Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

10. November 2014

Kleine Geschichte der ethnischen Entmischungen seit dem Ende der Sowjetunion

Abchasien. Sezessionskrieg 1992-1993, 250 000 Flüchtlinge.
Kosovo. Sezessionskrieg 1997-1999, 750 000 Flüchtlinge.
Kroatien. Sezessionskrieg 1991-1995, 420 000 Flüchtlinge.
Südossetien. Sezessionskrieg 1990-1992, 120 000 Flüchtlinge.
Ukraine. Sezessionskrieg 2014- , 1 000 000+ Flüchtlinge.

Quelle: Wikipedia.

Mir geht es hier nicht darum, ob man in jedem Fall wirklich von unterschiedlichen Ethnien sprechen kann, und auch nicht um die genaue Größe der Flüchtlingszahlen, lediglich um deren Größenordnung und um den Charakter dieser Ereignisse.

Als die Sowjetunion auseinanderfiel, handelten die Menschen nach dem Motto: 3, 2, 1 - meins! Überall wurden mit Fiebereifer Ansprüche abgesteckt, und zum Teil überschnitten sie sich. In der Folge kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, und Viele ließen ihre Besitztümer, wenigstens zunächst einmal, hinter sich.

Auffällig ist die Leichtfertigkeit, mit welcher all dies geschah. Wirklich Angst davor, für seine Ansprüche bestraft zu werden, hatte kaum jemand. Aber umgekehrt wurden die eigenen Ansprüche auch nicht gerade erbittert verteidigt. Insgesamt dominiert Opportunismus das Bild.

Auch die Deutsche Wiedervereinigung fällt da nicht aus der Rolle. Man kann getrost davon ausgehen, daß der sozialistisch geformte Mensch sich just so verhält und nicht anders: Sind wir uns einig, daß uns das gehört? Gut, dann gehört uns das! Eine Einigkeit freilich, welche auf tönernen Füßen steht.

Und darin liegt das eigentliche Problem.

Aus westlicher Perspektive heraus sind diese Leute alle nicht zurechnungsfähig. Nehmen wir den Fall Abchasien. Georgier ballern auf Abchasen und Armenier und das Blatt wendet sich, und letztere machen sich de facto unabhängig von Georgien.

Aber Georgien ist ein international anerkannter Staat, welcher zudem strategisch wichtig gelegen ist.

Also kann Georgien darauf vertrauen, daß andere, westliche Länder, sein Militär modernisieren helfen werden - im Gegensatz zu Abchasien.

Dem westlichen Menschen wäre es von Anfang an klar gewesen, daß sich die Dinge so entwickeln würden, und genau darum hätte er sich nicht unabhängig erklärt - dem sozialistischen aber war es eben nicht klar.

Der sozialistische Mensch blinzelt dumm und fragt: Wieso kriegen die jetzt Waffen und ich nicht?

Rußland weiß das natürlich alles und hat sich dafür entschieden, es sich nicht mit den sozialistischen Menschen zu verderben, indem es sich plötzlich an westliche Einsichten und Gewißheiten hält. Denn täte es das, würden die sozialistischen Menschen es mit Sicherheit als Verrat werten.

Warum durfte Litauen gehen?

Weil Blut geflossen ist, weil ein russischer Panzer litauische Demonstranten überrollt hat.

Irgendetwas muß ja gelten. Wenn sich also georgische Soldaten auf dieselbe Weise versündigen, dann ist Abchasien frei. Spielregel. Mal eben spontan ausgedacht. Aber so ist der sozialistische Mensch.

Freilich, in Tschetschenien galten alsbald andere Regeln. Müssen wir das verstehen?

Nicht unbedingt, wiewohl ich es vielleicht verstehe: Es könnte ja sein, daß die Tschetschenen nicht recht als Sozialisten anerkannt wurden und sich vielleicht selbst auch nicht so sahen, im Gegensatz zu den vom innersowjetischen Tourismus profitiert habenden Abchasen.

Aber was auch immer da in Anschlag kommt: Der sozialistische Mensch ist leichte Beute. Zu leichte Beute. Er versteht nicht, worauf es ankommt, und überläßt es einerseits zu leicht und nimmt andererseits nicht die gebotene Rücksicht auf es. Daß dies in Deutschland nicht schon zu viel krasseren Verwerfungen geführt hat, liegt einzig an der engelsgleichen Rücksicht der Westdeutschen, eine Rücksicht, welche sich international nicht voraussetzen läßt.

Nein, sie werden nach Strich und Faden ausgeplündert, belogen und betrogen werden, denn jeder Hansel ist dazu fähig. Und das Problem dabei besteht darin, daß sich die Machtverhältnisse also chaotisch verschieben. Und daran kann niemand Interesse haben. Es ist schon schlimm genug.

Stellen Sie sich das einfach mal vor Ihr geistiges Auge: Hunderte Millionen Menschen, welche effektiv ohne politischen Einfluß einzelnen Konzernen dienen, welche ihnen in keiner Weise verbunden sind.

Bürgerliche Gesellschaften haben ihre eigenen Spielregeln, und die Bürger kennen sie.

Wenn der Kapitalismus auf eine Gesellschaft stößt, welche nie in ihrer Geschichte bürgerlich gewesen ist, und einzig Spielregeln kennt, welche mit dem Kapitalismus unvereinbar sind, entsteht etwas neues, welches die Welt in dieser Form noch nicht gesehen hat.

Und wer das weiß, wird es stoppen.

Aber andererseits, wer weiß, daß er Beute machen kann, und dabei die westlichen Regeln nicht verletzt, der wird versuchen, Beute zu machen.

Das ist das Wesen der Ukrainekrise. Und sie wird weiter eskalieren. Es geht nicht anders. Man wird sehen, wie genau die Eskalation aussehen wird, aber die Eskalation ist sicher.

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