Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

8. April 2014

Zur Jugendliebe

Es läßt sich manches zum Thema sagen, was nicht unbedingt tief liegt, daß sie erfahrungsgemäß selten von Dauer ist oder, wie ich jüngst schrieb, daß wir erst dann damit beginnen, unser Verhalten zu reflektieren, wenn wir mit ihm gescheitert sind.

Aber ich glaube, daß dieses Thema mehr birgt als das. Andererseits, die Reflexion steht schon im Kern der Angelegenheit.

Und sie ist zugleich auch das erste Hindernis.

Jugendliebe ist spontaner Distanzkollaps. Dieser kann von den Betroffenen nicht erklärt werden, da sie sich weder über ihre Ziele, noch über ihre Fähigkeiten im Klaren sind.

Und aufgrund dessen geraten sowohl Frauen als auch Männer in psychologische Schwierigkeiten, Frauen zweifeln an ihrer Zurechnungsfähigkeit und Männer an ihrer Eignung.

Dieses Hindernis wird entweder genommen oder nicht. Wird es genommen, so schließt sich die Beziehung an, deren Wesen ich hier zu ergründen suche.

Auch wenn den Betroffenen ihr Sinn nicht klar ist, so muß man doch davon ausgehen, daß ihre Einleitung einem Verstandesurteil folgt. Wie weit es dabei mit dem Verstand der Beteiligten her ist, sei dahingestellt, doch sollten wir in dieser Angelegenheit die Urteilskraft der Natur nicht zu gering ansetzen. Wem dergleichen widerfährt, ohne selbst vom Distanzkollaps betroffen zu sein, mag oftmals das Gefühl haben, einseitig erfaßt worden zu sein, daß er direkt falsch erfaßt worden wäre, wird er hingegen wohl nur selten denken.

Dieses Verstandesurteil kann sich aber nur auf die Fähigkeiten und Ziele, welche wir wirklich besitzen, beziehen, und so kommt der Jugendliebe natürlicherweise eine anschiebende Funktion zu, indem sie die Voraussetzungen für antizipierte Aufgaben schafft.

Und genau in dieser Eigenart, daß sie konkrete Vorarbeit für antizipierte Aufgaben verrichtet, daß sie die Betroffenen nimmt und zurüstet, scheint oftmals ihr Mangel zu liegen, wenn nämlich spätere Reflexion zu einer anderen Analyse der Situation kommt als das ursprüngliche Verstandesurteil in Hinsicht auf Fähigkeiten und Ziele.

Dabei muß die spätere Reflexion nicht unbedingt besser sein. Besser ist sie in der Regel, wenn sie Schwierigkeiten erkennt, welche anfangs verborgen blieben, schlechter, wenn es um die eigenen Ziele geht - es ist recht gewöhnlich, daß der Gewöhnliche sich ungewöhnliche Ziele andichtet.

Heutzutage ist es wohl ein Normalfall, daß die Reevaluation darin besteht zu erkennen, daß das eigene Sozialprestige sich nicht so eindeutig verbessert hat, wie man anfangs meinte.

Die Tücke einer jeder Tat um ihres Getan-Habens, einer jeden Setzung um der Setzung willen: Dies sind keine Gründe, sondern - notwendigerweise! - Vorgaben. Übel für jene, deren Natur nicht weiter reicht.

Aber nicht nur für sie - es zahlt sich nicht aus, Schlechtes in die Welt zu bringen.

Gut, wie bei so Vielem treten wir auch hier mit Füßen, was uns zu helfen vermöchte, aber die Vorherrschaft des Verstandes über die Vernunft in der Liebe ist ambivalent, und wir zahlten immer einen Preis dafür, auch wenn sich die Angelegenheit insgesamt lohnte.

Übrigens, zum Fall Papageno, ich glaube, das ist Augenwischerei. Natürlich ist es schön, sein eigener Mann zu sein, bevor man sich einer Frau nähert, aber die Aufhebung der eigenen Jugendliebe bis zu diesem Zeitpunkt erfüllt keinen natürlichen Zweck, sondern dient einzig der Überhöhung bürgerlicher Gepflogenheiten.

Ach, Sie meinen, im Fall Papageno wäre mir da jetzt kein besonders helles Licht aufgegangen?

Dafür ja vielleicht bereits Mozart...

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