Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

8. April 2024

Grundlegende soziale Anpassungen

Ich definierte die Erlebnis-, Repräsentations- und Willenskulturen dadurch, daß sie die totale Anpassung an die Bildung ihres jeweiligen Hebelpunkts erzwingen, die Erlebniskultur an eine Entwicklung, die Repräsentationskultur an eine Haltung und die Willenskultur an Vorhaben, aber nicht jeder solche Zwang begründet eine solche Kultur, vielmehr gibt es grundlegende Anpassungszwänge, ohne welche es keine Gesellschaft geben kann, welche von den vorgenannten Kulturen ausgeweitet werden.

Wie ich im Beitrag Segen, Gnade und Los Gottes ausführte, baut
  • die Umsetzung des Gewissens auf der Vorliebe auf,
  • die Begegnung der Vorliebe auf dem (subjektiven) Glauben und
  • die Einordnung nach dem (subjektiven) Glauben auf dem Gewissen,
und dieser Zusammenhang zwischen
  • Entwicklung und Frieden,
  • Haltung und Verbundenheit und
  • Vorhaben und Rechtschaffenheit
zeigt sich auch in der Zivilisierung von Gesellschaften, nämlich heuristisch darin, daß wir gesellschaftliche
  • Entwicklungen danach beurteilen, welche Vorhaben in ihnen umgesetzt werden,
  • Haltungen danach, wie sie Entwicklungen begegnen, und
  • Vorhaben danach, wie sie nach den vorherrschenden Haltungen eingeordnet werden,
und analytisch darin, daß
  • das Gelübde Gesetze einzuhalten, also die Gesetzestreue oder Loyalität, den Frieden garantiert,
  • die Anerkennung der Menschlichkeit Anderer, also das Mitgefühl, die Verbundenheit und
  • die Verpflichtung zur (Sorge für die) Zukunft, also die Selbstbestimmtheit, die Rechtschaffenheit.
Und weil die sich an diese grundlegenden sozialen Anpassungen Anpassenden die Zivilisierungsleistung vollbringen, drohen sie den sich ihnen Verweigernden ihre Aufhebung an,
  • den Gesetzlosen den Entzug des Segens der Verpflichtung zum Frieden,
  • den Rücksichtslosen den Entzug der Gnade der Gelobung der Verbundenheit und
  • den Drückebergern den Entzug des Loses der Anerkennung der Rechtschaffenheit, 
und dasselbe tun die Herrschenden in Erlebnis-, beziehungsweise Repräsentations- oder Willenskulturen, nur daß
  • nicht erst die Gesetzlosen, sondern bereits die Freiheiteninfragestellenden bedroht werden,
  • nicht erst die Rücksichtslosen, sondern bereits die Expertiseinfragestellenden, und
  • nicht erst die Drückeberger, sondern bereits die Zuständigkeitsinfragestellenden,
und die Herrschenden ihren Herrschaftsanspruch mithin als Mittel zur Gewährung von Gesetzestreue, Mitgefühl oder Selbstbestimmtheit bemänteln, die Vereinigten Staaten den ihren als Mittel zur Gewährung von Gesetzestreue, die katholische Kirche den ihren als Mittel zur Gewährung von Verbundenheit und der Sozialismus den seinen als Mittel zur Gewährung von Selbstbestimmtheit.

Mir wurde das heute morgen klar, als ich noch einmal Frau Willis' Äußerung vor Gericht, daß sie schwarze Männer nicht öffentlich bloßstellen würde (emasculate...), Revue passieren ließ. Der Inhalt ist ganz uninteressant, aber die Form ist hochinteressant: Da wird also eine schwarze Richterin gefragt, warum sie Gelder verteilt, und sie reagiert darauf, indem sie sinngemäß sagt: Ich hab' genug von diesem Mist. So war das nicht vereinbart!, und zwar als allgemeiner zivilisationskritischer Kommentar: Was füll' ich diese Rolle aus?, wenn ich mir in ihr das gefallen lassen muß! Ein solches Verhalten ist absolut tabu in der amerikanischen Gesellschaft. Die gesellschaftliche Erwartung ist, sich eher die Zunge abzubeißen, als das zu sagen, und es demonstriert, daß sich wenigstens Frau Willis, und möglicherweise die Mehrheit der schwarzen Amerikaner, die Erlebniskultur in keiner Weise zu eigen gemacht hat, denn natürlich beinhaltete die Frage nach den verteilten Geldern zugleich eine dummerhaftige Suggestion und eine Nötigung zu einer öffentlichen Demütigung, aber die Freiheit zu ihr haben Rechtsanwälte im amerikanischen Rechtssystem. Es ist also durchaus möglich, daß ein wesentlicher Bevölkerungsanteil der Vereinigten Staaten schlagartig gesellschaftskonstituierende Gelübde über Bord wirft und anderweitig nach Abhilfe sucht.

Labels: , , , , , , , , , , ,