Die alterslose Dame
Ich muß schon sagen, es stellt eine spezielle Art der Grausamkeit dar, daß die Zeitung in Frankfurt die ersten Seiten ihrer Ahnherrin von vor 100 Jahren einscannt und als PDF-Dateien neuerlich der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Man könnte glauben, die Redaktion ist seit damals nicht ausgewechselt worden.
Anläßlich des dritten Kriegsjahres schwadroniert sie vom intellektuellen Fortschritt der Objektivierung des Krieges, also daß die deutsche Öffentlichkeit begonnen hätte, sich von der Vorstellung einer Verschwörung der Entente gegen sich zu lösen und sich damit allmählich der Einsicht zu nähern, daß der Krieg vielmehr der notwendige Preis dafür sei, daß die Deutschen nicht mehr, wie noch zu Bismarcks Zeiten, in die Vereinigten Staaten auswandern müßten, um ihr Glück zu suchen, sondern zu Hause die kulturelle Rolle, welche einer Nation wie Deutschland zufalle, ausfüllen könnten.
Damals wie heute stellt die Redaktion Deutschlands Abhängigkeit vom Export in den Mittelpunkt, als einer ressourcenarmen Nation von Verarbeitern im Dienste fremder Märkte, und damals wie heute schreibt sie die Möglichkeit des Erfolgs der deutschen Exportwirtschaft der rechten Gesinnung der deutschen Regierung zu, und zwar im speziellen damals wie heute der Abkehr von Provinzialität, das heißt Verantwortungsübernahme für die heimischen Verhältnisse, und Rußland, das heißt militärischer Unantastbarkeit.
Selbst wenn Kaiser Wilhelm der Elephant im Porzelanladen gewesen sein sollte, als welcher er weltweit wahrgenommen wurde, so hätte doch die Verzehnfachung des deutschen Exportgeschäfts nur an seinem entschiedenen Griff nach der nördlichen Hälfte Papua-Neuguineas und seiner verläßlichen Rolle an der Seite des Osmanischen Reichs gelegen.
Ob der Sultan wohl einen Boykott gegen die deutsche Wirtschaft verhängt hätte, wenn ihm der Kaiser nicht ins Ohr gesäuselt hätte, daß er ihn gegen die bösen Russen, Engländer und Franzosen beschützt?
Ich erinnere mich daran gelesen zu haben, daß der Handel mit der Asche amerikanischer Bäume einbrach, nachdem die deutschen Kalibergwerke eröffnet wurden. Es scheint also keine Strafzölle gegen letztere auf dem Gebiet des Britischen Weltreichs gegeben zu haben.
Und wem verdankte sich das? Der deutschen Politik? Oder dem Interesse der Engländer an billigem Kalium?
Man tut wohl nicht schlecht daran, gewisse geistige Erzeugnisse auszuspeien.
Immerhin, die Inkonsequenz der deutschen Bündnispolitik taucht auch bei den Frankfurtern am Rande auf. Warum kein engeres Bündnis mit England? Das wäre vielleicht keine so schlechte Idee gewesen, ist die Suggestion.
Nun ja, konkret wäre es darauf hinausgelaufen, daß die Deutschen Istanbul für England gegen die Russen verteidigt hätten. Und da war unser Kaiser halt so neunmalklug Istanbul lieber für das Deutsche Reich gegen die Russen zu verteidigen. Ein Angriff Rußlands auf Istanbul wäre wohl ein historischer Fehler, aber in erster Linie ein türkisches, dann ein russisches und danach ein englisch-französisches Problem gewesen. Die Welt ist gut zu Arschlöchern, welche sich nur um ihre eigenen Probleme kümmern - und schlecht zu Leuten, welche glauben, daß sie für ihr eigenes anständiges Verhalten von anderen, welche ihre Vorstellungen von Anstand nicht teilen, ordentlich entlohnt werden.
Selbstverständlich stand der Kaiser als Kaiser auf der Abschußliste der westlichen Demokratien und war nur so lange gelitten, wie er ihnen nutzte.
Ach... ich will all dem, was damals anklang und heute anklingt, Regierungslobhudelei, Bedeutungsgeschwafel, inopportune außenpolitische Ratschläge mit dem Hintergedanken der Absetzung der Eingeseiften, nicht weiter nachgehen. Es genügt zu sehen, was seit 100 Jahren steht und nicht vergeht. Lebt sie überhaupt, die Zeitung in Frankfurt, oder ist sie nur Programm?
Vielleicht muß man der roten Angela am Ende sogar dankbar dafür sein, daß sie all diese Tendenzen derart grotesk übersteigert hat.
Anläßlich des dritten Kriegsjahres schwadroniert sie vom intellektuellen Fortschritt der Objektivierung des Krieges, also daß die deutsche Öffentlichkeit begonnen hätte, sich von der Vorstellung einer Verschwörung der Entente gegen sich zu lösen und sich damit allmählich der Einsicht zu nähern, daß der Krieg vielmehr der notwendige Preis dafür sei, daß die Deutschen nicht mehr, wie noch zu Bismarcks Zeiten, in die Vereinigten Staaten auswandern müßten, um ihr Glück zu suchen, sondern zu Hause die kulturelle Rolle, welche einer Nation wie Deutschland zufalle, ausfüllen könnten.
Damals wie heute stellt die Redaktion Deutschlands Abhängigkeit vom Export in den Mittelpunkt, als einer ressourcenarmen Nation von Verarbeitern im Dienste fremder Märkte, und damals wie heute schreibt sie die Möglichkeit des Erfolgs der deutschen Exportwirtschaft der rechten Gesinnung der deutschen Regierung zu, und zwar im speziellen damals wie heute der Abkehr von Provinzialität, das heißt Verantwortungsübernahme für die heimischen Verhältnisse, und Rußland, das heißt militärischer Unantastbarkeit.
Selbst wenn Kaiser Wilhelm der Elephant im Porzelanladen gewesen sein sollte, als welcher er weltweit wahrgenommen wurde, so hätte doch die Verzehnfachung des deutschen Exportgeschäfts nur an seinem entschiedenen Griff nach der nördlichen Hälfte Papua-Neuguineas und seiner verläßlichen Rolle an der Seite des Osmanischen Reichs gelegen.
Ob der Sultan wohl einen Boykott gegen die deutsche Wirtschaft verhängt hätte, wenn ihm der Kaiser nicht ins Ohr gesäuselt hätte, daß er ihn gegen die bösen Russen, Engländer und Franzosen beschützt?
Ich erinnere mich daran gelesen zu haben, daß der Handel mit der Asche amerikanischer Bäume einbrach, nachdem die deutschen Kalibergwerke eröffnet wurden. Es scheint also keine Strafzölle gegen letztere auf dem Gebiet des Britischen Weltreichs gegeben zu haben.
Und wem verdankte sich das? Der deutschen Politik? Oder dem Interesse der Engländer an billigem Kalium?
Man tut wohl nicht schlecht daran, gewisse geistige Erzeugnisse auszuspeien.
Immerhin, die Inkonsequenz der deutschen Bündnispolitik taucht auch bei den Frankfurtern am Rande auf. Warum kein engeres Bündnis mit England? Das wäre vielleicht keine so schlechte Idee gewesen, ist die Suggestion.
Nun ja, konkret wäre es darauf hinausgelaufen, daß die Deutschen Istanbul für England gegen die Russen verteidigt hätten. Und da war unser Kaiser halt so neunmalklug Istanbul lieber für das Deutsche Reich gegen die Russen zu verteidigen. Ein Angriff Rußlands auf Istanbul wäre wohl ein historischer Fehler, aber in erster Linie ein türkisches, dann ein russisches und danach ein englisch-französisches Problem gewesen. Die Welt ist gut zu Arschlöchern, welche sich nur um ihre eigenen Probleme kümmern - und schlecht zu Leuten, welche glauben, daß sie für ihr eigenes anständiges Verhalten von anderen, welche ihre Vorstellungen von Anstand nicht teilen, ordentlich entlohnt werden.
Selbstverständlich stand der Kaiser als Kaiser auf der Abschußliste der westlichen Demokratien und war nur so lange gelitten, wie er ihnen nutzte.
Ach... ich will all dem, was damals anklang und heute anklingt, Regierungslobhudelei, Bedeutungsgeschwafel, inopportune außenpolitische Ratschläge mit dem Hintergedanken der Absetzung der Eingeseiften, nicht weiter nachgehen. Es genügt zu sehen, was seit 100 Jahren steht und nicht vergeht. Lebt sie überhaupt, die Zeitung in Frankfurt, oder ist sie nur Programm?
Vielleicht muß man der roten Angela am Ende sogar dankbar dafür sein, daß sie all diese Tendenzen derart grotesk übersteigert hat.
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