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21. Dezember 2014

Das I Ching als Ahnungsverstärker

Ich hatte gestern ein Experiment gemacht und das Orakel per Münzdrehen befragt, ohne das Buch zur Hand zu haben.

Das Resultat ist interessant. Ich wußte noch, daß Feuer über Donner eine Form des Andienens bezeichnet, nicht aber genau welche, und die beiden Zeilen, altes Yang in der ersten und altes Yin in der zweiten Zeilen, kannte ich eh nicht.

Was dann geschah, entsprach durchaus bis zu einem gewissen Grade der Notwendigkeit, mich anzudienen, aber als ich später las, welche Form des Andienens genau gemeint war, nämlich Strafvollzug, erschien mir der Spruch abwegig. Dennoch brachte ich ihn wiederum etwas später auf sehr holprige Weise mit meiner Situation in Verbindung und hoffte auch, noch etwas für mich durch die Beherzigung des Spruchs zu gewinnen, was ich, möchte ich sagen, auch habe, nur nicht auf die Weise, um welche es mir ging, nämlich zu vermeiden, daß ich meine Würde verlöre.

Die habe ich heute abend beim Strafvollzug durchaus wieder einmal verlieren müssen. Das wäre zu vermeiden gewesen, der Impuls zu dieser Entwicklung ging von mir aus, aber andererseits leidet man natürlich auch unter all den Rücksichten, welche man nur aus Bequemlichkeit heraus nimmt, und nicht, weil man meint, daß etwas Rücksicht verdient.

Ob es nun letztlich besser so ist, wie es das I Ching behauptet?

Das weiß ich nicht, wer kennt schon das Ende?

Aber etwas anderes, möchte ich sagen, weiß ich jetzt, nämlich daß die prophetische Wirkung des I Chings darauf beruht, daß es ein vage erahntes Geschehen in ein Bett gießt, in welchem man es selbst Kraft seiner Autorität entfalten läßt.

Dabei geht es aber mehr als darum, die Augen aufzuhalten und vielversprechende Kandidaten in ein Korsett zu zwängen. Nein, das I Ching steuert auf diese Weise die eigenen transzendenten Akte. Es begeben sich durchaus Dinge, welche man nur als Wunder bezeichnen kann.

Zuvor hatte ich gemeint, es sei bereits alles mit dem Hexagramm entschieden - aber dem ist nicht so. Das Unbewußte informiert das Hexagramm, aber die Zukunft zwingt es erst, wenn man sein Urteil kennt.

Eigentlich ist das I Ching damit nichts anderes als ein Verhaltens- und Verlaufskatalog, welcher die transzendenten Beziehungen, also die Inspiration und das Gebet, kanalisiert, das heißt in vorgegebene Schemata zwängt.

Andererseits beschreibt das I Ching sämtliche möglichen Lagen. Es legt also für jede Lage ein standardmäßiges Verhalten und einen standardmäßigen Verlauf fest. Freilich, manchmal kann die im I Ching beschriebene Lage nur auf holprige Weise mit der eigenen in Einklang gebracht werden, doch das ist gar nicht mal weiter beachtenswert in Anbetracht der vielfältigen Ausformungen ein und desselben Prinzips.

Das I Ching ist, ich möchte sagen, eine ewige Orientierung nach menschlicher Weisheit.

Und desto größer ist seine Autorität, mit welcher die eigenen transzendenten Akte bekräftigt werden, je mehr man diese Weisheit anerkennt.

Wahrscheinlich ist es mit aller Weltbeschreibung so. Alle Weltbeschreibung gewinnt also durch sie stützende Einsichten seinsbestimmende Kraft und normiert das Sein auf diese Weise durch ihre Endlichkeit.

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