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2. Juli 2013

Nochmals zu Phaidros

Was genau hat Platon gemeint, als er das folgende schrieb?
Wie ich im Anfang dieser Erzählung dreifach jede Seele zerteilt habe, in zwei roßgestaltige Teile und drittens in den dem Führer ähnlichen, so bleibe es uns auch jetzt noch angenommen. Von den beiden Rossen, sagten wir weiter, sei eines gut, eines aber nicht. Welches aber die Vortrefflichkeit des guten und des schlechten Schlechtigkeit ist, haben wir nicht erklärt, jetzt aber müssen wir es sagen. Das nun von beiden, welches die bessere Stelle einnimmt, von geradem Wuchse, leicht gegliedert, hochhalsig, mit gebogener Nase, weiß von Haar, schwarzäugig, ehrliebend mit Besonnenheit und Scham, wahrhafter Meinung freund, wird ohne Schläge nur durch Befehl und Worte gelenkt; das andere aber ist senkrückig, plump, schlecht gebaut, hartmäulig, kurzhalsig, mit aufgeworfener Nase, schwarz von Haut, glasäugig und rot unterlaufen, aller Wildheit und Starrsinnigkeit freund, rauh um die Ohren, taub, der Peitsche und dem Stachel kaum gehorchend.
Wie das auf die Seele paßt, behandelte ich ja schon letztes Jahr im Beitrag Der Führer des Gespanns. Aber es läßt sich auch gesellschaftlich verstehen, wenn man die Sorge mit Gestimmten (Suchenden), die Achtung miit Erwartenden (Achtenden und Versuchenden) und die Lust mit Erregten (Ringenden) identifiziert.

Dann unterscheidet Platon nämlich schlicht die Art, wie Gestimmte über andere herrschen sollten. Erwartende sollten sie beraten und ermahnen, Erregte hingegen mit Gewalt zügeln. Und das ist ein handfester Anachronismus, nicht wahr?

In Europa kommen Gestimmte und Erwartende zusammen, wenn meine diesbezüglichen Annahmen über die Abstammung väterlicherseits stimmen, im Durchschnitt auf gut 90% der Bevölkerung und in Arabien und Nordafrika kommen Gestimmte und Erregte zusammen auf knapp 100%.

Platon riete also an, Europa durch Beratung und Ermahnung zu beherrschen und Arabien und Nordafrika durch gewaltsame Zügelung.

Und so war es ja auch lange Zeit, genauer gesagt ab Platons 1000sten Geburtstag, also dem Jahr, in welchem Mohammed geboren wurde, bis vor kurzem.

Kurios. Aber vielleicht braucht jede Einsicht 1000 Jahre, bevor sie umgesetzt wird. Oder die Welt ist ein Maskenball.

Die Stärke des Islams ist die Schlechtigkeit der Menschen, die Stärke des Christentums ihr Edelmut, erstere fordert gewaltsame Zügelung, letzterer Beratung und Ermahnung, aber dieses letztere findet heute nicht mehr statt, niemandes Edelmut wird Raum gegeben, sich der Welt in Taten zu beweisen.

Aber anders kann es nicht sein, wenn Gestimmte und Erwartende zusammenleben. Der Führer des Gespanns schüfe sich selbst nur Ärger, wenn er das gute Roß zu eng am Zügel führte. Er muß es - unter seiner Direktion zwar - laufen lassen.

Und die Menschen bleiben und werden irgendwann auch wieder aufstehen, auf ihre ureigenste Weise. So lange aber niemand beansprucht, für das Gute in der Welt einzustehen, und sei es ein ganzes Volk zusammen, so lange schreitet die gesellschaftliche Auflösung fort. Wir schreien heute so viel vom Guten, daß das Gekeif den Glauben an es vertreibt.

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