Bereitschaftsbeitrag

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16. August 2013

Die gegenwärtige ideelle Konfrontation

Die Wurzel der Probleme der Gegenwart besteht im Grad der Konzentration menschlicher Macht, als welcher es erstmals in der bekannten Geschichte der Menschheit erlaubt, die Welt insgesamt menschlichen Begriffen zu unterwerfen, und insbesondere die Menschheit selbst.

Die Erkenntnis dieser Möglichkeit bedingt eine gewisse Haltung, ein Andienen an die Schaltstellen der Macht, eine Verfolgung der neuesten technisch relevanten Forschung, eine Aufgabe des Rechts zu Gunsten der Verteidigung der Macht des eigenen Verbands.

Eine Haltung freilch, welche nicht gerade neu genannt werden kann, im Unterschied zu früher besteht heute nur kein begründeter Rückzugsraum mehr: In dem Maße, in welchem die Welt immer mehr der eigenen Absicht unterworfen werden kann, schwindet die Rechtfertigung, sich nicht um anderer Leute Absichten zu kümmern.

Dies führt nicht nur zu allgemeinem Mißtrauen und der damit einhergehenden Verrohung der Sitten, sondern darüberhinaus ist die so verfolgte Perspektive, eine Welt nach den eigenen Vorstellungen maßzuschneidern, dem menschlichen Wesen nicht gemäß.

Die Geschichte des Turmbaus zu Babel ist eine Geschichte des Scheiterns und wird auch so, und nur so, verstanden: Laß es sein, wenn du nicht auf die Fresse fallen willst. Unser Problem heute ist, daß wir genau wissen, daß der Turm gebaut werden kann und niemand dabei ein Scheitern befürchten muß.

Und was anschließend folgt, ist schlimmer als die Sprachverwirrung, nämlich sich selbst in einem Käfig wiederzufinden, welchen man selbst gebaut hat, die Ausgänge aller Züge, welche man unternehmen kann, im Voraus zu kennen, zu wissen, daß jede verbleibende Überraschung in einen eingeplanten wesentlichen und einen unvorhergesehenen bedeutungslosen Anteil zerfällt.

Daneben gibt es eine andere ewige Haltung, nämlich sich der Welt im Rahmen dessen, was in einen gelegt ist, anzunehmen, ihre Bedeutung für sich und seine Bedeutung für sie zu suchen, darauf vertrauend, daß es einen lebenserhaltenden Ausgleich in allen Nöten gibt, es eine Bewandtnis mit dem eigenen Erleben hat und es eine Verantwortung für die eigenen Entscheidungen gibt. All das beschreibt aus den verschiedenen Perspektiven der Ich-Assoziation dasselbe, aus Willem, Wahrnehmung und Tat. Es ist der Kern bewußter Existenz, unsere Verbindung durch Gott mit dem All, in welchem wir sind.

Es ist diese grundlegendste Eigenschaft unseres Wachens, welche ihr Recht gegen alle seine ferneren Eigenschaften verteidigt, die Offenheit, welche keine aus ihr geborene Form verschließen kann.

Und die gegenwärtige Konfrontation besteht genau in diesem Versuch, das Leben zu objektivieren, in welchem die genannten Haltungen an einander geraten. Die Zuspitzung dieses Konflikts ist systemisch durch das Wesen der Objektivierung bedingt, welche mit jedem Schritt, welchen sie vorwärts tut, an Kraft und Drang gewinnt: Es ist die Magnetisierung der Menschheit durch eine Menge gemeinsamer Gewißheiten.

Aber diese Magnetisierung formt einen geistig starren Verband, in welchem Inspiration und Ausgleich mit der Welt zunehmend schwinden, wobei es ganz gleich ist, ob das schlicht das Result der Ausschöpfung der menschlichen Erkenntnismöglichkeiten eines bestimmten Ansatzes ist oder das von Ab- und Angewöhnung, wie auch immer man es fäßt, der Mensch ist nicht für einen solchen Zustand geschaffen.

Der Weltraum ist die Projektionsfläche der Uniformen, die Offenheit jenseits ihrer Fesseln, auch davon berichtet der Turmbau von Babel auf die falsche Weise: Es ist nicht anmaßend, sondern gedankenlos. Skalierung ist die einfachste aller Verallgemeinerungen.

Obwohl, wenn ich es mir erlaube, einen Moment zu fühlen, es vielleicht auch anmaßend ist, steckt dahinter doch der Wunsch, seine eigene Beschränktheit noch ins All hinauszutragen, als wenn die Welt uns nicht reichte. Es sind unsere Probleme, nicht ihre.

Nun gut, von der Art ist die gegenwärtige ideelle Not, und Abhilfe kann nur darin bestehen, eine offene Beziehung mit der Welt zu suchen und wiederzufinden. Die Uniform muß brechen. Welches von beiden hingegen das andere bedingt, das weiß ich nicht.

Nun, die Zeit wird's zeigen.

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