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19. September 2013

Zölibat und Zwei-Reiche-Lehre

Ich kam durch die weitere Lektüre des Glasperlenspiels auf's Thema, hatte dann aber einen Geistesblitz.
So jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein.
Abgesehen davon, daß ich das auch schon so manches Mal bei mir gedacht habe - es ist schlicht ein Ding der Unmöglichkeit, Rücksichten zu nehmen, wenn Leben auf dem Spiel stehen, und das tun sie - ist in diesem Vers, recht, oder sollte ich sagen orthodox verstanden?, Begründung und Anleitung der Zwei-Reiche-Lehre enthalten.

Fragen wir uns das doch einfach mal. Ist es etwa gut, wenn ein König oder auch nur ein Priester, Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder und Schwestern haßt?

Das ist keine provokante Spitzfindigkeit, Könige, welche Jesus geliebt, aber ihre Untertanen gehaßt haben, hat es schon gegeben, und auch wenn ich kein Beispiel eines solchen Priesters kenne, wäre es abwegig zu glauben, daß es sie nicht gibt.

Wer mit den Menschen umgeht, der sollte sie lieben, auch wenn er dafür vom rechten Wege abkommen muß.

Denn das ist ja auch gar nicht weiter schlimm, so lange andere, welche auf ihm bleiben, dafür aber Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder und Schwestern hassen, darüber entscheiden, wer von jenen mit diesem Umgang betraut wird, denn die so gewährte Amtszeit ist zu kurz, um großen Schaden anzurichten, notfalls lassen sie sich auch ersetzen, wichtig ist einzig, daß langfristig der Kurs gehalten wird.

Daraus ergibt sich das Weitere, das ist der Ansatz zu allem. Freilich, wie ich schon zuvor bemerkte, es steht und fällt natürlich mit der grundsätzlichen Eignung der Betrauten, denn wenn sie alle nichts taugen, nützt auch das Auswechseln nichts. Aber um es noch kurz zu explizieren, Bischöfe, welchen die Sukzession obliegt, sind aus Klöstern zu rekrutieren, Priester aus dem Volk. Ganz logisch, ganz folgerichtig. Und mehr, als sich um die Sukzession zu kümmern, haben Bischöfe auch nicht zu tun, was selbstverständlich theoretische Betrachtungen zu diesem Zweck einschließt, ebenso wie gegebenenfalls das Gebet.

Nun, ich schrieb vor kurzem, daß ein huldvoller Herrscher das nicht ist, wenn er dem eigenen Ideal entspricht, und selbstverständlich produziert eine Kirche ihre eigenen Ideale, aber ihre Fähigung zur Betrauung mit weltlichen Aufgaben beruht auf dem Einverständnis der Welt mit diesen. Mir selbst wäre es freilich am liebsten, wenn sie es dabei beließe, für ihre Ideale zu werben, und ideelle Konflikte innerkirchlich austrüge, was selbstverständlich, wenn das Volk dies alles sähe und verstünde, auch ihre Akzeptanz erhöhte. Letztlich rekrutiert sich eine Kirche aus einem Volk und sollte die in ihm wirksame Sorge institutionalisieren. Das schließt aber natürlich nicht aus, daß sich jede Volkskirche gewissen allgemeinen Prinzipien verpflichtet, ja, es schließt noch nicht einmal aus, daß gewisse allgemeine Prinzipien auch bei jenen Völkern gelten, deren Sorge sich nicht in einer Kirche institutionalisiert.

Die Natur der Sorge ist verschmelzend, so daß sich üblicherweise eine Lösung findet, welche beiden streitenden Parteien zusagt, vorausgesetzt, daß sie die Sorge leitet. Notwendiger Wettbewerb wird also nicht verhindert. Allerdings wäre es ein Mißverständnis zu glauben, daß der Verschmelzung in einem Konzept eine Verschmelzung von Macht korrespondieren müsse. Die meisten Verträge ziehen Grenzen.

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