Nochmals zur heutigen geschichtlichen Situation
Geschichte zu erfassen ist schwierig. Wenn man sich beispielsweise eine Liste der europäischen Kriege des 18ten Jahrhunderts vor Augen führt, so findet man nichts weiter als einen Haufen herrschsüchtiger Familien, welche nach Anlässen und Allianzen Ausschau hielten, um ihren Herrschaftsbereich gewaltsam zu vergrößern.
Die schiere Monotonie dieses Treibens läßt in einem bereits die Gewißheit keimen, daß es zu keiner Zeit und unter keinen Umständen anders sein könnte. Und doch ändern sich die Zeiten ja, sie ändern sich, obwohl sich das Verhalten der Menschen nicht ändert.
Aber was sich dann noch einzig ändern kann, das sind die Gelegenheiten, sich zu verhalten.
Was aber bestimmt die Gelegenheiten?
Nun, zum einen sicherlich der technische Entwicklungsstand. Und sonst? Viel bleibt da nicht, und doch, etwas bleibt: nie läßt sich die Vitalität, mit welcher die Menschen ihre Herrscher tragen, wegdenken.
Die Entwicklungsrichtung des 18ten Jahrhunderts ist deutlich genug, Katholiken siegen über Muslime, Protestanten über Katholiken, der Aufstieg des Nationalismusses und seine Krönung und gleichzeitige Enthauptung im Ersten Weltkrieg lassen sich bereits klar vorhersehen, als das natürliche Gefäß der größten Machtentfaltung der schon im 18ten Jahrhundert stärksten Kräfte.
Es hat nicht lange gedauert, bis sich die Gelegenheiten nach dieser Krise durch die atomare Abschreckung grundlegend ändern sollten. Indes kann der weitere technische Fortschritt das Eis nur brüchiger machen.
Wie sieht es andererseits mit der Vitalität der Menschen aus?
Der protestantische Nationalismus wurde als Leitbild weitgehend durch einen Korporatismus, welchen man wohl ehrlicherweise nur als Faschismus bezeichnen kann, ersetzt, und das ebenfalls mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Daß sich der Faschismus heute nicht stolz so nennt, liegt einzig an seinen Jugendsünden.
Dieser Faschismus ist aber nicht letztbegründet, sondern eine technische Bequemlichkeit, deren Vorzug darin besteht, ad hoc aus dem Chaos Ordnung zu stiften, und als solche ist er nicht glaubensbindend. Gemäß der Einteilung des I Ching war der protestantische Nationalismus eine Herrschaft der drei geschlossenen Linien (dreimal Yin im oberen Trigramm), der Faschismus jetzt ist eine, in welcher die oberste Linie unterbrochen ist und die Tendenz besteht, daß auch die mittlere zu Yang übergeht, die Zeichen für Altes Yin in ihr sind überdeutlich.
Und was heißt es für die Vitalität der Menschen, welche ihre Herrscher tragen, wenn ihre Herrscher also die Fähigkeit verloren haben, ihren Glauben zu binden und dabei sind auch die Fähigkeit zu verlieren, ihr Zusammenspiel zu erwirken? Denn freilich können Herrscher ihren Untergebenen nur das geben, was sie selbst unter einander besitzen, Einigkeit im Glauben genauso wie Einigkeit im Zusammenspiel, wobei was starr ist, bald zerbricht.
Nun, nichts Gutes, offensichtlich. Ihr Leben wird eingeengter, sie verlieren ihre Vitalität.
Folgte man dieser Entwicklung, landete man bei Anarchie, aber da die in keines Interesse liegt, wird es also zu einer stagnativen Konsolidierung kommen, das heißt ein Rückfall auf zwischenzeitlich verworfene, aber altbewährte Muster.
Zugleich ergibt sich in der jetzigen Übergangsphase aber auch ein gewaltiges Potential zu grundlegender Neuorganisation, wenn nur der Wille zur Radikalität vorhanden ist, gepaart freilich mit dem Willen, die Ernte der Vergangenheit einzufahren. Radikalität heißt aber, seine Wurzeln aus dem Alten auszureißen und sie neu einzuschlagen. Radikalität ist die ewige Option der einfachen Menschen in Zeiten des Verfalls ihrer Herrscher. Osteuropa ist aus naheliegenden Gründen bereits weitestgehend radikalisiert, im Rest Europas steht es noch aus.
Wahrscheinlich gibt es nicht wenige, welche hoffen, sie könnten diese Prozesse künstlich einleiten oder steuern, daran glaube ich aber nicht. Radikalität ist die Reaktion auf einen Schlag in den Magen, und wie sollte man einen Schlag in den Magen simulieren?
Wahrscheinlich ist diese Sicht besser geeignet, die jetzige Phase zu verstehen, als die Fixierung auf den Protestantismus, welcher nur ein radikaler Aufbruch auf der Grundlage des Christentums ist und als solcher natürlicherweise neben einer Reihe möglicher anderer stehen sollte, welchen indes ein gemeinsames Motiv zu Grunde liegen müßte, eine geteilte Idealvorstellung gemeinchaftlicher Neuordnung, gesellschaftlicher Identität.
Es ist wichtig, daß die Menschen, welche sich an diesem Prozeß beteiligen, sich als eine Gruppe mit einem gemeinsamen Interesse verstehen und sich entsprechend verhalten, daß sie nicht aufgrund bestehender Berührungspunkte mit anderen Parteien Aktionen unterstützen, welche sich negativ auf ihre Zukunftsaussichten auswirken. Dies ist ihr einziger Trumpf, daß sie sich nicht teilen lassen. Ihr Glaube ist stärker, wie ein Diamant härter ist als Glas, und sich von ihm nicht ritzen läßt.
Der technische Entwicklungsstand ist hingegen zunehmend unübersichtlich und wie gesagt tendentiell Gewalt befördernd. Allerdings, die großen Städte der Erde gleichen Honigtöpfen, von welchen die Herrscher der Welt zehren, ihre ganze Macht konzentriert sich da, und das macht sie erpreßbar. Um diese Pfründe werden sie spielen, den Rest erhalten sie dazu geschenkt. Das wenigstens ist sicher. Gerade die relative Ohnmacht und Unwichtigkeit des einfachen Volkes schützt es vor den Begierden der Herrschenden. Nur wer auf einem großen Goldvorkommen oder ähnlichem sitzt, muß sich mit Ausweichstrategien beschäftigen.
Nichtsdestotrotz muß sich die Menschheit neu orientieren, da ihre jetzige Fixierung auf Technik das Tote über das Lebendige erhebt. Ein geistiger Rahmenwechsel größeren Ausmaßes steht unausweichlich bevor. Indes mag dies alles gelassener von Statten gehen, als man meinen könnte. Wer noch stolpern muß, der wird noch stolpern, und unangenehm muß sein Fall sein, aber wer schon gestolpert ist, den mag womöglich auch einmal ein lauschiges Wegstück erwarten.
Der Mensch ist noch nicht an seinem Ende.
Die schiere Monotonie dieses Treibens läßt in einem bereits die Gewißheit keimen, daß es zu keiner Zeit und unter keinen Umständen anders sein könnte. Und doch ändern sich die Zeiten ja, sie ändern sich, obwohl sich das Verhalten der Menschen nicht ändert.
Aber was sich dann noch einzig ändern kann, das sind die Gelegenheiten, sich zu verhalten.
Was aber bestimmt die Gelegenheiten?
Nun, zum einen sicherlich der technische Entwicklungsstand. Und sonst? Viel bleibt da nicht, und doch, etwas bleibt: nie läßt sich die Vitalität, mit welcher die Menschen ihre Herrscher tragen, wegdenken.
Die Entwicklungsrichtung des 18ten Jahrhunderts ist deutlich genug, Katholiken siegen über Muslime, Protestanten über Katholiken, der Aufstieg des Nationalismusses und seine Krönung und gleichzeitige Enthauptung im Ersten Weltkrieg lassen sich bereits klar vorhersehen, als das natürliche Gefäß der größten Machtentfaltung der schon im 18ten Jahrhundert stärksten Kräfte.
Es hat nicht lange gedauert, bis sich die Gelegenheiten nach dieser Krise durch die atomare Abschreckung grundlegend ändern sollten. Indes kann der weitere technische Fortschritt das Eis nur brüchiger machen.
Wie sieht es andererseits mit der Vitalität der Menschen aus?
Der protestantische Nationalismus wurde als Leitbild weitgehend durch einen Korporatismus, welchen man wohl ehrlicherweise nur als Faschismus bezeichnen kann, ersetzt, und das ebenfalls mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Daß sich der Faschismus heute nicht stolz so nennt, liegt einzig an seinen Jugendsünden.
Dieser Faschismus ist aber nicht letztbegründet, sondern eine technische Bequemlichkeit, deren Vorzug darin besteht, ad hoc aus dem Chaos Ordnung zu stiften, und als solche ist er nicht glaubensbindend. Gemäß der Einteilung des I Ching war der protestantische Nationalismus eine Herrschaft der drei geschlossenen Linien (dreimal Yin im oberen Trigramm), der Faschismus jetzt ist eine, in welcher die oberste Linie unterbrochen ist und die Tendenz besteht, daß auch die mittlere zu Yang übergeht, die Zeichen für Altes Yin in ihr sind überdeutlich.
Und was heißt es für die Vitalität der Menschen, welche ihre Herrscher tragen, wenn ihre Herrscher also die Fähigkeit verloren haben, ihren Glauben zu binden und dabei sind auch die Fähigkeit zu verlieren, ihr Zusammenspiel zu erwirken? Denn freilich können Herrscher ihren Untergebenen nur das geben, was sie selbst unter einander besitzen, Einigkeit im Glauben genauso wie Einigkeit im Zusammenspiel, wobei was starr ist, bald zerbricht.
Nun, nichts Gutes, offensichtlich. Ihr Leben wird eingeengter, sie verlieren ihre Vitalität.
Folgte man dieser Entwicklung, landete man bei Anarchie, aber da die in keines Interesse liegt, wird es also zu einer stagnativen Konsolidierung kommen, das heißt ein Rückfall auf zwischenzeitlich verworfene, aber altbewährte Muster.
Zugleich ergibt sich in der jetzigen Übergangsphase aber auch ein gewaltiges Potential zu grundlegender Neuorganisation, wenn nur der Wille zur Radikalität vorhanden ist, gepaart freilich mit dem Willen, die Ernte der Vergangenheit einzufahren. Radikalität heißt aber, seine Wurzeln aus dem Alten auszureißen und sie neu einzuschlagen. Radikalität ist die ewige Option der einfachen Menschen in Zeiten des Verfalls ihrer Herrscher. Osteuropa ist aus naheliegenden Gründen bereits weitestgehend radikalisiert, im Rest Europas steht es noch aus.
Wahrscheinlich gibt es nicht wenige, welche hoffen, sie könnten diese Prozesse künstlich einleiten oder steuern, daran glaube ich aber nicht. Radikalität ist die Reaktion auf einen Schlag in den Magen, und wie sollte man einen Schlag in den Magen simulieren?
Wahrscheinlich ist diese Sicht besser geeignet, die jetzige Phase zu verstehen, als die Fixierung auf den Protestantismus, welcher nur ein radikaler Aufbruch auf der Grundlage des Christentums ist und als solcher natürlicherweise neben einer Reihe möglicher anderer stehen sollte, welchen indes ein gemeinsames Motiv zu Grunde liegen müßte, eine geteilte Idealvorstellung gemeinchaftlicher Neuordnung, gesellschaftlicher Identität.
Es ist wichtig, daß die Menschen, welche sich an diesem Prozeß beteiligen, sich als eine Gruppe mit einem gemeinsamen Interesse verstehen und sich entsprechend verhalten, daß sie nicht aufgrund bestehender Berührungspunkte mit anderen Parteien Aktionen unterstützen, welche sich negativ auf ihre Zukunftsaussichten auswirken. Dies ist ihr einziger Trumpf, daß sie sich nicht teilen lassen. Ihr Glaube ist stärker, wie ein Diamant härter ist als Glas, und sich von ihm nicht ritzen läßt.
Der technische Entwicklungsstand ist hingegen zunehmend unübersichtlich und wie gesagt tendentiell Gewalt befördernd. Allerdings, die großen Städte der Erde gleichen Honigtöpfen, von welchen die Herrscher der Welt zehren, ihre ganze Macht konzentriert sich da, und das macht sie erpreßbar. Um diese Pfründe werden sie spielen, den Rest erhalten sie dazu geschenkt. Das wenigstens ist sicher. Gerade die relative Ohnmacht und Unwichtigkeit des einfachen Volkes schützt es vor den Begierden der Herrschenden. Nur wer auf einem großen Goldvorkommen oder ähnlichem sitzt, muß sich mit Ausweichstrategien beschäftigen.
Nichtsdestotrotz muß sich die Menschheit neu orientieren, da ihre jetzige Fixierung auf Technik das Tote über das Lebendige erhebt. Ein geistiger Rahmenwechsel größeren Ausmaßes steht unausweichlich bevor. Indes mag dies alles gelassener von Statten gehen, als man meinen könnte. Wer noch stolpern muß, der wird noch stolpern, und unangenehm muß sein Fall sein, aber wer schon gestolpert ist, den mag womöglich auch einmal ein lauschiges Wegstück erwarten.
Der Mensch ist noch nicht an seinem Ende.
Labels: 06, geschichte, gesellschaftsentwurf, gesetze, i ching, zeitgeschichte, ἰδέα, φιλοσοφία