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23. August 2022

Empirische und hypothetische Haltungsbildung

Die von uns angenommene Haltung, gleich ob es sich um Umgänge mit Entwicklungsmustern, Vorhaltungen von Behandlungen oder Bestrebungen genannte Aufnahmen von Abzielungen handelt, beruht entweder auf unserer Erfahrung oder auf Hypothesen, und die sich so ergebenden Fälle möchte ich in diesem Beitrag betrachten.

Wenn unser Umgang mit Entwicklungsmustern auf unserer Erfahrung beruht, so passen wir ihn an die Erfahrung an, wobei unser Ziel stets darin besteht, negativen Entwicklungen entgegenzusteuern, indem wir unsere Erfahrung absehen. Das ist die empirische Weise der Bildung unserer Ausrichtungsregeln und insbesondere unserer Gerechtigkeitsvorstellungen.

Die hypothetische Weise besteht darin, die Verbindlichkeit einer Hypothese zu akzeptieren, was streng genommen nur ein Spezialfall der empirischen ist, nämlich die sozialen Folgen des Bruchs mit der betroffenen Hypothese abzusehen, aber dessen ungeachtet die richtige Alternative an dieser Stelle, was man erkennt, wenn man sich die gesellschaftlichen Erscheinungen der Umgangsbildung vor Augen führt, etwa am Beispiel der Hypothese, daß es gut sei, einen Drill für die biologische Kriegsführung durchzuführen, auch wenn dieser absehbar den Einsatz biologischer Waffen begünstigt, deren größtes Manko in ihrer Unkontrollierbarkeit besteht, von der Kontraproduktivität der zum Drill gehörigen Maßnahmen ganz zu schweigen. Aber so wie sich ein Psychopath unter Menschen fühlt, deren Gerechtigkeitsempfinden er nicht teilt, muß sich heute jemand fühlen, der über die Entwicklung der Volksgesundheit im Bilde ist und also die diesbezüglichen Hypothesen als falsch erkennt.

Während ich dafürhalte, Religion empirisch zu begründen, und sich also unter anderem, um nicht zu verwahrlosen, an das ethisch Nötige anzupassen, gibt es insbesondere im Katholizismus etliche Beispiele der Akzeptanz der Verbindlichkeit von Hypothesen, was ich erst ab einem Anteil von, sagen wir, 5% Psychopathen an der Gesellschaft für geboten erachten würde.

Wenn unsere Vorhaltung von Behandlungen auf unserer Erfahrung beruht, so entspringen sie dem Reflektieren der Erfahrung.

Kommen sie hingegen auf hypothetische Weise zu Stande, so verlegen wir uns auf selbige.

Beispielsweise mag eine Strategie daraus erwachsen, daß wir einsehen, welche Folgen wir durch welche Schritte bewirken können, oder daraus, daß wir annehmen, daß bestimmte Schritte bestimmte Folgen bewirken. Verlegung auf uneingesehene Strategien ist typisch jüdisch, es genügt, wenn der Rabbi weiß, was er tut, - oder gar Gott.

Es hieß von den zum Katholizismus konvertierten sephardischen Juden, sie seien Juden ohne Wissen und Katholiken ohne Glauben, was sich nach dem vorigen so liest, als seien sie Juden ohne Hypothesen zur Verlegung und Katholiken ohne die akzeptierte Verbindlichkeit von Hypothesen gewesen.

Wenn unsere Aufnahme von Abzielungen auf unserer Erfahrung beruht, so ehren wir unsere Erfahrung, indem wir anerkennen, daß sie uns zufriedenstellen.

Kommen sie hingegen auf hypothetische Weise zu Stande, so versprechen wir uns etwas von ihnen.

Religionen, welche Abzielungen anböten, von welchen sich die Gläubigen etwas versprächen, etwa auf eine bestimmte Weise göttlich zu sein, gibt es allenfalls im geistigen Saum des Hinduismus' - wenigstens pro forma zählt auch Athos dazu - aber die weltliche Bedeutung des sich etwas Versprechens in den Vereinigten Staaten, wo ja jeder alles sein kann, schlägt auch auf den Beruf des Pastors durch, wo sich dann so mancher auf Pauls Spuren wähnt und sich Gott weiß was verspricht.

Ich hingegen ehre nur die Abzielung, meine Haltung auf meine Stimmung hörend zu gestalten.

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