Wissenschaft und Kirche
Hat die Wissenschaft die vormalige Stelle der Kirche ausgefüllt?
Einige glauben das ja, ich nicht, aber sehen wir mal. Da sind natürlich die strukturellen Parallelen. Wie ein Bischof den anderen weiht, so weiht, Verzeihung, ernennt ein Professor den anderen. Dann haben natürlich auch beide ein Pult, von dem aus sie zu ihren Gemeinden sprechen. Der erste Unterschied kommt in den Blick, wenn man nach ihrer Finanzierung fragt. Die Kirche finanziert sich selbst, während die Wissenschaft vom Staat finanziert wird, jedenfalls ihr eigentlicher Teil, also die Forschung, und zumeist auch die Lehre.
Die Kirche ist also finanziell unabhängig und die Wissenschaft nicht, und daran änderte sich auch in einer reinen Marktwirtschaft nichts. Dann ist die Wissenschaft halt nicht mehr von Politikern abhängig, dafür aber vom Markt. Beides läßt sich nur schwerlich von der Kirche behaupten, auch wenn es Beispiele marktorientierter Anbiederung gibt, der Normalfall ist sie nicht. Das liegt im Wesen des Bedürfnisses nach Anleitung begründet, denn wer seinem Publikum zu sehr nachläuft, der leitet es nicht mehr an.
Es gibt aber noch einen wesentlicheren Unterschied. Den Bischöfen unterstehen Priester, welche wöchentlich zu der gesamten Bevölkerung sprechen, während die Doktoranden, welchen den Professoren unterstehen, keinen größeren Kreis erreichen als die Professoren selbst. Nun mag man natürlich einwenden, daß es für die Zwecke der Wissenschaft ja auch ganz unnütz wäre, zu der gesamten Bevölkerung zu sprechen oder auch, daß sie es über den Umweg der Schullehrer ja doch tun. Nur, die Schullehrer unterstehen der Wissenschaft nicht und auch wenn es nicht im Forschungsinteresse der Wissenschaft liegt, sich an die ganze, hauptsächlich recht dumme, Bevölkerung zu wenden, so liegt es doch durchaus in ihrem Lehrinteresse, wenn die betreffende Lehre von politischer Wichtigkeit ist.
Denn genau darum geht es letzten Endes, wenn man fragt, ob die Wissenschaft den Platz der Kirche eingenommen hat. Kann die Wissenschaft, wie einst die Kirche, politisch relevante Lehren aus eigener Kraft unters Volk bringen?
Nein, sie kann es nicht. Die Kirche kontrolliert ihre Medien, die Wissenschaft hingegen wird von den Medien nach deren Interessen herangezogen. Die Wissenschaft hat nur so viel politische Macht, wie es im Interesse der Bevölkerung liegt, sich unvoreingenommen aus ihren Reihen zu informieren, und es läßt sich in Ansicht der Empirie sagen, daß dieses Interesse zu keiner Zeit sonderlich groß war. Heute hat jede Zeitung ihren Wissenschaftsbereich, welcher es im Stile der Bunten so eben ruhig stellt.
Ich wage sogar zu behaupten, daß die Aufklärung dazu geführt hat, daß der Einfluß der Wissenschaft, nach einem Zwischenhoch unter den aufgeklärten Autokratien, auf die Politik abgenommen hat, denn Kirche und König haben sich ja durchaus dafür interessiert, was Wissenschaftler gedacht haben, während sich heute, außer in den technisch verwertbaren Wissenschaften, Materialforschung etwa, niemand dafür interessiert, was ein Wissenschaftler denkt, wenn er nicht schon von vornherein nur dafür ausgebildet und bezahlt wird, das zu sagen, was man von ihm hören will.
Es ist so gesehen erstaunlich, daß es heute überhaupt noch eine Wissenschaft gibt, welche weder gesteuert noch marktrelevant ist, wobei man allerdings sagen muß, daß der Grad ihrer Ausrottung lokal durchaus verschieden ist, man sehe sich nur einmal den Campus der Universität von Tours an, um zu sehen, wie weit es kommen kann. Dagegen lebt die deutsche Wissenschaft auf einer, wenn auch unbeachteten, Insel der Seligen.
Einige glauben das ja, ich nicht, aber sehen wir mal. Da sind natürlich die strukturellen Parallelen. Wie ein Bischof den anderen weiht, so weiht, Verzeihung, ernennt ein Professor den anderen. Dann haben natürlich auch beide ein Pult, von dem aus sie zu ihren Gemeinden sprechen. Der erste Unterschied kommt in den Blick, wenn man nach ihrer Finanzierung fragt. Die Kirche finanziert sich selbst, während die Wissenschaft vom Staat finanziert wird, jedenfalls ihr eigentlicher Teil, also die Forschung, und zumeist auch die Lehre.
Die Kirche ist also finanziell unabhängig und die Wissenschaft nicht, und daran änderte sich auch in einer reinen Marktwirtschaft nichts. Dann ist die Wissenschaft halt nicht mehr von Politikern abhängig, dafür aber vom Markt. Beides läßt sich nur schwerlich von der Kirche behaupten, auch wenn es Beispiele marktorientierter Anbiederung gibt, der Normalfall ist sie nicht. Das liegt im Wesen des Bedürfnisses nach Anleitung begründet, denn wer seinem Publikum zu sehr nachläuft, der leitet es nicht mehr an.
Es gibt aber noch einen wesentlicheren Unterschied. Den Bischöfen unterstehen Priester, welche wöchentlich zu der gesamten Bevölkerung sprechen, während die Doktoranden, welchen den Professoren unterstehen, keinen größeren Kreis erreichen als die Professoren selbst. Nun mag man natürlich einwenden, daß es für die Zwecke der Wissenschaft ja auch ganz unnütz wäre, zu der gesamten Bevölkerung zu sprechen oder auch, daß sie es über den Umweg der Schullehrer ja doch tun. Nur, die Schullehrer unterstehen der Wissenschaft nicht und auch wenn es nicht im Forschungsinteresse der Wissenschaft liegt, sich an die ganze, hauptsächlich recht dumme, Bevölkerung zu wenden, so liegt es doch durchaus in ihrem Lehrinteresse, wenn die betreffende Lehre von politischer Wichtigkeit ist.
Denn genau darum geht es letzten Endes, wenn man fragt, ob die Wissenschaft den Platz der Kirche eingenommen hat. Kann die Wissenschaft, wie einst die Kirche, politisch relevante Lehren aus eigener Kraft unters Volk bringen?
Nein, sie kann es nicht. Die Kirche kontrolliert ihre Medien, die Wissenschaft hingegen wird von den Medien nach deren Interessen herangezogen. Die Wissenschaft hat nur so viel politische Macht, wie es im Interesse der Bevölkerung liegt, sich unvoreingenommen aus ihren Reihen zu informieren, und es läßt sich in Ansicht der Empirie sagen, daß dieses Interesse zu keiner Zeit sonderlich groß war. Heute hat jede Zeitung ihren Wissenschaftsbereich, welcher es im Stile der Bunten so eben ruhig stellt.
Ich wage sogar zu behaupten, daß die Aufklärung dazu geführt hat, daß der Einfluß der Wissenschaft, nach einem Zwischenhoch unter den aufgeklärten Autokratien, auf die Politik abgenommen hat, denn Kirche und König haben sich ja durchaus dafür interessiert, was Wissenschaftler gedacht haben, während sich heute, außer in den technisch verwertbaren Wissenschaften, Materialforschung etwa, niemand dafür interessiert, was ein Wissenschaftler denkt, wenn er nicht schon von vornherein nur dafür ausgebildet und bezahlt wird, das zu sagen, was man von ihm hören will.
Es ist so gesehen erstaunlich, daß es heute überhaupt noch eine Wissenschaft gibt, welche weder gesteuert noch marktrelevant ist, wobei man allerdings sagen muß, daß der Grad ihrer Ausrottung lokal durchaus verschieden ist, man sehe sich nur einmal den Campus der Universität von Tours an, um zu sehen, wie weit es kommen kann. Dagegen lebt die deutsche Wissenschaft auf einer, wenn auch unbeachteten, Insel der Seligen.
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