Bereitschaftsbeitrag

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12. August 2013

Ideelle Konflikte

Nach dem vorigen Beitrag stellt sich die Frage, ob es einen objektiven Unterschied macht, ob ein Krieg in einem funktionalen oder einem ideellen Konflikt wurzelt.

Aber den macht es durchaus. Zum einen sind funktionale Konflikte auf Konkurrenzsituationen beschränkt, welche zwischen unterschiedlich gestimmten Gruppen üblicherweise nur in Grenzgebieten auftreten und meistens zu nicht mehr als gelegentlichen Kräftemessen führen, und zum anderen unterscheiden sich auch die Folgen eines geführten Krieges für die kriegsführenden Parteien, denn während ein funktional begründeter Krieg im Gestimmtheitsgegensatz auf etwas Unabänderliches stößt, stößt ein ideell begründeter im Gegensatz der erkannten Möglichkeiten auf die betroffenen Menschen selbst, mit anderen Worten ist der eine Krieg ein aufgegebener und der andere ein narzißtisch gesuchter.

Ich sagte es ja schon, Glauben unterscheiden sich nur durch Umstände, ansonsten stimmen sie mit einander überein, und weder wäre es richtig einen Krieg zu führen, weil man sich selber irrte, noch weil sich der Gegner irrte und auch nicht, wenn der Sinn des Krieges darin bestünde, die Anpassung an die lokalen Verhältnisse zu ignorieren.

Zu letzterem ist auch nicht mehr zu sagen, zu den Irrtümern hingegen schon. Der verbreitetste Irrtum ist sicherlich die Verkennung der Menschen und die Methode der Wahl, ihn zu beheben, ist, zu verdeutlichen, wo sie stehen. Manche Irrtümer lassen sich leichter als dieser, manche schwieriger als er erweisen, aber erweisen wird sich ein Irrtum noch immer, es sei denn, er wäre zuvor auch ohne Erweis fallengelassen worden. Dabei sollte man es bewenden lassen, wobei es natürlich möglich ist, daß ein Gegensatz auf mehreren Ebenen zugleich besteht, was es einem erlaubte, die einem ideell sympathischere Partei in einem solchen Gegensatz nur aus diesem Grund zu unterstützen, was mir angemessen erscheint, nur daß dabei das Wesen des Krieges nicht zu verändern ist und dieser Krieg selbst nicht ideell begründet werden sollte, sondern gemäß den übrigen vorliegenden Konflikten, oder, um es greifbarer zu sagen, daß man den Glaubensbrüdern und -vettern bei ihren weltlichen Auseinandersetzungen beistehen sollte, ohne den Charakter der Auseinandersetzung dadurch zu ändern oder irgendetwas anderes in ihr als den weltlichen Gegensatz zu sehen.

Das ist eine ziemlich anspruchsvolle Forderung, auch wenn es nur Bedacht erfordert, ihr folgezuleisten, ja, mancher braucht noch nicht einmal den dabei, sondern folgt nur der Empfehlung seines Instinktes, das Heilige aus schmutzigen Angelegenheiten herauszuhalten, um es nicht für spätere Zeiten zu kompromittieren.

Und das ist ein sehr guter Instinkt, denn wer ihm nicht folgt, dem geschieht genau das: Sein Heiliges wird kompromittiert, und er entfernt sich von seinem Glauben. Ein ideell begründeter Krieg führt also zwangsläufig über seinen Greueln zum Glaubensabfall, und das ist eine schlimme Strafe, gilt aber nur für echte Glauben, und nicht für was sich nur so nennt.

Davon sprach ich schon, Pseudoideologien, welche nicht in Glauben, sondern in materiellen Erwägungen wurzeln, und aus diesen heraus versuchen, die Haltung der Menschen zu formen, und zwar durch Propaganda, Gehirnwäsche. Jenen begegnet aber etwas anderes, nämlich die Feindschaft der Stimmung der Menschen zu ihren Lehren, weshalb es nie lange dauert, bis eine so beherrschte Gesellschaft emotional destruktiv oder apathisch wird, wohingegen der betrogene Glaube die Menschen Stück für Stück verunsichert. Freilich, Kommunikation ist nicht eindeutig, und einer mag in einer Propaganda etwas anderes hören als ein anderer, er mag sogar in ihr einen Glauben finden, welcher gar nicht in sie hineingelegt wurde, und entsprechend würde er dann nicht emotional destruktiv oder apathisch, sondern verunsichert werden. Dergleichen pflegt so aber nur Kindern zu geschehen, denn nur ihr Denken sieht mangels Erfahrung die inneren Widersprüche nicht, welche Propaganda als solche auszeichnen.

Meine Betrachtungen hier passen nicht recht in die heutige Zeit, in welcher es das Kriterium aller Wahrheit ist, materiell begründet zu sein. Mit anderen Worten wird heute nur Ideologie genannt, was eine Pseudoideologie, ein System haltungsformender Lehren, ist, nur Organisation, was ein ausgeklügeltes System materieller Anreize ist, wohingegen Glauben Wahnsinn und echte Organisationen tierisch genannt werden.

Es ist ein Zeitalter, in welchem die Vernunft nichts anderes erfäßt und erfassen will, als gesetzmäßige, von der Materie ausgehende Zwänge. Daß die Zwänge, welche sich durch die Stimmung und die Grenzen des logisch Möglichen ergeben, gleichberechtigt neben diesen niedersten Zwängen stehen könnten, wird weder erwogen, noch kann es überhaupt, mangels begrifflicher Klarheit, erwogen werden. Diese Dinge werden als Ableitungen der niederen Zwänge betrachtet, was sie vielleicht auch sind, aber auch die niederen Zwänge werden ja in ihrem Wesen nicht verstanden, sondern ins Vakuum objektiviert, so daß das Nachvollziehen dieser etwaigen Ableitung natürlich unmöglich gemacht wird.

Ironisch ist das alles in sofern, als daß der Geist, welcher sich die Welt immer weiter zwingt, dabei zunehmend zerfällt, was er ihr abspricht, spricht er auch sich selbst ab, in seinem Kosmos kann es ihn nicht geben, und er nähert sich seinem Glauben an die mechanische Bestimmtheit allen Geschehens praktisch an.

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