Bereitschaftsbeitrag

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13. Oktober 2023

Konfessionalität und Staatlichkeit

Konfessionen verfolgen zwei mögliche Ziele, nämlich einerseits als Gesellschaft ihre Vorstellung der Gerechtigkeit zu verteidigen oder andererseits als Trägerschaft ihre Vorstellung des Friedens zu bringen.

Beide Ziele überschneiden sich mit jenen des Staates, aber es gibt einen Unterschied: Während der Staat natürlicherweise auf seine Bürger zur Verteidigung der gesellschaftlichen Ordnung zugeht und es ihnen also erlaubt, ihre Vorstellung von Rechtschaffenheit auszudrücken, was auch bei von einander abweichenden Konfessionen meist keine Probleme verursacht, da sie solide Schnittmengen besitzen, behält er sich die steuerfinanzierten Friedenssegnungen selber vor.

Damit letzteres nicht dazu führt, daß die verschiedenen Konfessionen den Staat als Beute unter sich aufteilen, ist es nötig, daß es eine Ebene gibt, auf welcher sie als eine Trägerschaft in Erscheinung treten können, und diese Ebene, welche Protestanten, Katholiken und Juden verbindet, ist der atheistische Humanismus. Wenn Protestanten, Katholiken oder Juden den Staat also zur Verwirklichung ihrer Friedensvorstellungen bewegen wollen, so müssen sie sie in der Sprache des atheistischen Humanismus' einkleiden und zur Abstimmung vorlegen, wobei sie mit atheistischen Humanisten, zumeist Sozialisten, konkurrieren.

Das sieht nach einem Heimvorteil aus, und das ist auch einer, wie die Ausrichtung staatlicher Einrichtungen belegt.

Indes können große Konfessionen ihre grundsätzlichen Wertvorstellungen natürlich schon einbringen und den Lauf der Geschichte entsprechend steuern, was aber auch wieder zu Mißtrauen führt: Wie gesagt, harmonisch wäre ihr Zusammenspiel, wenn sich verschiedene Trägerschaften schlicht um die Hinterlassung ihres eigenen Erbes kümmerten, anstatt die Bürger eines Staats qua Mehrheitsbeschluß zur Hinterlassung zu zwingen, wiewohl es natürlich etliche Bereiche gibt, den Straßenbau etwa, wo dies durchaus von Vorteil ist.

Der Staat erzeugt durch seine Regierungsansprüche also Mißtrauen zwischen den Konfessionen und zwingt sie zudem zur Verstellung, konkret der Bemühung materiellen Fortschritts, um ihre Anliegen auszudrücken, und wenn der Staat dabei selbst das Vertrauen der Konfessionen verliert, wird er zu ihrer Beute.

Abschließend noch ein paar Worte zu den Juden als einer kleinen Konfession und einem Überbleibsel des katholischen Kastensystems. Es gibt keine Hinweise darauf, daß das Judentum anfänglich eine Trägerschaft gewesen wäre, Friedensvorstellungen entwickelten sich erst später, vornehmlich bei Jesaja. Das Christentum setzte sich als dominante Trägerschaft durch und wird seitdem von alternativen Vorstellungen umrankt, ohne spürbar davon betroffen zu werden, was in der Natur der Sache liegt, wenn eine Friedensvorstellung der Wahrheit entspricht. Aus jüdischer Sicht wirkt die christliche Dominanz natürlich bevormundend, wie auch aus Sicht anderer kleiner Konfessionen, und so alterniert das jüdische Geistesleben zwischen den Polen humanistischer Kritik an den Schattenseiten des christlichen Fortschritts verbunden mit der Rühmung eigener Leistungen, welche ihn abgemildert oder erst ermöglicht haben, und wahnhafter Ausbrüche, welche von der Freude darüber genährt werden, daß das Christentum für eine Weile seinen Kompaß im allgemeinen Chaos verloren hat, das erste Mal, als sich England vor dem Jahr 1666 fürchtete, was die Juden dazu brachte, Shabbethai Zebi zum Messias zu salben, ihre Dächer abzudecken und so weiter. So ist es halt, ja, so muß es sein. Schaden tut es dem Christentum nicht, im Gegenteil, es beschleunigt seine Reorientierung.

So, und damit genug der Betrachtung unseres institutionalen Erbes.

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