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24. September 2008

Ahnung und Wissen, Werden und Sein: Die Menschheitsepochen

Aus aktuellem Anlaß, klares, mäßig warmes Herbstwetter und Franz Schuberts Unvollendete im Radio, diesmal Lyrik.

Schwarz wie die Nacht, Ach!, scheint mir die Seele,
wenn Du, auf Ahnungslüften schreitend, auf meine Zweifel schaust.

Und bald willst Du das erste wissen,
zerreißt der Leichtsinn Dir das Herz.

Noch niemand ist von dort hinabgestiegen,
der nicht die Hölle fand.

Doch dunkel zieht es uns heran -
wer kann die Kraft ermessen?

Die Blase schimmert, um zu platzen,
Vollkommenheit kuckt sich den Makel aus.

Indes ist all dies Täuschung,
was himmlisch schien nur grell.

Die Sterne gilt es zu entdecken,
die uns auf unsren Wegen retten.

Und schon laufen sie Sturm, die Bataillone der Enthusiasmierten, der Wahrheitssuchenden, der Schwärmer. Doch dieser Sturm hat nicht die Kraft ein Blatt an diesem Baum zu rühren. In dieser Welt gilt all das nichts, Gedöhns von Döhnsbatteln, um es liebevoll zu sagen. Was zählt, ist unser Geist. Und der muß sich nunmal entwickeln.

Ich werde mich nun anschicken und das Historische besiegeln. Daß Menschen sich zu einem Wunsch bekennen, das muß erst werden. Bevor die Menschen sich auf der Grundlage von Verträgen vertrugen, ahnten sie zunächst nur durch Scham und Ehrfurcht, daß sie von den Früchten des Erfolgs der anderen abstehen sollten. Sie lernten sich erst als gesetzestreu zu lieben. Bevor die Menschen Kaiser und Vaterland ihren Dienst taten, auf daß der Staat ihre Früchte ernte und sie unter Gottes Führung zum allgemeinen Wohl verwerte, trieben sie Neugier und Abenteuerlust voran, die ihren voranzubringen. Sie lernten sich erst als Diener des Fortschritts zu lieben. Und bevor die Menschen gegenseitig ihre Handlungsfreiheit verbürgen werden, damit sie zusammen ihren Anliegen nachkommen können, ist es eben nur die Ahnung von persönlichem Einsatz, die einen in Form der bereits zuvor beschriebenen so genannten platonischen Liebe dazu aufruft, der Menschen Geister zu befreien. Sie müssen erst lernen, sich als Gewährer ihrer Freiheit zu lieben.

Ich läute diese Epoche ein. Punkt. Ich schreibe besser nicht, wer die letzte Epoche eingeleitet hat, das erzeugte mir nur Unmut. Die Epoche davor fand ihre Blüte in Rom, wer sie einleitete läßt sich indes aufgrund unzureichender geschichtlicher Überlieferungen nicht mehr sagen.

Es ist natürlich kein Zufall, daß jene Gesellschaften, welche das Vertragswesen zutiefst verinnerlicht haben, die Scham am wenigsten kennen. Das hat Schopenhauer an den Italienern nicht unzutreffend beobachtet, trifft aber wohl auch auf die übrigen romanischen Länder zu. Und wenn in einem Volke alle Ahnungen fröhliche Urstände feiern, so taugt es wohl sehr zu Komponisten symphonischer Musik, ist als Preis dessen aber geistig stecken geblieben, und wie Berlin dazu verurteilt, ewig zu werden und niemals zu sein. Nun, ein Deutsches Volk gibt es nicht, und wenn's es gäbe, so müßt's in der Tat dumm sein, nach obiger Schlußweise und ebenfalls Schopenhauers Beobachtungen gemäß - ich schreibe dies als Sachse, seit mindestens zweitausend Jahren fest im Pantheismus, Pessimismus und Stoizismus verankert, das sollte man auch nie vergessen, wenn man Schopenhauer liest. Vielleicht wird der sächsische Geist ja sterben, wenn niemand mehr versteht, was der Ausdruck Döhnsbattel preisgibt, was da alles mitschwingt, so far, however, that hasn't come to pass.

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