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4. März 2012

Vom vierten Bewußtseinshorizont

Was im vierten Bewußtseinshorizont in den Blick kommt, das habe ich natürlich schon beschrieben. Nun ist es aber so, daß man die alltägliche Erscheinung der übrigen drei Bewußtseinshorizonte auf sehr einfache Weise beschreiben kann, nämlich schlicht als sinnlich, herzlich und verständig. Eine solche Beschreibung ist durchaus auch für den vierten Bewußtseinshorizont möglich, nur stellen sich an der Stelle Fragen.

Der vierte Bewußtseinshorizont öffnet den Blick auf den Umstand des bewußt Seins und damit zugleich auf die schwarze Tiefe der Transzendenz hinter diesem. Was für einen Eindruck würde man von einem solchen Menschen erwarten? Einen gespenstischen? Nicht, daß diese Erwartung gänzlich falsch wäre, aber sie trifft nicht die alltägliche Erscheinung.

Nein, alltäglich äußert sich der vierte Bewußtseinshorizont nicht durch die Kenntnis jener schwarzen Tiefe, genauso wenig wie sich der erste durch die Kenntnis eines bestimmten sinnlichen Reizes äußern würde, in der alltäglichen Erscheinung liegt vielmehr die Grundhaltung, welche sich aus dem Wissen um das Mögliche ergibt.

Und für den vierten Bewußtseinshorizont führt das auf einen intimen Fatalismus, ein Zustand der Nähe zu allem und jedem, welcher sich dabei aber der Bestimmungsunterschiede bewußt ist.

So weit, so uninteressant. Aber der konkret im vierten Bewußtseinshorizont Lebende ist damit noch nicht erfaßt. Dieser intime Fatalismus kann unterschiedliche Formen annehmen, welche mir aber nicht gleichwertig scheinen, vielmehr scheint mir eine bestimmte Form die richtige zu sein, nämlich die in Verbindung von Güte, Zuversicht und Willenskenntnis, wobei ein bekannter Wille offenbar ein beschränkter ist.

Zum einen bereitet der letzte Punkt natürlich Schwierigkeiten, zum anderen stellt sich die Frage nach der Verantwortung für das Ganze, wenn man sie nicht auch unter ersterem faßt.

Freilich, bei ersterem denke ich eher daran, welches Maß an Liebesbeziehungen und weltlicher Involviertheit das richtige ist. Ich neige diesbezüglich zur Übervorsicht und daraus ergibt sich der Argwohn, daß ich gierzerfressen sein könnte. Wahrscheinlich bin ich es nicht. Weder neige ich dazu, mir mehr aufzubürden als ich tragen kann, noch bin ich im eigentlichen Sinne aufdringlich, also in dem, daß mir sozusagen niemand entkäme. Wahrscheinlich sollte ich diese Dinge lockerer sehen.

Der zweite Punkt ist aber von anderer Art, wesentlich tiefer und schwieriger. Es ist eine Sache mit sich selber Frieden zu schließen. Aber was soll man tun, wenn man weiß, daß es Frevel in der Welt gibt, welcher getilgt werden muß? Es hilft nicht einzuwenden, daß wahrer Frevel schon getilgt werden wird, daß dies quasi die Definition wahren Frevels ist, denn er wird nicht teilnahmslos getilgt.

In soweit man selbst emotional an der Aufrichtung der Zukunft beteiligt ist, stört es den eigenen Seelenfrieden, niemand kann zugleich seiner Seele gänzlich treu sein und sich um die Welt sorgen, letzteres ist stets ein Abweichen vom eigenen Impuls aus Furcht, der Welt nicht gewachsen zu sein. Sorge bedeutet, nicht umzugehen zu wissen, und es liegt in der Natur der Sache, daß es unmöglich ist, mit allem umzugehen. Die Frage lautet also, mit was umzugehen unsere Seele von uns fordert.

Oder anders ausgedrückt, welche Frevel zu tilgen sind wir gekommen? Und wann sind uns all jene nur noch Vergnügen, Gegenstand unserer Funktionserfüllung?

Wahrlich, es ist ein langer Weg.

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