Bereitschaftsbeitrag

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17. Juli 2013

Nochmals zur Unvereinbarkeit aller Seelenteile in einer Kultur

Oberflächlich betrachtet besteht der größte Gegensatz zwischen Lust und Achtung, nicht so sehr in ihrer Substanz, also dem Unterschied zwischen Anstrengung und Ansatz, als in dem gesellschaftlichen Umfeld, in welchem sie gedeihen.

Denn die Lust profitiert von der Herausforderung und die Achtung vom Respekt.

Dieses ist auch nicht zufällig so, sondern weil das aus dem alten erwachsende Neue sich nur in einem dem Alten ganz entgegengesetzten Umfeld behaupten kann, und umso mehr, als das Alte ungeteilt ist.

Deshalb liegt es in der tierischen Natur, Regeln zu achten, und in der Natur von Pflanzen, zehnfach auszuschlagen, wenn der Haupttrieb ausfällt, oder in der Natur von Knochen, sich zurückzubilden, wenn die Schwerkraft fehlt.

Und entsprechend verhält es sich eben auch mit Menschen, deren Motivation der einen oder der anderen Bewußtseinsschicht verhaftet ist, verhaftet ist, nicht entspringt, entspringen tut alle menschliche Motivation der Sorge.

Dennoch, es gibt eine kulturelle Verbindung von Herausforderung und Respekt, nämlich durch die Idee des Exzeptionalismusses, der Vorstellung, daß das gewöhnliche Leben von periodisch wiederkehrenden außergewöhnlichen Phasen unterbrochen wird.

Verstoß gegen die gewöhnlichen Gesetze in diesen Ausnahmezuständen ist der Sinn der Sache, und also stets vorhanden. Darin liegt aber auch, daß diese Gesetze nicht ethisch begründet sein können, denn dann duldeten sie keine Aufhebung.

Man wird die Gesetze und ihre periodische Aufhebung also verabsolutieren, außerhalb des Bereichs des Menschlichen stellen. Und genaus so verhält es sich traditionellerweise in Tibet und Japan. Der gesellschaftliche Frieden beruht also auf dem Verzicht auf Ethik.

Das Problem damit ist nur, daß es der Sorge um ethisches Verhalten geht, daß dies der Lebenssinn derjenigen ist, deren Motivation dem Anstreben von Gleichgewichten verhaftet ist. Für diese ist der Verzicht des Gesetzes auf den Anspruch, ethisch begründet zu sein, ein Schlag in die Magengrube, etwas, das ihnen das Leben verleidet, denn sie lehnen es ab, Gleichgewichten unterworfen zu werden, da sie diese ja selbst gestalten wollen.

Wie nun Herausforderung die Lust gedeihen läßt und Respekt die Achtung, so stärkt Prinzipientreue die Sorge.

Respekt und Prinzipientreue lassen sich offensichtlich leicht verbinden, nur schafft das ein lustfeindliches Klima. Dazu möchte ich gar nichts weiter schreiben, denn es ist nach dem vorigen wohl ersichtlich.

Und auch Herausforderung und Prinzipientreue lassen sich verbinden, wenngleich das Ziel einer solchen Verbindung entweder die Überlistung der Lust oder die Pervertierung der Sorge sein muß. Letzteres wäre keine glückliche Lösung, und ersteres erfordert ständige Bestechung, um die Lust über ihre Übervorteilung hinwegzutrösten.

Konkret wird man der Lust alle möglichen Rechte einräumen, um sich im Wettstreit zu bewähren und ihren Teil einzufordern, um ihr dann hintenrum wieder das Nötige abzuzwacken und die Geprellten mit zur Schau gestellter Großzügigkeit zu besänftigen.

Und das ist im wesentlichen die arabische Kultur. Aber auch wenn hier Prinzipien befolgt werden, Rücksicht wird hier nicht genommen, der gesellschaftliche Friede beruht darauf, sich stets über die Interessen Einzelner hinwegsetzen zu können, um die Gemüter zu kühlen.

Und von dieser Art ist alles Zusammenleben auf diesem Planeten. Die verschiedenen Interessenverbindungen konkurrieren mit einander, und nur so können sie koexistieren. Anders ausgedrückt endete der Wettstreit erst, wenn menschliche Motivation nicht mehr jedem der drei Seelenteile verhaftet wäre. Sinnvollerweise machte man sich Gedanken, wie dieser Wettstreit aussehen sollte, statt Universalismus zu predigen.

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