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3. August 2023

Gemeinwohl, Gemeinschaft und Privates in den westlichen Gesellschaften

Wie gesagt besteht das Streben der katholischen Kirche darin, die Menschenführungsverhältnisse aufrecht zu erhalten. In diesem Beitrag erkläre ich nun, warum.

Geistlicher Führung geht es um das Gemeinwohl, und weltliche Führung erzeugt Gemeinschaft. Was übrig bleibt, ist das Private.

Die katholische Kirche hat diese drei Bereiche auf die Menschenführungsverhältnisse verteilt, nämlich
  • das Gemeinwohl auf jenes zwischen Prüfer und Kandidatem, sowie zweitrangig auf jenes zwischen Beherbergendem und Gast, weil sich die individuellen Interessen in diesen Verhältnissen von alleine ausgleichen, so daß sie offen für das in Form von Verkehrsbedingungen gepredigte Gemeinwohl sind,
  • die Gemeinschaft auf jenes zwischen Herrem und Diener, Investor und Protegè und Inspektor und Rekrutem, so daß die Betrauungsbedingungen in den Händen der weltlichen Führung liegen, und
  • das Private auf jenes zwischen Auftraggeber und -nehmer, so daß die Begegnungsbedingungen privat geregelt sind.
Die Verhältnisse zwischen Abrichtendem und Gefügigem und Sieger und Duldendem sind als Formen der Despotie in westlichen Gesellschaften tabu, ebenso wie das zwischen Direktion und Gehorsamem als Form der Gewissensbevormundung. Wie gesagt gehört es zum kommunistischen Programm, eine sozialistische Direktion zu errichten, um eine kommunistische Revolution gegen sie zu entfachen, doch ist das bisher stets fehlgeschlagen.

Sozialistische Direktionen hatten wir im Westen bisher zwar noch nicht, aber es gibt schon seit geraumer Zeit einen allgemeinen Mißstand im katholischen Entwurf, nämlich die Aggressivität, mit welcher die weltliche Führung ihr Monopol auf die Betrauungsbedingungen im Schulwesen ausnutzt.

Grundsätzlich betrachten wir andere Lebewesen, wenn wir sie nicht gerade töten oder heilen wollen, als Entwicklungen, welche wir gerne nach einem bestimmten Muster verlaufen sähen, und die weltliche Führung stellt die folgenreichste dar. Weil sie also über die von ihr Abhängigen frei verfügt, kann jene niemand so gut wie sie selbst deren Abhängigkeit von ihr lehren, nämlich was jene tun müssen, um von ihr beholfen zu werden, so daß sie sich aufschwingen kann, deren Lose wie in einer Lotterie als Preise zu versprechen.

Das Los der Menschen liegt also in der Hand der weltlichen Führung, weil sie die Abhängigkeiten (von ihr selbst) lehrt, das Gesetz in der Hand der geistlichen, indem sie die Begleiterscheinungen unheiligen Verkehrs lehrt, und das Wirken in jener privater Lehrer, welche die Lehrlinge auf ihre Verantwortlichkeit hinweisen.

Nun ist es aber so, daß die weltliche Führung das Los der von ihr Betrauten bewußt ungünstig gestaltet, um deren Kinder um so versessener auf ein günstigeres zu machen, und so kommt es, daß sich die Jugend übermäßig für Gelegenheiten interessiert und nicht genug für Gesetzmäßigkeiten, welche jeder dem Gemeinwohl verpflichteten Regelung zu Grunde liegen.*

Mit anderen Worten haben sich die Nationalstaaten, genau wie Schopenhauer es gesagt hat, selbst zu Räuberhöhlen gemacht, und zwar indem sie ihre Jugend zur Plünderung erziehen - letztlich, weil nichts bequemer ist, als die Staatskasse mit den Steuern von Plünderern zu füllen.**

Gut, das ist die Vorgeschichte, und vor diesem Hintergrund sehen wir jetzt den im vorigen Beitrag beschriebenen Kampf um die Verkehrsbedingungen. Ich blieb dort etwas vage hinsichtlich der verwendeten Taktiken und meinte nur, daß der Aktivismus (des Fanatikers) den nötigen analytischen Blick unterminiere, um die Verkehrsbedingungen im Rahmen des wechselseitigen Verhältnisses zwischen Prüfer und Kandidatem zu regeln.

Wodurch aber kommt dieser Aktivismus zustande? Nun, er ist stets der betraute Ersatz für eine als gestört angenommene Verkehrsregelung. Damit die Verkehrsregelung aber als gestört angenommen werden kann, denn es handelt sich ja um eine politische List, das heißt, sie ist es nicht, ist es nötig, daß das Bild der Vergangenheit einer großen Anzahl von Menschen verfälscht wird, das heißt jenes Bild, welches sie zeigt

Es gibt nur drei Weisen, wie die Vergangenheit verfälschet wird, nämlich
  1. der Dargestellte verfälscht sie selbst,
  2. der Beobachter verfälscht sie ohne Grund, also aus Bosheit, oder
  3. der Beobachter verfälscht sie mit Grund, also aus einem Verdacht heraus.
Die erste Weise betrifft zwar nur einen Menschen, aber wir können sie trotzdem nicht übergehen, weil die übrigen beiden Weisen Verfälschungen wie ein Lauffeuer verbreiten können.

Die zweite Weise wird für gewöhnlich Verleumdung genannt. Nun gibt es zwar viele Verleumder, aber für den hiesigen Zweck nicht genug, es sei denn, es ließen sich auf einen Schlag zusätzliche erzeugen. Genau das bewirkt der (Kirchen-)Bann. Er stellt so etwas wie den Karneval für diejenigen dar, welche lieber verleumden als fremdgehen. Indem jemand geächtet wird, wird auch automatisch jeder mitgeächtet, welcher ihn nicht ächtet, und so verbreiten sich in Windeseile falsche Vorstellungen über die Vergangenheit der Betroffenen, und dabei handelt es sich bei geschickter Einfädelung der Ächtung, etwa nach einer Weile des Hofierens einer hinreichend kontroversen Person oder auch durch die Erzeugung von Nöten, welchen nur eine hinreichend kontroverse Person Gehör schenkt, um eine hinreichend große Menge, um die Regelung der Verkehrsbedingungen, also der gesellschaftlichen Gepflogenheiten, durch gegenseitige bürgerliche Beurteilung in Frage zu stellen.

Natürlich funktioniert so ein Bann nur, wenn der Glaube der Menschen ein solcher ist, daß er den Menschen als vom Bösen wie von einer ansteckenden Krankheit befallen betrachtet, stets unsicher und gefährdet und vor allem seiner eigenen Beurteilung in Gottes Augen nicht sicher, so daß er nie weiß, ob er gesund ist.

Die dritte Weise funktioniert hingegen auch ohne jahrhundertelange Gehirnwäsche. Wenn jemand von heute auf morgen seinen Kurs ändert und sich feindlich zeigt, geraten seine Unterstützer bis dahin in den Verdacht, dies gewußt und gewollt zu haben, auch wenn nichts der Wahrheit ferner sein könnte.

Es ist also möglich, durch Ächtung und durch politischen Betrug, das Vertrauen in die zivilisierende Kraft des gleichberechtigten Umgangs mit einander zu zerstören, und wenn das das Ziel ist, und es ist das Ziel, da sich zusätzliche Macht nur den Händen der Bürger entwinden läßt, so wird beides gleichzeitig eingesetzt werden, um das Schisma tiefer zu machen. Es steht aber zu hoffen, daß sich der ganze Zauber sehr bald durch die Erbärmlichkeit seiner eigenen Vorstellungen entblößt. Und vielleicht gibt es auch Menschen, welche dem ganzen gar nicht erst auf den Leim gehen.

* Bisweilen bemüht die weltliche Führung gar ihre eigenen Scheinexperten, um die Einseitigkeit der Ausbildung, welche sie der Jugend zukommen läßt, zu überspielen.

** Einige Plünderer haben mittlerweile damit begonnen, den Staat selbst zu plündern, indem sie es geschafft haben, dies politisch überzeugend zu verpacken. Man könnte es eine Autoimmunkrankheit nennen.

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