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15. September 2014

Charaktere und soziale Gefüge

Ich schrieb bereits einen Beitrag zu diesem Thema, Noch einmal zu den sozialen Verbänden der vier Geister, aber vor dem Hintergrund der jüngsten Betrachtungen zum I Ching Mandala kann ich es nun vervollständigen und vertiefen.

Den sozial möglichen Kombinationen der Charaktere entsprechen ästhetische Ideale und diesen wiederum soziale Gefüge, nämlich:
  1. der Wahrheit die Zurückgezogenheit,
  2. der Harmonie die Schule,
  3. dem Glanz die Partei,
  4. der Ewigkeit die Clique,
  5. der Macht die Bande,
  6. der Größe der Stab.
Genau deren innere Dynamik wird nämlich in den Fünfergruppen des I Ching Mandalas beschrieben.

Ich habe mich Zeit meines Lebens darüber gewundert, daß ich unfähig bin, mich in eine Clique oder eine Partei einzufügen. Jetzt ist mir das klarer.

Weil meine Verbundenheit mit der Wahrheit unverhandelbar ist, kann ich mich nur sozialen Gefügen eingliedern, welche sie respektieren, also dem Stab, der Zurückgezogenheit und der Schule.

Ich lehne den Stab allerdings ab, wenn es um gesellschaftliche Aufgaben geht. Und auch im wirtschaftlichen Bereich fühle ich mich nicht zu ihm hingezogen, da das gesellschaftliche Leben wesentlich von der Arbeitsumgebung geprägt wird, sondern lediglich im infrastrukturellen und militärischen, also den klassischen Stabsaufgaben der Modernisierung und Kriegsführung.

Bleibt also nur die Schule, welche es mir erlaubt, an Gesellschaft teilzuhaben, denn die Zurückgezogenheit kommt über ein: Schön hier, nicht? - Ja. nicht hinaus. Unter Schule verstehe ich aber einen Zusammenschluß von Menschen, welche durch ein gemeinsames Gestaltungsideal verbunden sind, dessen Realisierungsmöglichkeiten sie erforschen und sich über die dabei gewonnenen Ergebnisse austauschen und dessen tatsächliche Realisierung sie in Absprache mit einander unternehmen.

Gilt das Gestaltungsideal der Form der Gesellschaft, handelt es sich spezifischer um eine Kirche.

Aber es kann sich selbstverständlich auch um ein wissenschaftliches oder künstlerisches Ideal handeln, oder auch eines, welches nur die Form des eigenen Lebens betrifft, wobei das erstere nicht ganz unproblematisch ist, da dieser Ansatz nur allzu leicht zur Förderung von Verantwortungslosigkeit führt. Wenn man so will liegt in der Abstraktion der Realisierung, ihre Beschränkung auf die Bereitstellung von Wissen, eine Entartung des Schulgedankens.

Andererseits gibt das den wissenschaftlichen Schulen, etwa der Hippokratischen, eine enorme Überlebensfähigkeit: Wer wird sich schon gegen so freigebige Diener wenden?

Dennoch, diesen Ansatz umweht der Schwefelgeruch.

Nun, um kurz die dazugehörige Diskussion aufzureißen, es geht um die Frage des Körpers, welcher am besten dazu geeignet ist, politische Verantwortung zu übernehmen. Selbstverständlich lassen sich Gründe dagegen finden, daß die Fachleute selbst darüber bestimmen, wie ihr Wissen eingesetzt wird, aber umgekehrt verhält es sich nicht anders, auch da lassen sich genügend Gründe finden.

Langfristig freilich ist es schon so, daß Wissen seine Nützlichkeit für den ihm Wesensfremden verliert, aber bis dahin mögen etliche Jahrhunderte vergehen.

Doch zurück zum Thema dieses Beitrags. Ist es im allgemeinen so, daß ein Charakter sich nur in die Gefüge eingliedern kann, welche sein ästhetisches Ideal reflektieren, also ein Gestimmter nur in Stab, Zurückgezogenheit und Schule, ein Erwartender nur in Schule, Partei und Clique und ein Erregter nur in Clique, Bande und Stab?

Ich möchte es jedenfalls nicht ausschließen.

Betrachten wir als nächstes die Partei. Diese ist mir zuwider, weil ich nichts Hehres daran erkenne, jemanden für den Ruhm der eigenen Fraktion den Schädel einzuschlagen. Dennoch geht es wohl zu weit, sie als Rudel zu bezeichnen. Wahrscheinlich geht es Erregten auch so, nur für den Ruhm mögen sie sich nicht die Schädel einschlagen. Aber Erwartende... wenn man sie im eigenen Saft schmoren läßt... werden sich wohl schließlich dem zuneigen (Slawa Ukrajini!)

Hier mag der Grnud für Dschingis Khans Aufstieg liegen. Die Tartaren schmorten zu lange im eigenen Saft, und irgendeine Geheimgesellschaft verlor die Geduld mit ihnen und versorgte die Mongolen mit pfeilsicheren Westen in Form von Seidenhemden, um die Erwartenden langfristig wieder höheren Aufgaben zuzuführen. (Ja, die Kombination Lederrüstung-Seidenhemd ist pfeilsicher, das Seidenhemd wird nicht durchdrungen, sondern wickelt sich um die Pfeilspitze, und bremst den Pfeil auf diese Weise. Und ja, die Tartaren waren größtenteils Erwartende und die Mongolen größtenteils Erregte und insbesondere Dschingis Khan selbst.)

Was die Clique angeht, dieses Gemuddel verstehe ich noch nicht einmal intellektuell, wiewohl es in ihrem Falle wohl auch nicht darum geht, sondern schlicht um's Mitmachen. Mag ich aber nicht. Lieber in der Wüste als in der Clique. Sollen sie doch. Was kommt schon dabei heraus? Als ob sie je auch nur eine Einsicht achten würden!

Es gibt in Deutschland kaum Erregte. Aber es gibt Stäbe in Deutschland und Cliquen. Im Falle der Stäbe leuchtet ihr organisatorischer Nutzen ein, aber im Falle der Clique?

Clique, Rheinland, Karneval, Werder Bremen... irgendwie sowas.

Zur Bande schrieb ich schon, indes, vor dem Hintergrund der Fünfergruppe des I Chings, ist dem noch die primitive Härte anzufügen, mit welcher eine Bande sich die Welt passend macht, so lange provoziert und eskaliert, bis es nur noch auf wir gegen sie hinausläuft. Die Triebfeder dazu ist aber der Besitz, und dieser ist weniger ausschweifend als der Ruhm.

Das führt zu einer recht kritischen Dynamik zwischen Erwartenden und Erregten. Die Erwartenden verachten die Erregten, weil sie mehr sein können als jene, nämich Teil einer Schule. Aber wenn sie es sich damit genügen lassen, Partei zu sein, sind sie sogar noch schlimmer als die Erregten. Und in dem Falle ist es am besten, wenn sie mit ihnen zur Clique verschmelzen.

Nachbetrachtung. Gibt es keine Erwartenden in Stäben? Gibt es sicherlich, aber sie ruinieren sie, wie Erregte Schulen ruinieren, Einstein beispielsweise die Physik durch seine Starallüren, welche sich bis auf den heutigen Tag negativ auswirken, wobei Einsteins Motiv dabei weniger sein Ruhm, als vielmehr seine persönliche Bedeutung, seine Fähigkeit andere Forscher einzustellen und dergleichen, war.

Im Falle der Erwartenden sind es die Höflichkeiten der einander schätzenden Erwartenden, aus welchen heraus sich die Abweichung von der bedingungslosen Unterordnung unter die Aufgabe des Stabes ergibt.

Das heißt aber auch, daß dort, wo Stäbe in Konkurrenz zu einander stehen, sich die Stäbe durchsetzen sollten, welche am meisten mit Gestimmten und Erregten durchsetzt sind. Natürlich ist eine solche Konkurrenz allerdings nicht gerade, Stäbe werden ja weniger ihrer Effizienz als ihrer Loyalität wegen eingesetzt, hingegen... wäre jemand dumm genug, das zu vergessen, und wendete sich dann an den Marktführer... etwa den Marktführer bei der stabsmäßigen Einschüchterung der Bevölkerung...

Nun ja, freier Wettbewerb auf Abwegen. Analoges gilt für Schulen, welche besser funktionieren, weil sie nicht von Erregten gestört werden, sich aber um die Belange von Erregten kümmern sollen.

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