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6. Juni 2014

Zur Formalisierung des Denkens: Ein Lagebericht

Bewußtes Denken stellt eine zeitlich-logische Erweiterung derart dar, daß Teile bestehender Wahrnehmungen als vorangehende Vergangenheit ihnen zeitlich folgenden Wahrnehmungen beigefügt werden oder als logische Begründung entweder einer bereits zuvor bestanden habenden Wahrnehmung oder einer auf sie folgenden.

Die beigefügten Teile hängen dabei davon ab, was in der Ausgangswahrnehmung erfaßt war. Bei reinen Anschauungen ist es eine mehr oder minder klare Erinnerung des anschaulichen Eindrucks, bei Thematisierungen ist es das zuletzt Thematisierte in unveränderter Form, und bei Einsichten gehen wir von einer der vollständigen Thematisierung ihrer Erscheinungen äquivalenten Reflexion aus.

Das zeitlich Vorangehende heiße das Verwaltete (τ).

Das logisch Vorangehende heiße das Waltendeχ).

Und das sich Ergebende heiße das Gewaltete(χ)).

Das Denken selbst heiße entsprechend auch Walten, und dieses Walten zerfällt in folgende Oberarten.

1. Das Spezifizieren, bestehend aus:
  • dem Spezifizierten (τ)
  • der Spezifikation (φ)
Dieser Art sind die Thematisierungen und die Einsichten. Hierbei folgt auf eine Wahrnehmung zeitlich eine logisch reichere Wahrnehmung, ohne daß es dafür eine logische Begründung gäbe.

Genauer gesagt handelt es sich bei Thematisierungen [a1, ..., an] um Synthesen von Themen a1, ..., an, ausgenommen n = 1, aber auch dann bezeichnet [a1] die nämliche Thematisierung, und bei Einsichten um Mengen von Synthesen der Form [ai, γ/ε], wobei γ und ε auf einander bezügliche Erscheinungsweisen sind.

Diese können selbst als Thematisierungen verstanden werden und auch neuerlich thematisiert werden. Und umgekehrt gibt es verschiedene Einsichtsvermögen über Thematisierungen, nämlich Δο,λ, Δσ,μ und Δα,α, sofern es sich in letzterem Fall um Erscheinungen handelt, wobei Δσ,μ wie folgt definiert ist.
σ (σύνθεσις) die vollständige Thematisierung
μ (μέρος) sämtliche ihrer zu einander disjunkten Teile
Aufgrund dieser Bedingungen ist μ gegebenenfalls, also wenn der Teil nicht schon gleich das Ganze ist, zu sich selbst antipodisch.

Das Wahrnehmungsvermögen, in welchem wir Thematisierungen wahrnehmen, bezeichnen wir als Logos (Λ). Falls [ai, γ/ε] ein Eindruck von Δγ,ε ist, so offenbar auch in Λ. Die Einsicht ist mehr als die bloße Unterordnung verschiedener Eindrücke unter einen synthetischen, sie ordnet zugleich verschiedene synthetische Eindrücke einander bei.

Im Gegensatz zu Thematisierungen besteht zwischen anschaulichen Themen nicht das Verhältnis Δσ,μ, sondern das nahe verwandte Verhältnis ΔΥ,Ι, wobei
Υ das Abgedeckte
Ι die zusammen Abdeckenden
Der Gedanke hinter dieser Bezeichnung ist graphischer Natur: Wenn man zwei Ιs ungefähr in der Mitte in einander entgegengesetze Richtungen knickt und sie über einander legt, so decken sie das Υ ab. Man muß hier auf die Disjunktheit verzichten, weil Kontinua keine disjunkten homogenen Zerlegungen erlauben.

Dieses Verhältnis spielt eine besondere Rolle bei der Korrektur unwillkürlicher Thematisierungen anschaulicher Gegenstände. Wenn wir etwa zwei Baumstämme a, b sehen und denken, es sind zwei Bäume, dann aber sehen, daß sie doch unten mit einander verwachsen sind, so drücken wir mit Hilfe des Verhältnisses ΔΥ,Ι die Vereinigung der beiden Baumstämme aus und benutzen diese, um auf das Vereinigte antipodisch hinzuweisen, siehe dazu 5) das Führen:
[a, Ι0], [b, Ι0], [a, Υ1], [b, Υ2],
wobei das Antipodische ein weiteres Ι ist, falls Υ angegeben ist, und Υ ohne weitere Ιs sonst. Entsprechendes gilt für Δσ,μ.

Abschließend muß ich noch auf einen sehr gewöhnlichen Fall der Thematisierung zu sprechen kommen, welcher indes technisch gesehen komplex ist, nämlich der zeitlich offenen Thematisierung, daß heißt der Thematisierung eines Gegenstandes samt seiner Geschichte.

Wenn wir etwa einem Bekannten begegnen, so thematisieren wir gleich alles mit, was er zuvor getan hat. Und im Falle von Zwillingen mag es dabei wieder nötig werden zu korrigieren. Ach, das warst du gar nicht? Da wir in dem Fall aber keine kontinuierliche Anschauung haben, stützen wir uns also auf Δσ,μ, um den unerwünschten Abschnitt loszuwerden.

Dieser Fall ist indes in sofern anders gelagert, als diese Korrektur eine bleibende Wirkung hat. Der Grund dafür liegt darin, daß sich dabei unsere Erwartung ändert und die unwillkürliche Thematisierung der Erwartung folgt, genauer gesagt spekuliert sie, nimmt auf Erwartetes Bezug, siehe dazu 7).

2. Das Unterteilen, bestehend aus:
  • dem Unterteilten (τ)
  • dem Unterteilendenχ)
  • dem Gesondertenχ)
Dieser Art sind die Verwirklichungen, aber Wahrnehmungen können auch passiv durch die emotionale Reaktion auf ihren Verlauf unterteilt werden, etwa durch das leichte Erschrecken jedes Mal, wenn man ein Geräusch hört.

Ein weiteres passives Unterteilendes ist das Erkennen von etwas Erwartetem (im Falle des Unerwarteten wäre es nicht das Erkennen, sondern die Überraschung), wobei alle passiven Unterteilungen zugleich in sofern Spezifikationen sind, als daß der Auslöser des Unterteilenden in ihrem Rahmen thematisiert wird.

3. Das Zeitigen, bestehend aus:
  • dem Zeitigenden ([Λ, τ0])
  • dem Gezeitigten ([Δ, φ])
Hierbei handelt es sich um das Eintreten in einen zeitlichen Horizont nach Maßgabe von zu erzielenden Eindrücken, wobei ein zeitlicher Horizont durch die jeweils gerade aktuelle Einsicht in die zeitliche Abfolge zeitlich auf einander folgender Wahrnehmungen gegeben ist.

Wenn wir etwas im Logos vorgestelltes zeitigen, so steht die jeweils aktuelle Einsicht in die zeitliche Abfolge des bereits Gezeitigten im Verhältnis φ der Zeitigung zum Zeitigenden. Dabei wird das als nächstes zu Zeitigende stets erwartet, und wenn etwas anderes als es gezeitigt wird, so bricht die Zeitigung dort mit einem Gefühl der Enttäuschung ab, welche die gerade aktuelle Wahrnehmung überdies unterteilt.

Der Inhalt des Logos besteht wie gesagt aus Thematisierungen, sowohl auf der Grundlage von inner- als auch überzeitlichen Wahrnehmungen, also solchen, welche zeitliche Verhältnisse nicht beziehungsweise doch wahrnehmen. Parallel dazu gibt es aber auch inner- und überzeitliche vorgestellte Thematisierungen im Logos, wobei die innerzeitlichen gegebenenfalls im Rahmen einer logischen Erweiterung erwartet wurden und die überzeitlichen erst noch zu zeitigende zeitliche Erweiterungen beschreiben mögen.

Wenn man beispielsweise auf den richtigen Moment wartet, etwas zu tun, ohne die Richtigkeit genauer zu bedenken, so bewirkt das Gefühl, daß dieser Moment gekommen sei, eine Unterteilung, welche zugleich der vorgestellten und erwarteten Verwirklichung die Tür öffnet. Die eigene Wahrnehmung reißt dabei nicht notwendigerweise ab und ganz bestimmt nicht, wenn im Beispiel Tennis gespielt wird.

Der Logos ist also zu mehreren Thematisierungen neben einander fähig, wobei überzeitliche Wahrnehmungen aufgrund der Endlichkeit ihrer Verhältnisse stets als vollständig thematisiert betrachtet werden können und die vorstellende Thematisierung nur in soweit von Belang ist, als sie nicht spontan geschieht, da im Falle einer spontanen Thematisierung nur ihr Ergebnis zählt, dann aber als Themenwechsel einer spontanen Thematisierung verstanden werden kann, siehe dazu 5) das Führen.

4. Das Prognostizieren, bestehend aus:
  • dem Gegebenen (τ)
  • der Prognose, oder auch der Erwartung ([Π, φ])
Das Prognostizieren ist die überzeitliche Entsprechung der Einsicht und besagt, daß wir erwarten, daß die Prognose zeitlich auf das Gegebene folgt, vermittelt uns also einen Begriff davon, wie sich die Gesetze der zeitlichen Abfolge aus unserer subjektiven Sicht heraus darstellen.

Dabei kann das Gegebene auch eine bloße Vorstellung in Λ sein. Allerdings erwarten wir eine Erwartung nur dann, wenn das Gegebene eine Wahrnehmung in Δ ist. Daher rührt der Unterschied von eigentlichen zu uneigentlichen Erwartungen.

5. Das Führen, bestehend aus:
  • der Ausgangslage (τ)
  • dem Führenden, oder auch dem Hinweis ([Λ, τ0])
  • dem Ziel (φ)
Die Führung ist die innerzeitliche Entsprechung der Zeitigung und die logisch begründete Entsprechung der Spezifikation. Dieser Art sind also die Themenwechsel und Besinnungen, wobei das jeweilige Ziel durch auf es hinweisende vorgestellte Erscheinungen wie folgt bestimmt wird.

Im Falle eines Zielthemas werden Erscheinungen der Art [a, ο], [b, λ], [c, α] als Hinweise im Logos vorgestellt vorgegeben, und im Falle einer Zieleinsicht werden Erscheinungen der Art [a, ν], [b, φ], wobei a, b, c entweder vorgestellte Themen oder wieder vorgestellte Hinweise auf Themen sind.

Formal gesehen ist das Zeitigende ebenfalls ein Hinweis auf eine Einsicht.

Hinweise auf Themen enthalten oftmals Bezüge auf Erwartungen der Art [[Λ, τ0], αi], [[Π, φ], αi], so daß das Zielthema ein solches ist, von welchem wir (zugleich!, vgl. 7 das Spekulieren) etwas bestimmtes erwarten. Das einfachste Beispiel dafür ist der Hinweis auf eine Kugel, aber selbst dieses Beispiel ist noch zu kompliziert, als daß ich es an dieser Stelle angeben möchte.

Falls eine Führung fehlschlagen sollte, sind Ziel und Ausgangslage identisch, aber in dem Falle wird es von der Enttäuschung, daß die erwarteten Hinweise sich in der Form nicht ergeben haben, unterteilt.

Was man daran bereits sieht: Eine Zielthematisierung besteht zumeist nicht nur aus einem Thema - wir können schlicht nicht verhindern, auch noch anderes zu thematisieren, - aber sie besteht nur aus einem Thema, auf welches hingewiesen wurde, mit anderen Worten nur aus einem Zielthema.

Natürlich könnten wir sagen, daß etwaige sonstige Themen Teil anderer Thematisierungen sind - doch dem ist nicht so. Sie sind Teil derselben Thematisierung, aber von ihnen gilt die Einsicht nicht, Ziel zu den vorgestellten Hinweisen zu sein, das heißt, sie haben sich zwar zeitlich aus der Ausgangslage ergeben, aber nicht logisch.

Oder, um es noch auf eine weitere Weise auszudrücken: Es liegt eine Thematisierung vor, welche teils das Ergebnis einer Spezifikation ist und teils das Ergebnis einer Führung.

6. Das Erwägen, bestehend aus:
  • dem Gegebenen (τ)
  • dem Erwogenen ([Λ, τ0])
  • der Erwägung ([Π / ?Π / ΨΠ, φ])
Das Erwägen steht zur Prognose, wie das Besinnen zur Einsicht steht, das Erwogene wird auf die Wahrscheinlichkeit seines zeitlichen Folgens auf das Gegebene überprüft.

Die Angabe des Hinweises φ, um anzuzeigen, daß das vorgestellte Thema Teil der Prognose ist, ist hier obligatorisch, der Hinweis ν auf das Wahrnehmungsvermögen hingegen ausgeschlossen, denn da das Erwägen nicht zeitlich eingebettet ist, also nicht das Verstreichen der Zeit, die Dauer, wahrnimmt, kann es auch nicht unterteilt werden, und entsprechend kennt es auch kein Fehlschlagen, sondern stattdessen ein Offenhalten und ein Ausschließen in Form zweier gesonderter Wahrnehmungsvermögen ?Π und ΨΠ, so daß a priori die Art der angestrebten Wahrnehmung bei der Erwägung unklar bleiben muß.

7. Das Spekulieren, bestehend aus:
  • dem Gegebenen (τ)
  • dem Spekulierenden, oder auch dem Hinweis ([Λ, τ0])
  • der Spekulation ([Π / ?Π / ΨΠ, φ])
Das Spekulieren steht zum Erwägen, wie der Themenwechsel zur Besinnung steht, das Spekulierende weist auf vorgestellte Themen hin, welche wir zum Gegebenen wahlweise erwarten, offenhalten oder ausschließen.

Um letzteres zu tun, verwenden wir [τ, αi], [[[Π, ν], φ], αi], beziehungsweise [τ, αi], [[[?Π, ν], φ], αi] oder [τ, αi], [[[ΨΠ, ν], φ], αi].

Es ist natürlich möglich, daß eine Spekulation nicht gelingt, aber in dem Falle blieben wir sozusagen hängen, bis es uns zu dumm wird. Ein definitives Gefühl, daß sie fehlgeschlagen ist, gibt es jedenfalls nicht.

Freilich, es gibt Spekulationen, welche wir gar nicht erst begännen, weil wir erwarten, daß sie unmöglich sind.

Und um nicht Anlaß zu Mißverständnissen zu geben, sowohl das Erwägen als auch das Spekulieren können gezeitigt werden, wobei es das Spekulieren erlaubt, bedingt zu zeitigen, nämlich durch die Erwartung unter diesen oder jenen Umständen mit dem passenden Schritt zum vorgegebenen Ziel zu kommen.

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