Bereitschaftsbeitrag

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23. Dezember 2014

La liberté d'un homme

Ein ganz kleines Kind freut sich noch über das Wetter,
wie es gerade kommt,
ein etwas älteres beschwert sich schon über die Länge des Winters,
welche es vom Sommer trennt.
Man sagt wohl: Die Natur schläft. Aber empfindet man es auch?

Ich bin heute 3 Kilometer mit freiem Oberkörper bei -1°C spazieren gegangen, es hat etwa 40 Minuten gedauert, weil ich unter dem Pullover zu schwitzen begann und auch bis zum Schluß unter den Armen weiter geschwitzt habe.

Gänsehaut war sehr moderat, zu zittern bin ich auch nicht richtig angefangen und selbst am Schluß konnte ich mir noch die Schnürsenkel zubinden. Dafür liefen meine Augen und meine Nase. Und die Schweißdrüsen in den Achselhöhlen.

Die Haut machte erst Anstalten sich orange zu verfärben, stabilisierte sich dann aber zu einem kräftigen Rosa. Überhaupt stabilisierte sich mein Zustand. Aber betrachten wir die psychologische Seite, um welche es mir hier auch nur geht.

Ganz am Anfang denkt man natürlich: Toll, herrlich erfrischend!

Aber dann nimmt der Schmerz zu, und man beginnt, über die Länge der Zeit nachzudenken.

Aber wenn sich der Schmerz irgendwann stabilisiert, kann man sich auch geistig stabilisieren. Ich habe eine Gruppe Fichten ins Auge gefaßt und den Rest vergessen. Als ich bei ihnen ankam, war ich ruhig. Etwas weiter standen auf beiden Seiten der Straße kleine Erlen in kleinen Wäldern. Und in dem Moment erschienen sie mir sehr friedlich und heiter. Der Winter hatte aufgehört zu existieren, jedenfalls aufgehört als verbietende Dauer zu existieren. Diese Erlen waren genauso gegenwärtig, wie sie es im Frühling oder Sommer sind. Wenigstens für den Augenblick war ich dem Haufen aufgehäufter Baumstämme entkommen, in welchem ich mich im Winter zu verkriechen pflege.

Die Natur schläft einen sanften, süßen Schlaf, und ich bin ein ihr zugeneigter Betrachter, und sonst nichts.

Kämpfen mußte ich nicht, nur die gewährte Gnade würdigen. Auf dem Rückweg fand ich dann noch ein herzallerliebstes Himbeerfeld zwischen Weiden, Birken und Erlen.

Worauf ich hinaus will: Wir haben gelernt, die Zeit seriell zu vergleichen, die Gegenwart mit der Vergangenheit und der wahrscheinlichen Zukunft, dabei läßt sich die Zeit aber auch ganz anders vergleichen, nämlich parallel, eine Haltung in einer Zeit mit einer anderen Haltung in einer Zeit.

Es gibt so viele Konstanten in der Natur, aber sind es wirklich welche, oder sind sie am Ende doch variabel?

Was ich dabei auch noch gedacht habe:
Das Heil verschenkt sich hier immer nur in Stücken,
aber nur hier kann es über eine Strecke helfen.
Deshalb kehren wir zurück,
deshalb gehen wir aus.

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