Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

14. Oktober 2021

Warten

Bei der Verfolgung eines Eindrucks klären wir, unter welchen Begriff er fällt, wovon der bedeutendste Spezialfall ist, uns zu fragen, welcher Wille sich in ihm ausdrückt, also was wir unter ihm stehend wollen. Aber wenn der Eindruck eine Erwartung ist, mögen wir mehr wollen als zu wissen, was wir erwarten, nämlich an das Erwartete anknüpfen, in welchem Falle wir auf das Eintreten des Erwarteten warten.

Es gibt drei Arten des Wartens, nämlich
  • das Warten auf ein bestimmtes Geschehen,
  • das Bewachen, also das Warten auf eine unbestimmte Not, welche ein notwendiges Einschreiten nach sich zieht, und
  • das Abwarten, also das Warten auf eine unbestimmte Gelegenheit, welche die Möglichkeit zu einem Unternehmen bietet.
In allen drei Fällen sorgen wir dafür, daß die Voraussetzungen für das Anknüpfen an das erwartete Geschehen zum Zeitpunkt seines Eintretens gegeben sind, und dieses Sorgetragen, bestehend aus Vorbereitung und Bereithaltung, stellt die Tätigkeit des Wartens dar. (Bereitschaft verwende ich in einem anderen Sinne, nämlich sich bereit zu erklären, und allen, welche dazu neigen, sich bereit zu erklären, ist mein Blog gewidmet.)

Sobald uns eine bestimmte Aufgabe bevorsteht, gleich ob im Rahmen des Wartens auf ein bestimmtes Geschehen oder im Rahmen einer Bewachung oder des Abwartens, stimmen wir uns auf sie ein, das heißt, wir formulieren eine Haltung, um sie zu bewältigen, im Einklang mit unserer Stimmung, es sei denn, daß wir sie uns im Rahmen des experimentellen Aufgreifens von Haltungen lediglich vornehmen.

Unsere Stimmung bewertet unsere Haltung, und unsere Haltung ist üblicherweise allgemein genug gefaßt, um uns als Richtschnur bei der Bestimmung von Haltungsverfeinerungen zur Bewältigung konkreter Aufgaben zu dienen, so daß wir meistens zu einer Verfeinerung gelangen, welche weiterhin im Einklang mit unserer Stimmung steht. Allerdings mag es auch sein, üblicherweise, wenn wir es mit Menschen zu tun haben, deren Stimmung sie zu anderen Haltungen bewegt als jener, zu welcher uns unsere Stimmung bewegt, daß wir Haltungen lediglich annehmen, um zu sehen, wie es uns mit ihnen ergeht, also wie sie sich auf unsere Stimmung auswirken, und im Hinblick darauf, daß solche Haltungen oftmals im Raum stehen, möchte ich statt von annehmen auch von aufgreifen sprechen, was den Vorteil hat, daß nicht sofort logische Annahmen assoziiert werden, welche ihrerseits natürlich auch auf der Annahme einer entsprechenden Haltung beruhen.

Aufgreifen widerspricht also einstimmen, und jedes Mal wenn wir uns einstimmen, verfeinert sich unsere natürliche Haltung, also jene, welche nach dem Zeugnis unserer Stimmung unserem Wesen entspricht. Allerdings gibt es Aufgaben, welche zu größerer Verfeinerung unserer natürlichen Haltung führen, als andere, da sie unserem Wesen mehr entsprechen und wir sie mit mehr Leben erfüllen, wohingegen wir die anderen minimalistisch erledigen oder gar ganz zurückweisen. Aufgaben, nun, welche zu substanzieller Verfeinerung führen, möchte ich wesensherausbildend nennen, und indem wir uns auf solche Aufgaben einstimmen, arten wir uns.

Sich am eigenen Leben zu freuen, wie ich es im drittletzten Beitrag beschrieb, gehört zur natürlichen emotionalen Verfassung desjenigen, welcher auf eine Gelegenheit wartet, sein Wesen an einer Aufgabe herauszubilden. Und da er die Aufgabe dabei nicht kennt, läßt sich auch sagen, daß er auf eine Gelegenheit zur Einstimmung wartet, und entsprechend besteht sein Bereithalten im Nichtaufgreifen, mit anderen Worten er sich also treu bleibt oder an seinem Leben festhält. Es ist die natürliche Verfassung eines Kindes, welches wesensherausbildende Aufgaben erwartet. Aber auch jeder andere, welcher solches empfindet, erwartet solche Aufgaben, wie etwa bei der Hochzeit.

Jetzt muß ich aber noch erklären, warum die Artung durch Freude und Vorliebe bewertet wird und nicht durch Stolz und Glauben. Nun, das liegt daran, daß die Artung ein Prozeß ist, und während wir in ihm voranschreiten, positionieren wir uns gewissermaßen durch unsere Haltung zu unserer Stimmung, was, wenn man so will, und unser Empfinden will es so, unsere Eingezogenheit ändert (mit anderen Worten betrachtet unsere Achtung unsere Stimmung genauso, wie sie auch eine Wasserquelle betrachtet, das heißt die Gegenwart guter Stimmung wie die Gegenwart reinen Wassers.) Freude und Vorliebe bewerten also nicht unsere Art als solche, sondern unsere Aussicht, sie verfeinern zu können. Unsere Art als solche wird in der Tat durch Stolz und Glauben bewertet.

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