Auf dem Grund des Herzens
---
- -
- -
- -
-x-
- -
Weder von oben, noch von unten, aber vielleicht ja von der Seite.
Seltsam eigentlich, warum heißt es weder von oben, noch von unten, wenn die Seite gespalten ist?
Ich hatte gestern Nacht zwei Eindrücke, Erinnerungen, verbunden mit dem Thema des letzten Beitrags, der Trennung der Geister in uneigentliche und vergebliche.
Ich zähle mich ja zu den vergeblichen, nun, vergeblich für die Gegenwart und ihre Zukunft, und da bin ich also letzte Nacht auf die Frage gestoßen, warum mir die allermeisten anderen vergeblichen Geister nicht sonderlich am Herzen liegen. Reichlich dumm kam ich mir vor, denn ich wußte es nicht zu sagen - und auch irgendwie schlecht. Aber im Halbschlaf kann man halt nicht sonderlich gut denken. Sie sind mir deshalb vergleichsweise gleichgültig, weil sie selbst ihre eigene Vergeblichkeit nicht einsehen. Wohl erkennen sie, daß die Leute um sie herum uneigentlich sind, im Gegensatz zu ihnen selbst, aber dieser Umstand erfüllt sie nicht mit Angst. Sie nehmen es leicht, sagten, wenn man sie darauf anspräche, daß es halt so ist.
Das liegt natürlich daran, daß sie gar nicht den Anspruch haben, nicht vergeblich zu sein. Es genügt ihnen, ihr Leben zu genießen.
Und mir würde das auch genügen, wenn ich keine Angst hätte. Der eine ahnt und der andere ahnt nicht, und es diese Ahnung, welche alles vergeblich macht.
Natürlich ist das so nicht sonderlich geschickt angefaßt. Es geht mir natürlich darum, daß ich mich jenen gegenüber, welche die schöpferische Leere in sich spüren und das von ihnen jeweils beschriebene Dasein fühlen, ziemlich gleichgültig verhalte, was, wenn man bedenkt, wie schön dies doch ist, darauf hinzuweisen scheint, daß ich ein ziemliches Arschloch bin.
Aber diese wünschen sich ungetrübte Lebensfreude unter Umständen, welche mich nunmal betrüben.
Ich habe schon mit Zwölf gedacht, was für eine Verschwendung das alles ist. All die Leute, welche bereitwillig in ihren Bahnen laufen, von welchen man nie etwas interessantes hören wird, weil sie nie etwas interessantes denken. Und ich hatte Angst. Was ist das für eine Welt?
Ein Mann nimmt eine Frau ja deshalb zu sich, um sie zu formen.
Selbstverständlich könnte ich eine Frau uneigentlichen Geistes nicht so formen, wie sie sich das wünscht. Aber auch die meisten Frauen, welche nicht in der Welt, sondern im Licht leben, könnte ich, wie gesagt, nicht so formen, wie sie sich das wünschen. Auch wenn ich das nie so sagen würde, letztlich läuft mein Eheversprechen darauf hinaus zu sagen: Du wirst an einem anderen Ort leben.
Soviel zu meiner Entschuldigung.
Zu dem anderen Eindruck. Ist es möglich, daß einer partiell im Licht lebt und partiell in der Welt?
Nein, denn im Licht zu leben heißt, die Dinge so zu nehmen, wie sie sind, und in der Welt zu leben, sie so zu nehmen, wie sie dargestellt werden.
Niemand, welchem auch nur einmal bewußt wurde, daß eine Differenz zwischen diesen beiden besteht, wird sie künftig noch so nehmen, wie sie dargestellt werden, wobei diese sie allerdings auch schon vorher nie so genommen haben.
Das betrifft insbesondere menschliche Stereotypen. Es ist mir gänzlich unmöglich, in einem Menschen etwas anderes zu sehen, als was konkret vor mir steht. Niemals könnte ich einen Menschen nach einer Regel behandeln, wie sie etwa Verkäufer zur Genüge kennen. Nicht, daß ich ein schlechter Verkäufer wäre, mir sind deren Regeln instinktiv klar, es geht nur darum, ob man der eigenen Anschauung vertraut oder Maximen.
Letzteres ist eine Ungeheuerlichkeit für mich. Jemanden zu sehen, der so verfährt. Erlaubte die Sitte, wildfremde Menschen zu ohrfeigen, da würde ich's tun. Die meisten uneigentlichen Geister tun das auch nicht, sondern halten sich lediglich an stereotype Formen.
Wobei, manchmal überwiegt auch meine Achtung vor der intelligenten Anwendung der Maxime meine Wut über die Entmenschlichung - in solchen Fällen lächle ich oder schaue verblüfft.
Je nun, jeder muß bei sich die Frage beantworten, ob er sich in die Welt einfügt oder ob er ihr treu bleibt - es ist nicht dasselbe.
Und warum sollte einer, welcher ihr einmal bewußt untreu geworden ist, es nicht immer wieder tun, wo er dadurch doch nur Vorteile hat? So er das denn überhaupt kann, denn ich glaube es nicht. Die uneigentlichen Geister sind deshalb verloren, weil sie keinen Begriff von Eigentlichkeit haben.
Ich vermute, der Grund dafür besteht letztlich in einem zu flexiblen Geist, in zu großer Suggestibilität, äußere Eindrücke verdrängen die eigenen Gedanken.
Also das ist entweder so oder nicht.
Und wenn es nicht so ist, wenn man überall um sich herum nur Uneigentlichkeit sieht, wohin wird man sich wenden?
In unserer Kultur gibt es quasi nur einen Ausweg mehr, nämlich die Wissenschaft, dort, wo man sich dafür interessiert, wie die Dinge wirklich sind.
Und ich habe dort auch fast nur Menschen kennengelernt, welche der Welt treu geblieben sind, wobei die Ausnahmen auffällig genug waren.
Sollte man meinen.
Freilich, ich halte es für möglich, daß sich jemand Zeit seines Lebens nicht dafür entscheidet, einen Schritt zu tun, weder in der Welt, noch aus ihr heraus.
Es ist ja auch nicht leicht, ich weiß auch nicht genau zu sagen, was letzteres überhaupt sein soll. Aber auf dem Weg dahin befinde ich mich - und also muß ich wohl auch Schritte dahin tun.
Die Welt ist zu falsch, und das Licht zu ungewiß. Jemand mag es bis zum letzten Atemzug denken.
Ich selbst habe übrigens dieses Hexagramm bekommen, ganz gemäß dem Zitat oben unter dem Titel der Seite.
---
- -
---
---
- -
- -
Meine Absicht hier ist aber nicht, jemanden verrückt zu machen. Andererseits, Ahnung ist Ahnung und Orakelspruch ist Orakelspruch. Wer das Wahre in das Falsche zwingen will, zwingt sich selbst zum Stillstand, Berg über Erde, 's wäre besser, sie stünden nicht zusammen, aber sie tun's.
So gesehen, was heißt Feuer über Berg?
Das Schreckliche in das Wahre zu lassen?
Jedenfalls würde es zum Spruch des Wanderers passen.
Labels: 09, i ching, persönliches, ἰδέα, φιλοσοφία