstiftend. Das zweite Beispiel betrifft in analoger Weise den Computer. Wenn ein Großteil einer Gesellschaft mit dem Betriebsystem eines Computers als Programmierer umzugehen weiß, so entsteht dadurch ein Markt für Programmodule, welcher wiederum dem Markt für Softwarepakete technisch und psychologisch überlegen ist. In beiden Fällen ist es aber erst die Masse, welche den entsprechenden Markt erzeugt, also, mit anderen Worten, die Verbreitung der Technik.

Ich äußerte mich natürlich schon vor Jahren in allgemeiner Weise zu diesem Punkt, also daß die Wirtschaft modular auszurichten sei. Aber hier möchte ich die psychologische Linie weiterverfolgen, und dazu möchte ich nun abschließend auch noch das folgende Beispiel bringen, nämlich Jagd- und Fischfangkenntnisse, deren Marktrelevanz zwar eher nicht gegeben ist, welche aber mustergültig vor Augen führen, wie die Beherrschung einer Technik das eigene Leben bereichern kann.

Und darum geht es in der Jugend, daß man Techniken lerne, welche das eigene und das Leben der Gesellschaft bereichern. So man eine solche Technik gelernt hat, trägt man im Alter mit jeder Anwendung derselben dazu bei, daß das eigene Leben, und zumeist auch das von anderen, glückt. Dies ist der fundamentale Punkt, an welchem sich das Schicksal einer Gesellschaft entscheidet. Dieses gilt es zu lehren. Dazu gehören durchaus auch die Veredelung von Obstbäumen und die Methode des axiomatischen Beweisens, wie sie in der höheren Mathematik Anwendung findet. Die Spanne ist sehr weit. Aber dessen ungeachtet wird nur in der Grundschule aus diesem Feld unterrichtet und später dann so gut wie gar nichts mehr.

Und tragischerweise wendet sich auch der Hobbybereich von diesen Dingen ab, teils aus Gründen (unnötig) wachsender Komplexität, teils aus Gründen der Unterhaltungssättigung.

Und also wird unser Leben schlechter, genau an der Stelle vollzieht es sich. Man sollte sie kennen, um an ihr einzugreifen. Freilich, die Anbieterseite will keine fordernde Verbraucherseite, denn sie ist ihr marktimmanenter Feind, und also hat sie durchaus bewußt zum Schlechten hin gewirkt, daß sie es aber konnte, liegt in erster Linie daran, daß es weder ein Bewußtsein für, noch eine politische Möglichkeit zur Umsetzung von die gesellschaftliche Entwicklung betreffenden Pflichten gibt, ein Mißstand, welcher sich unmittelbar aus der Grundannahme des Marktes, daß man, um selbst Gefälligkeiten zu erhalten, anderen gefällig zu sein habe, ergibt, denn so bleibt das Bemühen um eigene Anliegen zwangsläufig außen vor.

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