Über mich
Nicht der geringste Grund, warum ich unter Pseudonym schreibe, besteht darin, daß ich es strikt ablehne, eine Auseinandersetzung mit einer Sache durch die Auseinandersetzung mit einer Person zu ersetzen.
Entsprechend werde ich hier auch keinen Lebenslauf niederschreiben, sondern vielmehr Bemerkungen zu Problemen, welche sich mir in meinem Leben stellten.
Zur Unvollkommenheit meiner selbst.
Seit dem Alter von drei Jahren betrachte ich es als meine Verantwortung, für mein Verhalten Sorge zu tragen.
Konkret bedeutete das für meine ganze Kindheit und Jugend, daß ich mich dazu zwang, meiner Faulheit, oder auch Antriebslosigkeit, nicht zu erlauben, mich dahin zu bringen, daß ich mich aufgäbe.
Seit meiner Studienzeit berührt diese Verantwortung mehr den Kurs, welchen ich einschlage, also dafür Sorge zu tragen, nicht sehenden Auges auf einem falschen Weg zu bleiben.
Darüberhinaus gibt es ein begrenztes Bestreben, mein natürliches Verhalten etwas vorbildlicher zu gestalten, aber dieses verfolge ich nicht direkt, sondern über den Umweg, daß ich mir hin und wieder Dinge klar mache, welche mir hinreichend klar geworden sind, mich also verhaltensmäßig auf gewonnene Einsichten verpflichte.
Insbesondere betrifft das die Begehrenswertheit von Frauen. Es ist ja klar, daß es nicht vorbildlich sein kann, diesbezüglich vor keiner Dummheit zurückzuschrecken. Ich nutze also die Jahrzehnte meines Lebens, um diese Dummheit nicht nur zu erkennen, sondern auch in mich einsickern zu lassen, was immer erst dann geschieht, wenn man nicht mehr Umstände heranzieht, welche sich ja ändern könnten, um sie zu begründen, sondern eine hinreichend klare Absicht des durch sie Bewirkten erlangt.
Und zum anderen betrifft es den Grad der Annahme der Welt, wobei es wiederum klar ist, daß die Flucht vor ihr nicht vorbildlich sein kann, es indes erheblicher Einsicht bedarf, um Vertrauen zu dem zu fassen, was sich in ihr vollzieht.
Was die Frauen angeht, verbiete ich mir immer noch nicht Gedanken an natürliche Exhibitionistinnen, aber mit den Möchtegernschauspielerinnen bin ich durch - immerhin, siehe dazu den Beitrag Life in plastic, it's fantastic!
Und in der anderen Angelegenheit bin ich froh, das Ziel erreicht zu haben. Meine Albträume gelten nicht mehr der Welt, sondern ihrer Vergessenheit und es genügt, mich auf sie zu besinnen, um von ihnen losgelassen zu werden. Ich bin zu guter Letzt dahin gekommen, sie zu lieben und dankbar zu empfangen, was sie schenkt.
Dies aber auch nur, weil ich in ihr sehe, worauf nicht zu schauen, die Menschheit ihre ganze Geschäftigkeit zu richten scheint, nämlich ihre Fähigkeit zur Selbstabstimmung, der Versöhnung von Subjekten und Objekten durch Gott.
Zur Unvollkommenheit der Welt.
Je unvollkommener die Welt erscheint, desto mehr sucht man die Nähe zu Frauen. Das ist in doppelter Hinsicht klar und sinnvoll. Klar, in Hinsicht auf die eigene Mutter, und sinnvoll in Hinsicht auf das Überdauern der derzeitigen Unvollkommenheiten durch die Kette der Generationen.
Meine Mutter war allerdings eher streng. Entsprechend früh habe ich mich an andere Frauen herangemacht. Das hörte dann allerdings irgendwann mit fünf oder sechs Jahren wieder auf, und mit zwölf hatte ich einen regelrechten Haß auf sie.
Dies ist eine wichtige Phase in der eigenen Auseinandersetzung mit der Unvollkommenheit der Welt. Man fängt an, klar durchzudenken, was alles im Argen liegt. Und wenn man da viel findet, fängt man an die Menschen, und insbesondere die Frauen, zu hassen. Wahrscheinlich ist dieser Extrahaß eine Zweckmäßigkeit, darauf gerichtet, das Laue auszuspucken, wenn die Zeit kommt, sich zu paaren.
Und die kommt dann ja auch irgendwann nach dem zwölften Lebensjahr.
Allerdings, in dieser ersten echten Betrachtung der Unvollkommenheit der Welt spielt die eigene Person keine Rolle, sie ist ausschließlich auf das Verhalten der anderen gerichtet. Man evaluiert den Rahmen, in welchen man hineingeboren wurde, danach wie er ist, um an ihn anknüpfen zu können, ohne sich Gedanken über die eigenen Fähigkeiten zu machen. Man wird also nicht sagen, daß er einen etwa über- oder unterfordert, sondern ein Urteil über die prinzipielle Schönheit dessen fällen, was einem da draußen völlig losgelöst von einem selbst begegnet.
Und es ist wohl auch vernünftig so, denn eine weitergehende Einschätzung überforderte einen Zwölfjährigen. Andererseits können zwölfjährige Jungen jenen äußerst lästige Fragen an Erwachsene richten, was zeigt, daß sie ihrer eingeschränkten Aufgabe durchaus gewachsen sind.
Ich hatte mich damals mit Atomkraft und erneuerbaren Energien beschäftigt, Tschernobyl ereignete sich kurz nach meinem zwölften Geburtstag. Ich kam zu dem Ergebnis, daß unsere Gesellschaft unfähig ist, die relevanten Aspekte sachorientiert zu entscheiden, daß sie vielmehr einem Kurs folgen würde, welcher durch den Zusammenprall der unterschiedlichen Partikularinteressen bestimmt wird. Das frustrierte mich sehr.
Insbesondere frustrierte mich, daß unsere Forschung offenbar nicht in der Lage war, ihrem Anspruch gerecht zu werden und das verfügbare geistige Potential des deutschen Volkes an die effizienteste und verantwortlichste Lösung seiner kollektiven Probleme zu setzen, wozu gehört hätte, Gefahrenpotentiale beständig im Auge zu halten und fortwährend an ihrer Minimierung zu arbeiten, ebenso wie jede Errichtung eines Kraftwerks innerhalb eines Gesamtkonzepts vorzunehmen, welches alle anfallenden Bedürfnisse im voraus berücksichtigt und, wo es eine Schwierigkeit nicht gänzlich auflösen kann, dafür Sorge trägt, daß diese nicht über einen handbaren Rahmen hinaus still vor sich hinwächst.
Konkret bedeutet es intellektuelles Versagen, die Endlagerung dadurch unproblematisch zu erklären, daß die Kernfusion vor der Tür stünde.
Ich habe das damals alles genau registriert. Daß Forschung nicht einfach so fortschreitet, schien niemanden zu bekümmern. Und daß auch Kernfusionskraftwerke verstrahlen und dadurch Müll produzieren, hat keiner erwähnt. Mag gut sein, daß es Möglichkeiten genug gibt, den Müll auf angemessene Weise loszuwerden, bloß diskutiert wurde dieser Aspekt nicht.
Womit mir schon damals hinreichend klar war, mit was für einem Laden ich es zu tun hatte.
Friedrich Hayek hat sich über meinesgleichen natürlich eher unfreundlich geäußert, aber ich denke schon, daß ich Recht hatte: Jeder einzelne muß sich nach der Decke strecken, und die Energieversorgung bestimmt, welche Form sie hat. Also hat auch jeder einzelne ein Recht darauf, über die Art der Energieversorgung mitzusprechen. Man kann diese Frage erst dann dem Wettbewerb überlassen, wenn man ein übergeordnetes Konzept hat, in welchem die nötigen vertraglichen Vereinbarungen festgehalten sind.
Gut, heute werden mehr Windkraftwerke gebaut, aber am Prozeß der Planung unserer Energieversorgung und insbesondere an seinen Schwächen hat sich nichts geändert. Heute ist es die Frage der Energiespeicherung, welche man versäumte miteinzubeziehen.
Also immernoch dieselben Pfeifen, auch wenn sie andere Töne von sich geben.
Nun, ich möchte die Dinge dann ja doch auch etwas konkreter halten, deshalb hier diese Länge.
In der restlichen Schulzeit und auch beim Bund habe ich die Unvollkommenheit der Welt schlicht runtergeschluckt - beim Bund auch wörtlich. Mein Rekord, falls es jemanden interessiert, stand bei vier Litern Bier am Abend. Mir wurde später erzählt, ich hätte Pfosten geküßt. Aber das stimmt nicht, ich war zwar ziemlich weg, aber einen Filmriß hatte ich nicht. Zwei befreundete Kameraden haben jeweils acht geschafft, sind allerdings schon nachmittags angefangen.
In der Studienzeit habe ich die Unvollkommenheit der Welt zunächst nicht mehr wahrgenommen. Im dritten Semester erreichte ich diesbezüglich den Höhepunkt, mein erstes Wahlfach in der Mathematik, Funktionentheorie, und es stimmte einfach alles: Das Tempo der Vorlesung, die Vielfalt der Beweise, Algebra, Integral- und Differentialrechnung und Topologie vereint, und die Übungsgruppenleiterin, auch wenn die sich, vielleicht ein schlechtes Omen, abfällig über Topologie äußerte.
Nun gut, an dieser Stelle nicht mehr über W.F. In den folgenden Semesterferien las ich mir die Einführung in die allgemeine Topologie eigenständig durch, und auch das war noch ein Genuß. Allerdings studierte ich Informatik. Und es wurde mir zunehmend klarer, daß das Informatikstudium einer Pianistenausbildung glich, an derem Ende eine Existenz als Versicherungsvertreter stand.
Also tauschte ich Haupt- und Nebenfach.
Jede Einzelheit will ich hier nicht erwähnen, doch soviel ist wohl noch zu sagen. Ich schrieb meine Diplomarbeit, wurde aber bereits über ihr unzufrieden, sehr abgelegenes Gebiet, sehr abgelegene Beweisführungen. Ich versuchte mein Glück nochmal woanders, aber im Nachhinein müßte man sich wohl zunächst die Forschungsarbeiten sämtlicher deutscher Professoren durchlesen, um dabei einige Aussicht auf Erfolg haben zu können.
Eine Weile empfand ich noch eine gewisse Bringschuld gegenüber der Welt, aber die verflog. Mit 30 Jahren stand ich wieder da, wo ich schon mit Zwölf stand.
Immerhin, ich hatte mich verlobt. Ich würde wohl leben können. Aber wozu?
An dem was ist, wird sich sobald nichts ändern. Und jemals?
Ich bat um ein Zeichen, und ich bekam eines.
Ich bat Gott zu zeigen, daß er bereit ist, die Welt, wenn nötig, zu bewegen.
Und er ist es. Seit diesem Zeitpunkt besteht die Unvollkommenheit der Welt für mich nun in etwas ganz anderem. Sie ist nicht mehr ein Los, zu welchem wir verdammt wurden, sondern sie ist vielmehr die Folge unseres eigenen Unwillens, uns als Kinder Gottes zu begreifen.
Das wiederum schob dann ein Bemühen darum an, der Welt nicht Unrecht zu tun. Ich fühlte mich schuldig, Gott diese Frage überhaupt gestellt zu haben, und ich wollte nicht noch weitere fehlgeleitete Fragen stellen.
Jede solche Frage wäre ein Schlag ins Gesicht der Güte, und wenn ich schon fragen muß, und ich muß es ja, ohnmächtig wie ich bin, so will ich um Dinge bitten, welche liebreizend sind.
Nun, sagen wir lieber, welche das Geheimnis des Liebreizes umweht, denn einstweilen werden ihn wenige sehen.
Aber ich glaube an ihn, meine Schuld muß an ihr Ende gekommen sein, ich muß es irgendwie geschafft haben, die weitere Entwicklung der Dinge auf die richtige Bahn gebracht zu haben. Was immer der Kieselstein gewesen sein mag, welchen ich aus dem Weg räumte.
Was ich von Frauen verlangt habe.
Erstaunlich wenig eigentlich. Primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale, das Begehren, das Werben des Mannes aufzunehmen, die Verständigkeit, ihrem Lieblingsspielzeug dabei das letzte Wort zu lassen und eigene Vorstellungen, deren Synthese mit meinen zu einem interessanten Resultat führen sollte.
Zum Klavierunterricht.
Es ist irgendwo etwas vermessen, sein Kind Klavier spielen lernen zu lassen, denn außer, wenn es einmal zu einem Komponisten werden sollte, wird ihm das wenig nützen. Es kann es nirgends mithinnehmen, und selbst wenn schon eines vor Ort stehen sollte, ist das Klavier ein problematisches Begleitinstrument. Und die Ausbildung zu einem Pianisten ist also einer der finstersten Tunnel, in welchen man getrieben werden kann. Soweit es mich angeht, ist das Klavier nur zum Klimpern von ausgedachten Melodien da. Dafür ist sein großer Tonumfang gut geeignet.
Fazit.
Ja, viel ist es nicht, alle Episoden habe ich natürlich nicht berichtet, aber was sollte man auch groß darüber berichten, wie die Hand zum Mund geht?
Letzthin wurde mir schlecht, als ich in eine größere Stadt ging, ich fühlte mich wie eine Mücke, welche auf einem Harztropfen gelandet ist. Ich dachte: Besser auf einem Stein sitzen und in die Sonne starren. Etwas später dann: Besser arbeiten und hin und wieder in die Sonne starren. Und schließlich: Besser Späße machen und hin und wieder arbeiten und in die Sonne starren. Gottgefällig, denke ich, ist alles drei.
Entsprechend werde ich hier auch keinen Lebenslauf niederschreiben, sondern vielmehr Bemerkungen zu Problemen, welche sich mir in meinem Leben stellten.
Zur Unvollkommenheit meiner selbst.
Seit dem Alter von drei Jahren betrachte ich es als meine Verantwortung, für mein Verhalten Sorge zu tragen.
Konkret bedeutete das für meine ganze Kindheit und Jugend, daß ich mich dazu zwang, meiner Faulheit, oder auch Antriebslosigkeit, nicht zu erlauben, mich dahin zu bringen, daß ich mich aufgäbe.
Seit meiner Studienzeit berührt diese Verantwortung mehr den Kurs, welchen ich einschlage, also dafür Sorge zu tragen, nicht sehenden Auges auf einem falschen Weg zu bleiben.
Darüberhinaus gibt es ein begrenztes Bestreben, mein natürliches Verhalten etwas vorbildlicher zu gestalten, aber dieses verfolge ich nicht direkt, sondern über den Umweg, daß ich mir hin und wieder Dinge klar mache, welche mir hinreichend klar geworden sind, mich also verhaltensmäßig auf gewonnene Einsichten verpflichte.
Insbesondere betrifft das die Begehrenswertheit von Frauen. Es ist ja klar, daß es nicht vorbildlich sein kann, diesbezüglich vor keiner Dummheit zurückzuschrecken. Ich nutze also die Jahrzehnte meines Lebens, um diese Dummheit nicht nur zu erkennen, sondern auch in mich einsickern zu lassen, was immer erst dann geschieht, wenn man nicht mehr Umstände heranzieht, welche sich ja ändern könnten, um sie zu begründen, sondern eine hinreichend klare Absicht des durch sie Bewirkten erlangt.
Und zum anderen betrifft es den Grad der Annahme der Welt, wobei es wiederum klar ist, daß die Flucht vor ihr nicht vorbildlich sein kann, es indes erheblicher Einsicht bedarf, um Vertrauen zu dem zu fassen, was sich in ihr vollzieht.
Was die Frauen angeht, verbiete ich mir immer noch nicht Gedanken an natürliche Exhibitionistinnen, aber mit den Möchtegernschauspielerinnen bin ich durch - immerhin, siehe dazu den Beitrag Life in plastic, it's fantastic!
Und in der anderen Angelegenheit bin ich froh, das Ziel erreicht zu haben. Meine Albträume gelten nicht mehr der Welt, sondern ihrer Vergessenheit und es genügt, mich auf sie zu besinnen, um von ihnen losgelassen zu werden. Ich bin zu guter Letzt dahin gekommen, sie zu lieben und dankbar zu empfangen, was sie schenkt.
Dies aber auch nur, weil ich in ihr sehe, worauf nicht zu schauen, die Menschheit ihre ganze Geschäftigkeit zu richten scheint, nämlich ihre Fähigkeit zur Selbstabstimmung, der Versöhnung von Subjekten und Objekten durch Gott.
Zur Unvollkommenheit der Welt.
Je unvollkommener die Welt erscheint, desto mehr sucht man die Nähe zu Frauen. Das ist in doppelter Hinsicht klar und sinnvoll. Klar, in Hinsicht auf die eigene Mutter, und sinnvoll in Hinsicht auf das Überdauern der derzeitigen Unvollkommenheiten durch die Kette der Generationen.
Meine Mutter war allerdings eher streng. Entsprechend früh habe ich mich an andere Frauen herangemacht. Das hörte dann allerdings irgendwann mit fünf oder sechs Jahren wieder auf, und mit zwölf hatte ich einen regelrechten Haß auf sie.
Dies ist eine wichtige Phase in der eigenen Auseinandersetzung mit der Unvollkommenheit der Welt. Man fängt an, klar durchzudenken, was alles im Argen liegt. Und wenn man da viel findet, fängt man an die Menschen, und insbesondere die Frauen, zu hassen. Wahrscheinlich ist dieser Extrahaß eine Zweckmäßigkeit, darauf gerichtet, das Laue auszuspucken, wenn die Zeit kommt, sich zu paaren.
Und die kommt dann ja auch irgendwann nach dem zwölften Lebensjahr.
Allerdings, in dieser ersten echten Betrachtung der Unvollkommenheit der Welt spielt die eigene Person keine Rolle, sie ist ausschließlich auf das Verhalten der anderen gerichtet. Man evaluiert den Rahmen, in welchen man hineingeboren wurde, danach wie er ist, um an ihn anknüpfen zu können, ohne sich Gedanken über die eigenen Fähigkeiten zu machen. Man wird also nicht sagen, daß er einen etwa über- oder unterfordert, sondern ein Urteil über die prinzipielle Schönheit dessen fällen, was einem da draußen völlig losgelöst von einem selbst begegnet.
Und es ist wohl auch vernünftig so, denn eine weitergehende Einschätzung überforderte einen Zwölfjährigen. Andererseits können zwölfjährige Jungen jenen äußerst lästige Fragen an Erwachsene richten, was zeigt, daß sie ihrer eingeschränkten Aufgabe durchaus gewachsen sind.
Ich hatte mich damals mit Atomkraft und erneuerbaren Energien beschäftigt, Tschernobyl ereignete sich kurz nach meinem zwölften Geburtstag. Ich kam zu dem Ergebnis, daß unsere Gesellschaft unfähig ist, die relevanten Aspekte sachorientiert zu entscheiden, daß sie vielmehr einem Kurs folgen würde, welcher durch den Zusammenprall der unterschiedlichen Partikularinteressen bestimmt wird. Das frustrierte mich sehr.
Insbesondere frustrierte mich, daß unsere Forschung offenbar nicht in der Lage war, ihrem Anspruch gerecht zu werden und das verfügbare geistige Potential des deutschen Volkes an die effizienteste und verantwortlichste Lösung seiner kollektiven Probleme zu setzen, wozu gehört hätte, Gefahrenpotentiale beständig im Auge zu halten und fortwährend an ihrer Minimierung zu arbeiten, ebenso wie jede Errichtung eines Kraftwerks innerhalb eines Gesamtkonzepts vorzunehmen, welches alle anfallenden Bedürfnisse im voraus berücksichtigt und, wo es eine Schwierigkeit nicht gänzlich auflösen kann, dafür Sorge trägt, daß diese nicht über einen handbaren Rahmen hinaus still vor sich hinwächst.
Konkret bedeutet es intellektuelles Versagen, die Endlagerung dadurch unproblematisch zu erklären, daß die Kernfusion vor der Tür stünde.
Ich habe das damals alles genau registriert. Daß Forschung nicht einfach so fortschreitet, schien niemanden zu bekümmern. Und daß auch Kernfusionskraftwerke verstrahlen und dadurch Müll produzieren, hat keiner erwähnt. Mag gut sein, daß es Möglichkeiten genug gibt, den Müll auf angemessene Weise loszuwerden, bloß diskutiert wurde dieser Aspekt nicht.
Womit mir schon damals hinreichend klar war, mit was für einem Laden ich es zu tun hatte.
Friedrich Hayek hat sich über meinesgleichen natürlich eher unfreundlich geäußert, aber ich denke schon, daß ich Recht hatte: Jeder einzelne muß sich nach der Decke strecken, und die Energieversorgung bestimmt, welche Form sie hat. Also hat auch jeder einzelne ein Recht darauf, über die Art der Energieversorgung mitzusprechen. Man kann diese Frage erst dann dem Wettbewerb überlassen, wenn man ein übergeordnetes Konzept hat, in welchem die nötigen vertraglichen Vereinbarungen festgehalten sind.
Gut, heute werden mehr Windkraftwerke gebaut, aber am Prozeß der Planung unserer Energieversorgung und insbesondere an seinen Schwächen hat sich nichts geändert. Heute ist es die Frage der Energiespeicherung, welche man versäumte miteinzubeziehen.
Also immernoch dieselben Pfeifen, auch wenn sie andere Töne von sich geben.
Nun, ich möchte die Dinge dann ja doch auch etwas konkreter halten, deshalb hier diese Länge.
In der restlichen Schulzeit und auch beim Bund habe ich die Unvollkommenheit der Welt schlicht runtergeschluckt - beim Bund auch wörtlich. Mein Rekord, falls es jemanden interessiert, stand bei vier Litern Bier am Abend. Mir wurde später erzählt, ich hätte Pfosten geküßt. Aber das stimmt nicht, ich war zwar ziemlich weg, aber einen Filmriß hatte ich nicht. Zwei befreundete Kameraden haben jeweils acht geschafft, sind allerdings schon nachmittags angefangen.
In der Studienzeit habe ich die Unvollkommenheit der Welt zunächst nicht mehr wahrgenommen. Im dritten Semester erreichte ich diesbezüglich den Höhepunkt, mein erstes Wahlfach in der Mathematik, Funktionentheorie, und es stimmte einfach alles: Das Tempo der Vorlesung, die Vielfalt der Beweise, Algebra, Integral- und Differentialrechnung und Topologie vereint, und die Übungsgruppenleiterin, auch wenn die sich, vielleicht ein schlechtes Omen, abfällig über Topologie äußerte.
Nun gut, an dieser Stelle nicht mehr über W.F. In den folgenden Semesterferien las ich mir die Einführung in die allgemeine Topologie eigenständig durch, und auch das war noch ein Genuß. Allerdings studierte ich Informatik. Und es wurde mir zunehmend klarer, daß das Informatikstudium einer Pianistenausbildung glich, an derem Ende eine Existenz als Versicherungsvertreter stand.
Also tauschte ich Haupt- und Nebenfach.
Jede Einzelheit will ich hier nicht erwähnen, doch soviel ist wohl noch zu sagen. Ich schrieb meine Diplomarbeit, wurde aber bereits über ihr unzufrieden, sehr abgelegenes Gebiet, sehr abgelegene Beweisführungen. Ich versuchte mein Glück nochmal woanders, aber im Nachhinein müßte man sich wohl zunächst die Forschungsarbeiten sämtlicher deutscher Professoren durchlesen, um dabei einige Aussicht auf Erfolg haben zu können.
Eine Weile empfand ich noch eine gewisse Bringschuld gegenüber der Welt, aber die verflog. Mit 30 Jahren stand ich wieder da, wo ich schon mit Zwölf stand.
Immerhin, ich hatte mich verlobt. Ich würde wohl leben können. Aber wozu?
An dem was ist, wird sich sobald nichts ändern. Und jemals?
Ich bat um ein Zeichen, und ich bekam eines.
Ich bat Gott zu zeigen, daß er bereit ist, die Welt, wenn nötig, zu bewegen.
Und er ist es. Seit diesem Zeitpunkt besteht die Unvollkommenheit der Welt für mich nun in etwas ganz anderem. Sie ist nicht mehr ein Los, zu welchem wir verdammt wurden, sondern sie ist vielmehr die Folge unseres eigenen Unwillens, uns als Kinder Gottes zu begreifen.
Das wiederum schob dann ein Bemühen darum an, der Welt nicht Unrecht zu tun. Ich fühlte mich schuldig, Gott diese Frage überhaupt gestellt zu haben, und ich wollte nicht noch weitere fehlgeleitete Fragen stellen.
Jede solche Frage wäre ein Schlag ins Gesicht der Güte, und wenn ich schon fragen muß, und ich muß es ja, ohnmächtig wie ich bin, so will ich um Dinge bitten, welche liebreizend sind.
Nun, sagen wir lieber, welche das Geheimnis des Liebreizes umweht, denn einstweilen werden ihn wenige sehen.
Aber ich glaube an ihn, meine Schuld muß an ihr Ende gekommen sein, ich muß es irgendwie geschafft haben, die weitere Entwicklung der Dinge auf die richtige Bahn gebracht zu haben. Was immer der Kieselstein gewesen sein mag, welchen ich aus dem Weg räumte.
Was ich von Frauen verlangt habe.
Erstaunlich wenig eigentlich. Primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale, das Begehren, das Werben des Mannes aufzunehmen, die Verständigkeit, ihrem Lieblingsspielzeug dabei das letzte Wort zu lassen und eigene Vorstellungen, deren Synthese mit meinen zu einem interessanten Resultat führen sollte.
Zum Klavierunterricht.
Es ist irgendwo etwas vermessen, sein Kind Klavier spielen lernen zu lassen, denn außer, wenn es einmal zu einem Komponisten werden sollte, wird ihm das wenig nützen. Es kann es nirgends mithinnehmen, und selbst wenn schon eines vor Ort stehen sollte, ist das Klavier ein problematisches Begleitinstrument. Und die Ausbildung zu einem Pianisten ist also einer der finstersten Tunnel, in welchen man getrieben werden kann. Soweit es mich angeht, ist das Klavier nur zum Klimpern von ausgedachten Melodien da. Dafür ist sein großer Tonumfang gut geeignet.
Fazit.
Ja, viel ist es nicht, alle Episoden habe ich natürlich nicht berichtet, aber was sollte man auch groß darüber berichten, wie die Hand zum Mund geht?
Letzthin wurde mir schlecht, als ich in eine größere Stadt ging, ich fühlte mich wie eine Mücke, welche auf einem Harztropfen gelandet ist. Ich dachte: Besser auf einem Stein sitzen und in die Sonne starren. Etwas später dann: Besser arbeiten und hin und wieder in die Sonne starren. Und schließlich: Besser Späße machen und hin und wieder arbeiten und in die Sonne starren. Gottgefällig, denke ich, ist alles drei.
Labels: 08, metaphysik, persönliches, ἰδέα, φιλοσοφία