Bereitschaftsbeitrag

Zur Front

14. September 2022

Grenzen der öffentlichen Diskussion

Politiker beschließen im Windschatten des Welttheaters Gesetze, welche die Normalität umwölben, die Presse akklamiert die Umwölbung verängstigt oder begeistert, in jedem Fall hysterisch, die Weichen dabei werden stets von den Nötigenden gestellt, politisches Engagement besteht darin, Meinungen zu verfestigen, welche die Richtung der Nötigungen in Gestalt von weltanschaulichen Laufgattern vorgeben, aber alles dabei dreht sich darum, zu begünstigen und den Begünstigten Auflagen aufzuerlegen - ein ewiges Anstacheln und Zügeln der Lebenskräfte zu ihrer andernfalls kopflosen Entfaltung.

Wie also kann eine Gesellschaft menschliche Ansprüche an sich stellen, wenn sie sich selbst als vernunftloses Ringen betrachtet? Der Schwarm ordnet sich allem in dem ausschließlichen Bewußtsein unter, daß er zusammen mächtiger ist als getrennt, und seiner wirtschaftlichen Verwertung durch Arbeitsteilung, und das ist, was Franziskus meint, wenn er sagt, daß alles auf dem Spiel steht, was zusammen aufgebaut wurde: Hüben die wechselseitige Delegation von Vorhaben im Bewußtsein sich gemeinschaftlich zu erhalten und drüben die Massage des tierischen Muskels.

Worum geht es bei der Geschichte von Kain und Abel? Darum, daß die schöpferischen Kräfte nicht ihre Zeit mit der Bekämpfung der zerstörerischen Kräfte verschwenden sollten, sondern sich der Schöpfung widmen bis die zerstörerischen Kräfte sich schließlich selbst zu Grunde richten. Das ist das weiterhin gültige Prinzip, auch wenn durch die Befolgung der Noachischen Gebote ein bodenloser, sündflutartiger Zusammenbruch ausgeschlossen wird, und der Hintergrund, vor welchem Christus mit Hinweis auf umgehängte Mühlsteine warnt, seinen Kleinen Ärgernisse zu bereiten.

Mit anderen Worten, der auf Gott gerichtete Begriff wirkt durch die Hände all jener, welche ihn fassen, und ihre Taten, und nicht die Taten großer politischer Führer, bestimmen das Erbe, welches eine Zeit der nächsten hinterläßt, die Taten letzterer ehren oder verwüsten es nur, und dies fällt ins Gewicht in Gottes Augen. Nie rechtfertigt sich eine Zeit dabei durch das von vorangegangenen Erreichte, sondern stets durch das von ihr selbst Erschaffene. Der Hinweis auf die glorreiche Vergangenheit ersetzt nicht die fehlende Zukunftsperspektive. Und auch die gegenwärtige Aufzäumung des Schwarms wird auf Jahresbasis durch ihn geheiligt.

Wenn aber die Ernte dürr wird, verliert die politische Ordnung ihre heilsgeschichtliche Bedeutung, wenn die Nötigung schwerer wiegt als die Rechtschaffenheit. Über allem steht die Bedeutsamkeit in Gottes Augen, welche sich aus den Abhängigkeiten des Menschen speist, aus ihr ergibt sich das Sinnhafte auf der Basis des Gültigen und ebenso das, zu wem wir, für es verantwortlich, aufgerufen werden, wobei die Schwierigkeit darin besteht, das Sinnhafte verantwortlich zu bewerkstelligen. Viele spüren dabei ihre Verantwortung, und viele die Gültigkeit, aber nur wenige die göttliche Bedeutsamkeit, und jede unverstandene Bedeutsamkeit ist ein Engel.

Genauer gesagt ein äußerlicher Engel, nämlich gerade das Ergebnis des eigenen Versagens, der göttlichen Bedeutsamkeit durch Einsicht in das Gültige und zugleich verantwortungsvoll zu entsprechen, wann es also dazu kommt, daß sich die Bedeutsamkeit selbst Geltung verschafft. Und da wie gesagt nur wenige wissen, daß es so etwas wie eine göttliche Bedeutsamkeit überhaupt gibt, und sich das Gültige aus ihr ergibt und ohne sie zwar immernoch erwartet wird, aber schwer zu explizieren ist und gleichsam erraten werden muß, ist es nur natürlich, wenn Engel den meisten Fehlentwicklungen äußerlich ein Ende setzen.

Ein innerlicher Engel hingegen ist das, was einem die göttliche Bedeutsamkeit offenbart, so jedenfalls ist der biblische Sprachgebrauch, was Engel betrifft, zu verstehen, also daß es innerliche und äußerliche gibt und daß sie dadurch zu Engeln werden, daß sie die göttliche Bedeutsamkeit innerlich oder äußerlich vermitteln. Im Zusammenhang mit dem Engel mit der scharfen Hippe erwarte ich etwas von den Westeuropäern im Rahmen der Entfaltung des Zorns Gottes, aber ich habe immernoch nicht erraten was, jedenfalls etwas ihr geschichtliches Fundament berührendes.

Wenn äußerliche Engel erscheinen, wiewohl sie nicht bewußt als solche erkannt werden, entsteht durch ihr Einschreiten doch eine Bewußtseinsänderung hinsichtlich des Bedeutsamen, welche sie instinktiv anerkennt, anders ausgedrückt: gewisse Konstellationen rufen verschüttete Einsichten wach, und zu einer solchen Konstellation muß es also in Westeuropa kommen, um zu einem historischen Verständnis zurückzufinden, welches den Vollzug der Offenbarung begrüßt und gerade dadurch dem Engel die Hippe gibt, um im Bilde zu bleiben, jedenfalls gemäß meiner vor bald vier Jahren empfangenen Zurechtweisung.

Wie jeder Mensch zöge ich es vor, wenn mir in einer bestimmten Angelegenheit Engel innerlich erschienen, aber wiewohl ich ein klares Bild einer rechtschaffenheitsgetriebenen Gesellschaft habe, in welcher der Schwarm mehr damit beschäftigt ist, sich wechselseitig Zweck und Funktion der rechtschaffenheitsstiftenden Ordnung zu verdeutlichen, als sich blind einen Schaffenswinkel zu suchen, in welcher nicht die Nötigung, sondern das Bekenntnis die Welt einrichtet, in welcher jeder von jedem Ding zu sagen weiß, wer es in dieser Form gewollt hat, ist der Weg dahin mitsamt seiner Bedeutsamkeit nicht restlos enthüllt.

Vielleicht muß man auf dem Bauernhof groß geworden sein, um Tierhaltung augenblicklich als solche zu erkennen, oder um einen Menschen grundsätzlich für vergleichsweise edel zu halten, aber wie das auch sei, so lange sich an der praktisch gelebten Menschenverachtung der Gesellschaft, ihrer rechtsanwältischen Selbstherrlichkeit nichts ändert, so lange gibt es überhaupt nichts zu bereden, so lange ist sie in einem Entwurf gefangen, welcher statt ihrer vor Gottes Gericht steht, und auf dessen Verurteilung sie also gedankenlos wartet, doch was dann, auf was besinnt sie sich dann?

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