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18. Mai 2014

Spontane und angeleitete Geisteszustände

Um nicht ständig wieder in Verwirrung zu verfallen, gehe ich die Frage nach unserem Denken nun einmal von der allgemeinen Seite her an, indem ich frage, was einzig je in unserem Bewußtsein ist.

Dabei gründe ich mich auf die Beobachtung, daß wir stets wissen, wodurch wir zu diesem gekommen sind, also in der Sprache der vorherigen Beiträge die Kenntnis von μέθοδος, sowie gegebenenfalls, wovon wir ausgangen sind.

Beginnen wir mit den spontanen Geisteszuständen.

Es gibt drei Grundzustände, diese sind
  1. Wahrnehmung,
  2. Erinnerung,
  3. Vorstellung.
Über diese selbst können wir uns aber nicht verständigen. Es gibt keine Einsicht, welche sich auf sie bezieht, außer, daß sie ihrer Art nach verschieden und das Ergebnis von Wahrnehmen, Erinnern und Vorstellen sind, sowie, daß die Folgezustände aus ihnen hervorgehen.

Wahrnehmung und Erinnerung vertragen sich nicht, Wahrnehmung und Vorstellung können hingegen koexistieren. Der Zustand ist dann ein wahrgenommen vorgestellter. Allerdings kann in dem Fall ein Folgezustand immer nur entweder aus der Wahrnehmung oder der Vorstellung hervorgehen.

Es liegt in Anbetracht dieser Lage nahe, die Grundzustände nicht zu formalisieren, sondern ihren Entstehungsakt als ein Attribut ihrer unmittelbaren Folgezustände festzuhalten, und wie wir gleich sehen werden, sind wir sowieso zu etwas logisch Äquivalentem gezwungen.

Es gibt zwei Arten von Folgestellen, die geraden und die ungeraden, und ihnen entsprechen zwei Folgezustände, nämlich
  1. Thematisierung und
  2. Reflexion.
Ich habe die Thematisierung bisher Erfassung genannt, die jetzige Bezeichnung ist aber besser. Eine Thematisierung wurzelt entweder in einem Grundzustand oder in einer Reflexion. Eine Reflexion wurzelt stets in einer Thematisierung, zu deren Themen sie ein Verhältnis sucht, in welchem sie stehen. Damit sind beide freilich nicht gänzlich spontan, insofern sie beide auf ihre Grundlage Bezug nehmen, aber der Akt dieses Bezugnehmens ist spontan.

Verhältnisse selbst lassen sich nicht reflektieren. Weitere Einsichten beziehen sich immer auf die einzelnen relativen Erscheinungen eines Verhältnisses. Entsprechend formalisieren wir die Verhältnisse selbst auch nicht.

Allgemeiner handelt es sich bei der Reflexion auch um eine Art Wahrnehmung, sozusagen eine optionale Wahrnehmung. Dies ist insofern wichtig, als daß Erinnerungen und Vorstellungen unsere Wahrnehmungen überdecken, die Erinnerungen vollständig, die Vorstellungen partiell. Es ist also möglich, daß Erinnerungen und Vorstellungen auch unsere Reflexion überdecken, anders ausgedrückt, daß wir uns an ein Verhältnis erinnern oder es uns vorstellen.

Wir sind also gezwungen folgende Zustände zu unterscheiden.
2 a. wahrgenommene Reflexion
2 b. erinnerte Reflexion
2 c. vorgestellte Reflexion
Wahrgenommene und vorgestellte Reflexion können dabei auf allen Grundzuständen aufsetzen, jeweils nach einer Thematisierung, erinnerte Reflexionen sind hingegen notwendig auf einzelne Erscheinungen beschränkt und setzen direkt auf Erinnerungen auf.

Der Grund dafür ist, daß Thematisierungen weder erinnert, noch vorgestellt werden können. Jede Thematisierung ist gegenwärtig. Allerdings gilt folgendes für die Bildung unserer Erinnerungen, wodurch ein Thematisierungsersatz entsteht.

Wenn wir einfach nur wahrnehmen, ohne etwas zu thematisieren, so werden wir uns später an sehr vieles erinnern können, welches wir dabei wahrgenommen haben. Wenn wir hingegen etwas thematisieren, so wird dieser Gegenstand, welchen wir als solchen in unserer Wahrnehmung thematisieren, selbst zu einer Erinnerung. Diese Erinnerung unterscheidet sich indes hinreichend von den übrigen, um später schlußfolgern zu können, daß es sich um ein Thema gehandelt haben muß. Und so ein Gegenstand kann natürlich auch auf eine relative Weise erscheinen, und auch daran können wir uns erinnern, allerdings reicht diese Erinnerung nicht über diesen Gegenstand hinaus, soweit es die ihn begründende Wahrnehmung angeht.

Wir reden in solchen Fällen von Eindrücken, üblicherweise starken Eindrücken.

Allerdings gibt es diesbezüglich noch einen Spezialfall. Falls ein Gegenstand thematisiert wird, dann gleich wieder wahrgenommen und ein neuer thematisiert und so weiter, so bildet sich in unserer Erinnerung eine abstrakte Sequenz der Gegenstände, in welcher deren relative Lage zu einander und die Dauer zwischen den Thematisierungen erhalten bleibt, sonst aber nichts.

Es handelt sich wahrscheinlich um einen Mechanismus zur Geschwindigkeitserfassung, aber er ist auch beim Zählen nützlich.

Und um das Thema Erinnerung zu erschöpfen, wenn wir uns an einen vorgestellten Gegenstand erinnern, so wissen wir aus irgendwelchen Gründen zwar, daß es ein vorgestellter Gegenstand ist, aber in unserer Erinnerung ist er zunächst nicht anders als die wahrgenommenen Gegenstände gegeben.

Und um dies letzte explizit zu sagen, Erinnerungen können nicht von Vorstellungen überdeckt werden, allerdings können ihre angeleiteten Pendants auf diesen aufbauen.

Zu den angeleiteten Geisteszuständen.

Im Gegensatz zu den spontanen Geisteszuständen gibt es hier Themen, welche das, was bewußt werden soll, anleiten.

Diese Themen können die Pendants der Wahrnehmungen, Erinnerungen, Vorstellungen und Reflexionen direkt und indirekt über auf ihnen aufsetzenden Erscheinungen betreffen. Das Pendant der Thematisierungen hingegen läßt sich nur dann anleiten, wenn Erscheinungen thematisiert wurden, in welchem Fall die anleitenden Themen Erscheinungen dieser Erscheinung sein müssen.

Anders ausgedrückt folgen die angeleiteten Geisteszustände in umgekehrter Reihenfolge auf einander. Die vorgegebenen Themen werden schrittweise nach unten durchgereicht. Zunächst werden etwaige Reflexionen angeleitet und die Themen entsprechend angepaßt, und schließlich werden die Grundzustände angeleitet.

Die Grundzustände.
  1. Verwirklichung
  2. Entsinnung
  3. Ausmalung
Die Vorbereitungszustände.
  1. Besinnung
  2. Themenwechsel
Zu letzteren beiden im nächsten Beitrag mehr.

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