Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

6. März 2011

Temperamente und Gesinnungen

Von den vier Teilen des Bewußtseins, Vertrauen, Verstand, Gemüt und Sinnlichkeit - letzteren Begriff werde ich fortan im Sinne von sinnlicher Erfahrbarkeit an Stelle von Handhabung und Beherrschung verwenden - sind drei willenshaft und der vierte (bzw. hier der erste) vermittelnd. Aus diesen drei Teilen entspringen die drei Gesinnungen, die Suche nach dem rechten Begriff, der rechten Haltung und der rechten Handhabung (im engeren Sinne) oder eben die philosophische, die heroische und die materialistische Gesinnung.

Diese werden schon von Platon erwähnt, und es wäre daher nicht direkt verwunderlich, wenn sich die klassischen vier Temperamente mit ihnen decken würden - was sie tun. Der Phlegmatiker hat schlicht keine Motivation, und wir können ihn also von vorn herein aussortieren. Die übrigen drei Temperamente, also der Sanguiniker, der Choleriker und der Melancholiker, werden durch ihre schlechten Seiten beschrieben, genauer gesagt durch ihre Nervenzusammenbrüche, was freilich das gemeine Volk nur bei den letzten beiden Temperamenten als solches versteht und dem Sanguiniker also vor ihm den Anschein der Erstrebenswertheit gibt, da er als einziger nicht defizitär zu sein scheint.

Das ist aber eine lächerliche Falschdarstellung, oder jedenfalls wäre sie es, wenn sie nicht auch zugleich gefährlich wäre, denn durch sie werden Materialisten eugenisch und Helden und Philosophen dysgenisch beeinflußt. Nur weil der Philosoph, in seinem Bemühen, die Dinge zu begreifen, manchmal melancholisch wird und der Held, in seinem Bemühen vorbildlich zu sein, manchmal in Wut ausbricht, sind sie gewiß nicht defizitärer als der Materialist, welcher manchmal die feine Abwägung seiner Interessen über der Leidenschaft (zumeist der Spielsucht) vernachlässigt.

So ist es richtig dargestellt, und es ist beunruhigend, wie wenig diese richtige Darstellung verbreitet ist, denn natürlich ist dies sehr wichtiges Wissen, welches für ein gedeihliches Zusammenleben auch unabdingbar ist. Aus dem Grund haben es die antiken Autoren auch immer hervorgehoben, welcher Bewußtseinsteil für die Handlung eines tragischen Helden verantwortlich war: als Beweis ihrer Einsicht und Würde, nämlich legitime Kulturschaffende zu sein.

Heutige Wissenschaftler sehen darin hingegen einen niederen Bewußtseinszustand, in welchem es keine Verbindung zwischen den einzelnen Teilen gegeben hat. Damit ist freilich alles gesagt. Aber wie kann das sein? Kann diese Einsicht restlos verschüttet worden sein oder werden wir planmäßig dumm gehalten?

Labels: , ,