Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

4. Juni 2012

Ungelenkte Massennachfrage und Innovativität

Ganz gleich, wie eine Gesellschaft verfaßt ist, ganz gleich, welches Produkt betrachtet wird, stets ist so, daß die natürliche Neigung des Verbrauchers darin besteht, sich selbst so wenig wie nur irgend möglich mit den Funktionsvoraussetzungen des von ihm erstandenen Produktes auseinanderzusetzen.

Dieses führt dazu, daß Produkte für ihn maßgeschneidert werden, solange die Mehrkosten dem nicht im Wege stehen.

Und diese Gesetzmäßigkeit verbindet sich heute unseligerweise mit einer anderen, nämlich der, daß es aufgrund der quantitätsunabhängigen Innovationskosten rentabler ist, Produkte für einen Massenmarkt zu entwickeln.

Beide zusammengenommen bewirken nun, daß Verbraucher beginnen, ihre Wünsche auf einen immer kleineren Kreis von hochentwickelten Standardprodukten einzugrenzen und Produzenten sich auf die Herstellung just dieser beschränken, wobei die Herstellung hochentwickelter Produkte natürlicherweise ein exklusiver Vorgang ist.

Selbstverständlich kann es ein Produkt in verschiedenen Preislagen geben, doch für jede Preislage gilt das Gesagte, und damit ist die gesamte Wirtschaft einem letztlich entgeistigenden Konzentrationsprozeß unterworfen.

Was beschließen die Grünen angesichts dessen?

Die Energiekosten zu erhöhen, in der Hoffnung dadurch die Vorteile der Massenproduktion zu beseitigen.

Mann, Mann, Mann. Zwei Möglichkeiten, und immer ist es die schwachsinnige, welche Popularität erlangt.

Die Konstanz der Innovationskosten ist ein Faktor, welcher auch bei höheren Energiekosten noch ins Gewicht fällt. Natürlich hatten wir dieses Problem im vorindustriellen Zeitalter nicht in dieser Form, aber Energiekosten, welche faktisch darauf hinauslaufen, ins vorindustrielle Zeitalter zurückzukehren, wird es nicht geben. Vorher bricht Krieg aus.

An der zweiten Gesetzmäßigkeit, der technischen Seite, kann man nichts ändern, oder jedenfalls nicht, ohne einen Zivilisationsabriß einzufädeln.

Aber an der ersten Gesetzmäßigkeit, der menschlichen Seite, kann man sehr wohl etwas ändern und muß es auch, ganz unabhängig davon, welchen Weg man bei der Lösung sonstiger Probleme beschreitet.

Man muß den Verbraucher eben dazu erziehen, sich mit den Funktionsvoraussetzungen seiner erstandenen Produkte vertraut zu machen, soweit, daß er selbst sein Auto selber zusammenschraubt.

Dann können Produzenten Einzelteile für einen Massenmarkt herstellen, welche vielseitig einsetzbar sind, also auch in Verbindungen, für welche es keinen Massenmarkt gibt.

Wer jetzt argumentiert, daß sich doch Nischenanbieter genau darauf spezialisieren könnten, übersieht, daß es die dafür notwendigen Standardisierungen nie geben wird, wenn sie nicht von einem Massenmarkt gefordert werden.

Ich bringe ein Beispiel aus der Softwarebranche. Wer heute ein Programm für ein heute bestehendes Betriebsystem schreibt, weiß, daß er es in absehbarer Zeit aktualisieren muß, damit es auch auf der neuesten Version dieses Betriebsystems problemlos läuft. Es ist für die beteiligten Akteure profitabler so, vielleicht nicht für alle, aber für die entscheidenden. Aber nur deshalb können sie sich diese gezielte Auflösung von Standards leisten, weil sie dem Verbraucher weitestgehend egal ist.

Sobald der Verbraucher in signifikantem Maß an der Einhaltung von Standards interessiert ist, werden sie respektiert. Und er ist es dann und nur dann, wenn er diese Standards selbst benutzt, das kann ich aus Erfahrung in der Computerbranche sagen.

Ein Computerkonzern sagt, man solle nicht die Hardware direkt programmieren, weil er nicht sicherstellen könne, daß zukünftige Computergenerationen diesbezüglich noch abwärtskompatibel sein werden.

Genau das werden sie aber sein, wenn ein wirtschaftlich signifikanter Teil die Hardware direkt programmiert.

Und andererseits müssen selbst Programmierer, welche plattformunabhängig in Java programmieren, ihre Programme noch aktualisieren, wenn Sun sie für unwichtig hält.

Es ist eine reine Machtfrage.

Wir müssen aber bedenken, was wir mit Standards verlieren, nämlich die Fähigkeit, Produkte auf einer höheren Ebene als der Fabrikebene herzustellen. Welcher Privatprogrammierer hat schon Lust, seine Software ständig zu aktualisieren? Für Softwarefabriken ist es nützlich, weil sie ihre Kunden ständig neu zur Kasse bitten können, aber der Aufwand lohnt sich eben nur für Massenprodukte.

Daß dieses so in der Softwarebranche zu beobachten ist, welche ja durch keine physischen Gesetze beschränkt wird und welche insbesondere von Energiekosten zu allerletzt abhängt, ist vielleicht das stärkste Indiz für die Allgemeingültigkeit des von mir behaupteten Konzentrationsprozesses. Einschränkend ließe sich allenfalls sagen, daß es von Seiten einiger Konzerne durchaus Bemühungen gibt, neue Standards einzuführen, beispielsweise auch von Seiten von Google, was ich hier durchaus lobend erwähnen möchte.

Es ist ja auch nicht so, daß es unmöglich ist, diesen Prozeß aufzuhalten. Man muß nur die Verbraucher an die Funktionsvoraussetzungen der Produkte, welche sie benutzen, heranführen. So, und nur so, kann Abhilfe gefunden werden.

Labels: , , ,