Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

1. Juni 2023

Ein etwas entspannterer Blick

Ich hatte mich vor einiger Zeit gefragt, wohin die Reise geht. Nun habe ich etwas Abstand gewonnen und möchte die Lage wie folgt zusammenfassen.

Die allgemeine politische Freiheit wächst durch Versprechen, welche sie anschließend zwar nicht vollumfänglich, aber doch zu einem substantiellen Grade einlösen muß. Gelingt ihr die Einlösung, so steht ihrem weiteren Wachstum nichts im Wege, aber wenn sie nicht gelingen will, so ist es nötig, steuernd in die allgemeine Freiheit einzugreifen, und zwar durch spezielle.

Es ist ja immer möglich, daß sich frei entwickelnde Umstände nicht zusammenpassen wollen, und was heute konkret nicht zusammenpaßt ist die amerikanische Lobbykultur einerseits und das europäische Demokratieverständnis andererseits. Letzteres ist, so unvorstellbar es für die Europäer ist, den Amerikanern völlig egal. Und deshalb vollzieht sich zurzeit ein Lobbying-Krieg, in welchem die europäischen Völker der amerikanischen Lobbykultur Widerstand leisten.

Eine Kulturänderung ist dabei nicht zu erwarten, da eben nur Widerstand geleistet wird und keine Kulturkritik, aber da der Widerstand prinzipiell ist und nicht auf einen bestimmten Vorgang beschränkt, kann auch nicht einfach alles so weitergehen wie bisher. Die Initiative liegt also bei den Vertretern der zunehmend ungeliebten hegemonischen Kultur, und es ist klar, wie sie das Problem lösen werden, nämlich durch Mittler, Vertrauensmänner, welche das Lobbying gerade zu dem Grade zähmen, welcher nötig ist, um keinen öffentlichen Aufruhr auszulösen.

Klaus Schwab ist in diesem Zusammenhang eine wichtige propagandistische Größe, da sein Konzept des Stakeholder-Kapitalismus einen Mittlungsmechanismus darstellt, welcher das Lobbying nicht im hinreichenden Maße zähmt. Und so werden die Leute schließlich zu der Einsicht gelangen, daß sie die Zähmung nicht Wirtschaftsverbänden überlassen können, sondern daß es dazu einer im Volk verankerten Organisation bedarf, welche seine Interessen gegenüber den Wirtschaftsunternehmen vertritt. Das ist natürlich für Europa nichts neues, aber für Amerika schon, und darauf wird es hinauslaufen, nämlich daß dieser Ansatz global abgesegnet wird, nicht in Form einer einzigen solchen Organisation, sondern in Form eines gemeinsamen Regelwerks lokaler.

Theoretisch entspräche das gerade meinen Vorstellungen, ist es doch sehr allgemein gehalten, aber praktisch wird es nur ein Mittel sein, um die bestehenden ökonomisch-politischen Verhältnisse möglichst unverändert beizubehalten.

Es würde allerdings nicht dazu kommen, wenn die Verteidiger der Bürgerlichkeit das Problem als bürgerliches anerkennen würden und nicht meinten, alles bereits zum besten für die Bürgerlichkeit eingerichtet zu haben. Das höchste Gebot umfaßt, nicht nur selbst gerecht zu sein, sondern auch anderen den Weg zu ebnen, gerecht zu werden. Wenn ein gesellschaftliches Problem besteht, kann nur der Offenherzige die Menschen davon überzeugen, ihm bei dessen Lösung zu helfen, und offenherzig sind die heutigen Verteidiger der Bürgerlichkeit eben nicht, und nur deswegen wird seine Lösung an Stallmeister delegiert werden.

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