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4. März 2019

Kirchenarbeit

Gestern mal wieder das Lieblingswort der modernen Christenheit:
Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Ein Kapitel später schreibt derselbe Autor:
Wer mit Zungen redet, der bessert sich selbst; wer aber weissagt, der bessert die Gemeinde.
und führt es wie folgt aus:
Wenn nun die ganze Gemeinde zusammenkäme an einen Ort und redeten alle mit Zungen, es kämen aber hinein Laien oder Ungläubige, würden sie nicht sagen, ihr wäret unsinnig? So sie aber alle weissagen und käme dann ein Ungläubiger oder Laie hinein, der würde von ihnen allen gestraft und von allen gerichtet; und also würde das Verborgene seines Herzens offenbar, und er würde also fallen auf sein Angesicht, Gott anbeten und bekennen, daß Gott wahrhaftig in euch sei.
Außerdem sei noch diese Stelle zitiert, um das alles besser einordnen zu können:
Ich danke meinem Gott, daß ich mehr mit Zungen rede denn ihr alle. Aber ich will in der Gemeinde lieber fünf Worte reden mit meinem Sinn, auf daß ich auch andere unterweise, denn zehntausend Worte mit Zungen.
Paulus selbst würde es gerne sehen, wenn in der Kirche geweissagt wird. Für ihn selbst war es zu schwierig, aber er würde es gerne sehen. Eine demütige Position. An der Schwierigkeit hat sich in den letzten knapp 2000 Jahren nicht viel geändert, doch wie verhält es sich mit der Demut demgegenüber?

Die Liebe läßt sich preisen, aber nicht lehren. Der Glaube hingegen wächst mit der Einsicht. Was einer liebt, läßt sich nicht wissen. An was er glaubt, sieht man ihm hingegen an der Nasenspitze an. Wenn also die Liebe die größte ist, so heißt das für die Kirche,
  1. daß sie keinen Anteil an der größten hat und
  2. daß sie von der größten abhängig ist,
wodurch die Weisheit Demut lehrt und Glauben, und zwar an die durch die Liebe sich zeigende Gnade Gottes.

Ist das aber der Geist, in welchem die Liebe gepriesen wurde, gestern? Nein. Die nach Paulus in der Kirche besser nicht hätte vorlesen sollende (ich komme noch dazu) hatte ganz offensichtlich versucht, die Gemeinde durch die Klarheit ihrer Liebe mitzureißen, was unmöglich ist. Niemand läßt sich zu Liebe oder Haß hinreißen. Zu Vertrauen und Mißtrauen ja, und praktisch sieht das oftmals nach Liebe und Haß aus, aber es ist nicht dasselbe. Was einer liebt und haßt liegt in seinem Wesen, und darein wird er sich nicht pfuschen lassen, einzig dadurch, daß man jemanden auf einem bestimmten Weg führt, auf welchem er ganz bestimmte Dinge zu Gesicht bekommt, kann man seine Liebe und seinen Haß in Kenntnis seines Wesens auf vorherbestimmte Dinge lenken, doch tun sollte man auch das nicht, siehe Zur wahren Brüderschaft der Menschen und Brot und Wein und der Verrat des Judas.

Es herrschte der Glaube, Christus hätte die Liebe gebracht und die Kirche würde die Liebe bringen. Stattdessen hat die Kirche die Liebe vereinnahmt, ohne die Gemeinde zu bessern, das heißt aufzubauen, wie Paulus im Original sagt: ὁ λαλῶν γλώσσῃ ἑαυτὸν οἰκοδομεῖ: ὁ δὲ προφητεύων ἐκκλησίαν οἰκοδομεῖ.

Wenn es aber einer täte, wenn es ihm nicht zu schwierig wäre, was sagt Paulus dann? Dies:
Weissager aber lasset reden zwei oder drei, und die andern lasset richten. So aber eine Offenbarung geschieht einem andern, der da sitzt, so schweige der erste. Ihr könnt wohl alle weissagen, einer nach dem andern, auf daß sie alle lernen und alle ermahnt werden. Und die Geister der Propheten sind den Propheten untertan. Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens.
und damit die Sache nicht gleich im ersten Augenblick in der Praxis widerlegt wird, fügt er hinzu:
Wie in allen Gemeinden der Heiligen lasset eure Weiber schweigen in der Gemeinde; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden, sondern sie sollen untertan sein, wie auch das Gesetz sagt. Wollen sie etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Männer fragen. Es steht den Weibern übel an, in der Gemeinde zu reden.
Freilich wäre es kein Zuckerschlecken, wenn die Männer der Gemeinde einander richteten, sofern sie sich für Propheten hielten, insbesondere hier in Schleswig-Holstein nicht, aber es wäre dann in jeder Hinsicht etwas in der Kirche los, auch in substantiell gläubiger. Und vielleicht käme es am Ende sogar dazu, daß auch diesen Worten folgegeleistet würde:
Darum, liebe Brüder, fleißiget euch des Weissagens und wehret nicht, mit Zungen zu reden. Lasset alles ehrbar und ordentlich zugehen.

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