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7. Februar 2008

Eine kleine Galerie der Philosophie

Wenn uns jemand fragte über die Zusammenkünfte derer, welche die Buchstaben lernen, ob, wenn einer nach irgendeinem Worte gefragt wird, aus was für Buchstaben es bestehe, wir dann sagen wollen, die Frage geschehe mehr wegen des einen Aufgegebenen, oder vielmehr, damit er in allem, was aufgegeben werden kann, sprachkundiger werde?
- Πλάτων

Platon unternimmt es, seine Leser zum Vernunftgebrauche anzuleiten, wohl wissend, daß es nur in den seltensten Fällen gelingen wird und auch wissend, daß er den übrigen auch etwas bieten muß, damit sie seine Schriften bewahren. Der Wahnsinn freilich, welcher seither aus diesem Beete sproß, läßt einen wohl manches Mal an seiner Methode zweifeln, wobei man ihm allerdings die Lauterkeit seines Ansatzes zu Gute halten muß, redet er doch niemandem ein, ein selbst bei guter Bezahlung immer noch nützlicher Diener zu sein, wie es Aristoteles tat, obschon er es einigen zweifellos war.

Ähnlich wie auch Kant ist er heute ein Lackmustest für Idiotie hinter Kathedern und Schreibtischen, doch das wird mit Sicherheit eine Episode bleiben, denn unstet sind und waren Idioten stets. Davon abgesehen leidet er unter dem Hochmut jener Rezensenten, welche meinen seit seiner Zeit immense philosophische Fortschritte gemacht zu haben, weshalb sie sich einer ernsthaften Beschäftigung mit ihm überheben zu können glauben, wozu aber selbst jene nicht berechtigen, welche sich, wie bereits erwähnt, in der Hoffnung um ihn scharen, Atlantis zu finden.


„Da wir nunmehr mit jenen Kreisläufen aufgeräumt haben, die, wie man meinte, die Seele mit Notwendigkeit stets in dasselbe Elend zurückführen sollten, erübrigt und ziemt sich für die Frömmigkeit nur noch der Glaube, daß es für Gott nicht unmöglich ist, Neues zu schaffen, was er noch niemals schuf, und doch kraft unbeschreiblichen Vorauswissens seinen Willen nie zu ändern.“
- AVGVSTINVS

Die Abkehr von der ewigen Wiederkehr des Fortschritts wegen, Augustinus gehört damit zu den Begründern der europäischen Kultur, welche sich im Kern dadurch auszeichnet, daß etwas, was nicht geliebt werden kann, auch nicht wahr sein kann. Ihr erster Glaubenssatz ist also, daß es die Zeit darum gibt, damit sich in ihr die frommen Wünsche der Menschen erfüllen mögen, eine Fortschrittsgläubigkeit, welche auch heute noch ungebrochen ist, wenngleich ihr auch nicht alle Menschen anhangen.

Leider neigen seine Rezensenten nicht dazu, seine wahre Bedeutung zu betonen, wohl weil es sie zu gewöhnlich erscheinen ließe. Für gewöhnlich sind die Menschen aber gewöhnlich, und gewöhnlicherweise treibt sie ihre Eitelkeit dazu an, den Anschein von Gewöhnlichkeit zu meiden. Wer indes wissen will, warum er der ist, wer er ist, der darf so gewöhnlich nicht sein und muß sich seinen Prägern stellen.


„Zu jedem Begriff wird erstlich die logische Form eines Begriffes (des Denkens) überhaupt, und denn zweitens auch die Möglichkeit, ihm einen Gegenstand zu geben, darauf er sich beziehe, erfordert.“
- Immanuel Kant

Dieses so geschrieben zu haben, nur um sich in der Folge in Verstandeswesen zu verstricken und dabei die Reflexion, das Begreifen von Begriffen, gänzlich zu übergehen, zeigt Kant klar als pflichtgetrieben und verständig, ein Sehender, welchen die Pflicht bald auf manch bodenlosen Abweg führte. Dieser Makel macht es, daß man ihn bald nirgends an einem Stücke lesen kann und dort am meisten findet, wo er sich die Freiheit nimmt ein wenig zu plaudern oder einem Pfaue gleich zu glänzen.

Er scheint aber insgesammt eher zu den positiven philosophischen Einflüssen zu zählen, wenngleich es sich in seinem Falle weniger prominent zeigt als in Schopenhauers, welcher allerdings, wie auch Beckett, selbst Zeugnis davon gibt. Freilich gehört Kant aber auch zu den Autoren, welche Rezensenten mit Gescheutheitsdünkel anziehen, und einige Vorsicht ist in dieser Angelegenheit geboten.


„Weil nun, wie wir gesehen haben, jene Selbstaufhebung des Willens von der Erkenntniß ausgeht, alle Erkenntniß aber als solche von der Willkür unabhängig ist; so ist auch jene Verneinung des Wollens, jener Eintritt in die Freiheit, nicht durch Vorsatz zu erzwingen, sondern geht aus dem innersten Verhältniß des Erkennens zum Wollen im Menschen hervor, kommt daher plötzlich und wie von Außen angeflogen. Daher eben nannte die Kirche sie Gnadenwirkung - Arthur Schopenhauer

Schopenhauers Verdienst betrifft die Ethik, er wurde nicht umsonst dafür ausgezeichnet, stellt er doch das Primat der Einsicht für jede ethische Verbesserung so klar heraus, wie es zuvor schon lange keiner mehr tat. Er liebt dabei allerdings das weitschweifige Wort und blumige Bild und drückt sich schon mal ganz gerne um Detailfragen. Man sollte seine Ordnungsansätze indes nicht verachten, denn sie entspringen wohl der Ahnung der wahren Verhältnisse.

Wie kaum ein anderer Philosoph hat er Menschen in ihren Taten beeinflußt, Wagner und Schweitzer kommen einem wohl zuerst in den Sinn, und damit seinem eigenen Standard gemäß bewiesen, Einsicht zu verbreiten. An Hochschulen freilich macht er sich nicht so gut, und seine Rezensenten neigen über die Maßen dazu, ihn zu rezitieren.

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