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9. September 2014

Martin Rhonheimer: Töten im Namen Allahs (2014)

Herrn Rhonheimers Artikel können Sie hier lesen: http://www.nzz.ch/feuilleton/toeten-im-namen-allahs-1.18378020.

Ich möchte ihn weniger kommentieren, weil ich von der islamischen Gegenansicht überzeugt wäre, das alleine schon deshalb nicht, weil bereits im Koran ganz offensichtlich ein Prozeß der Legitimation herrschaftlicher Willkür eingesetzt hat, welcher soweit geht, daß manche Suren von anderen behaupten, Gott hätte sie nur deshalb diktiert, um Fliegenfallen gleich Sünder dadurch zu überführen, daß sie ein besonderes Gefallen an ihnen fänden, vergleiche den Beitrag Der Grundgedanke des Islams, und auch nicht, weil ich denke, daß Herr Rhonheimer den Kern verfehlt hätte, nämlich die Probleme, welche sich aus der Nichtannahme eines Naturrechts, welches den Menschen als solchen anerkennt, ergeben, sondern vielmehr weil ich es Frank Herbert, Damaskios und letztlich auch Platon schulde, Herrn Rhonheimers Ansicht gebührend zu ergänzen.
Zur Gründungsidee des Christentums gehören die Scheidung von Religion und Politik – von geistlicher und weltlicher Macht –, die Ächtung physischer Gewalt [...]
Freilich gehört dieses zur Gründungsidee, wie aber auch jenes:
Und wer da überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Heiden, und er soll sie weiden mit einem eisernen Stabe, und wie eines Töpfers Gefäße soll er sie zerschmeißen, wie ich von meinem Vater empfangen habe; und ich will ihm geben den Morgenstern. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Ich würde es hier nicht anführen, beträfe es nicht den Kern der Sache, nämlich (Rhonheimer):
Hier gibt es einen wesentlichen Unterschied zum Christentum. Auch in seiner Geschichte spielte Gewalt eine gestaltende Rolle und wurde als «gerechter Krieg» oder zur Verteidigung der religiösen Wahrheit gegen Ketzer legitimiert. Auch Christen haben in der Vergangenheit gemordet und gebrandschatzt. Kriegsrecht und Foltermethoden waren brutal.
und auch dies:
Gerade der dem Christentum in die Wiege gelegte Dualismus von «geistlich» und «weltlich» provozierte immer wieder innerkirchliche Reformbewegungen, die zu Prozessen der institutionellen Differenzierung und Selbstreinigung führten.
Herr Rhonheimer, soll das Stand-up Comedy sein?

Gerade die Weltlichkeit Roms provozierte Reformbewegungen, von Rom Häräsien genannt, wie den Arianismus der Goten, an was auch immer die so genannten Cagots glaubten, den Katharismus und schließlich den Protestantismus Jan Hus' und Martin Luthers, und Rom hat jedesmal differenziert und selbstreinigend reagiert, indem es mit weltlicher Macht, Schwert, Demütigung und Feuer, dafür gesorgt hat, daß sich Gott höchstpersönlich mit der Frage auseinander setzen durfte, wer denn nun die Seinen seien.

Und dies ist ein Punkt, welcher Damaskios völlig bewußt war, und der Islam ist diesbezüglich in keiner Rechtfertigungsnot. Sein eigener Bruder wurde in Alexandria gefoltert, um die christliche Ordnung zu errichten oder zu verteidigen.

Es gibt eben Menschen, welche glauben, daß es keine gute Idee ist, den Menschen das Recht zum eigenmächtigen Töten zu entziehen, denn dadurch lassen sie sich gar zu leicht als Kanonenfutter jener mißbrauchen, welche dieses Recht für sie reklamieren.

Und dieser Vorwurf stimmt. Es ist zweifellos wahr, daß die islamische Kriegsmoral unter aller Sau ist. Eine Armee aus lauter Möchtegernprinzen taugt nicht, erst durch die jüdisch-christliche Unterordnung unter die höhere moralische Autorität entstehen all die Werkzeuge, welche allein im letzten Jahrhundert an die 200 Millionen Menschen hingemordet haben.

Freilich, Lenin war kein Christ, aber ein muslimischer Lenin ist undenkbar, der Kommunismus selbst Maos und Pol Pots konnte nur aus jüdisch-christlicher Grundlage erwachsen.

Es ist immer das höhere Gut, das messianische Zeitalter, welches das Morden erlaubt, die katholische Tradition setzt sich durch Napoléon ungebrochen fort.

Und da hat Damaskios eben schon vor 1500 Jahren erkannt, daß es besser sein mag, wenn man dem einen Riegel vorschiebt, und den Mord nicht zum grundsätzlich Falschen erklärt, welches auf Weisung von oben grundsätzlich richtig wird, vergleiche seinen Tod der Hypatia, sondern zur schwerwiegendsten Tat, welcher der höchste Ernst und die höchste Verantwortung gebührt.

Anders gesagt, er glaubt nicht an die Abtretung dieser an eine höhere Instanz, sondern stellt jeden unmittelbar vor Gott. Und das ist eben der Gedanke, welcher sich auch im Gefolge Frank Herbert's findet.

Die islamische Position, daß jeder zunächst einmal derart vor seinem Schöpfer steht, ist dabei faktisch korrekt. Nicht korrekt hingegen ist die Annahme, daß es stets besser sei, sich nicht zu beugen. Es mag korrekt sein, oder auch nicht, doch das hängt von den betroffenen Menschen ab. Um es mit Platon zu sagen: Das schlechte Roß beugt sich eh nicht und der Führer des Gespanns sollte es nicht. Einzig das gute Roß mag sich und sollte sich beugen. Damit wären wir wieder bei den beiden Seiten des Vajrayogini-Vajravarahi-Mandalas.

Akzeptiert der Islam diese Postion?

Nein, aber im Koran selbst gibt es eine entsprechende Passage, nämlich Sure 18, 83-101. Hier wird kaum verhüllt gesagt, Inder und Indonesier nicht mit der Religion des Propheten zu belästigen. Aber weil's nur eine Metapher ist, zählt der Aufruf nicht. Dennoch, sie ist nicht schwer zu verstehen und sie fordert:
  1. Achte auf die Taten der Völker des Westens und behandle sie danach.
  2. Laß die Völker des Ostens in Ruhe.
  3. Beschütze die Völker des Kaukasus vor ihren Feinden im Norden, sie werden sich dir dann freiwillig unterordnen, und preise Allah, daß er den Kaukasus zwischen dich und jene gesetzt hat.

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